Ein diebisches Vergnügen
zu Weihnachten einen Scheck über hundert Dollar zukommen ließen und dafür eine privilegierte Behandlung erwarteten.
Sie waren kaum durch die Kellertür getreten, als Roth wie aus der Pistole geschossen loslegte. »Sehen Sie das?« Er deutete auf die leeren Stellagen. »Wein im Wert von drei Millionen,
ich habe zehn Jahre für die Sammlung gebraucht, sie ist unersetzlich. Einfach unersetzlich. Und diese Mistkerle kannten sich aus. Sie haben nur den Bordeaux mitgehen lassen.«
»Mr. Roth.« Der ältere der beiden Polizisten hatte sein Notizbuch gezückt, während der jüngere begann, den Keller zu inspizieren. »Ich brauche ein paar Einzelheiten. Also, wann -«
»Einzelheiten wollen Sie? Heiligabend, wir waren weg, und da kommt dieser Krankenwagen ans Torhaus mit einer schwachsinnigen Geschichte von einem Notfall. Der Wachmann ruft im Haus an, und der Verwalter erteilt ihm grünes Licht.«
»Name des Verwalters?«
»Torres, Rafael Torres.«
»Mexikaner?«
»Klingt das vielleicht schwedisch?«
Der Polizist seufzte. Ein Klugscheißer also obendrein. »Mr. Roth, ich muss Ihnen diese Frage stellen: Befindet sich Ihr Verwalter im Besitz einer Green Card? Und einer Sozialversicherungsnummer? Mit anderen Worten, hat er eine beschränkte Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung?«
Roth zögerte. »Nun, nicht genau. Aber was für einen Unterschied macht das? Er hat dieses Diebesgesindel hereingelassen und sich mit ihnen abgesetzt. Denn als wir gestern Abend aus Aspen zurückkehrten, war er nicht mehr da. Wir haben das ganze Haus auf den Kopf gestellt. Es fehlte nichts. Und heute Morgen bin ich endlich dazu gekommen, einen Blick in den Keller zu werfen.« Roth wandte sich den leeren Stellagen zu und spreizte die Finger. »Drei Millionen.«
Der Polizist sah von seinen Notizen auf und schüttelte den Kopf. »Das Problem ist, Mr. Roth, dass wir heute den 31. Dezember haben. Seit dem Raub sind volle sechs Tage vergangen.
Die Diebe wussten genau, was sie wollten; sie haben eine Möglichkeit ausgeknobelt, sich Zutritt zu Ihrem Haus zu verschaffen und ihren Weinvorrat auszudünnen. Wir werden den Tatort auf Fingerabdrücke überprüfen, aber ich fürchte …« Er schüttelte abermals den Kopf. »Da scheinen Profis am Werk gewesen zu sein. Die denken nicht daran, ihre Anschrift zu hinterlassen.«
Nun war es an Roth, zu seufzen. Ein Klugscheißer also, dieser Bulle. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
Der Polizist beendete seine Eintragungen und steckte das Notizbuch wieder ein. »Wir werden ihnen nachher unsere Kriminaltechniker vorbeischicken und uns den Wachmann vorknöpfen. Vielleicht ist ihm etwas an dem Krankenwagen aufgefallen, was uns einen Hinweis geben könnte. Wir melden uns wieder bei Ihnen, sobald wir etwas in der Hand haben. Mittlerweile würde ich vorschlagen, dass sie nichts im Keller berühren.«
Roth verbrachte den Rest des Vormittags am Telefon. Sein erster Anruf, der Cecilia Volpé galt, wurde von der Empfangssekretärin entgegengenommen. Sie erinnerte ihn daran, dass er Cecilia netterweise freigegeben hatte, um ihr in Vorbereitung auf die Silvester-Festivitäten eine Haarverlängerung und eine Ganzkörper-Bräunung zu gönnen. Und Michelle verbrachte den Tag damit, den Kopf immer wieder in den Kleiderschrank zu stecken, um ein passendes Outfit für die Party zu finden, die am Abend in Beverly Hills stattfinden sollte. Roth blieb also sich selbst überlassen; er hatte nichts weiter zu tun als im Haus hin und her zu stapfen, den Telefonhörer ans Ohr geklemmt. Jedes Mal, wenn er an seinen Keller dachte, schien die klaffende Lücke größer zu werden. Selbst die Aussicht, die sich ihm von der Terrasse bot, war in dichten Nebel gehüllt. Am frühen Nachmittag, kurz
vor der Besprechung mit dem Repräsentanten der Versicherung, war er überzeugt, dass das Schicksal ihm übel mitgespielt hatte. Selbstmitleid und Wut wechselten einander ab, und die Wut siegte.
Elena Morales, Leiterin der Schadensabteilung für Privat- oder nicht gewerbliche Kunden bei Knox Worldwide, traf um Punkt 15 Uhr ein. Unter normalen Umständen hätte Roth sich die Mühe gemacht, sie mit seinem Charme zu umgarnen; Elena war – wie ihre zahlreichen Verehrer bestätigten – viel zu attraktiv für die schnöde Versicherungsbranche. Sie hatte Augen in der Farbe dunkler Schokolade, pechschwarzes Haar und eine Figur, um die sie manche Leinwand-Diva beneidet hätte. Doch heute waren diese Attribute erregender Weiblichkeit bei Roth
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