Ein diebisches Vergnügen
Destillaten haltbar gemacht, aber nicht der Beaumes-de-Venise. Dadurch hat er eine sanftere, subtilere Geschmacksnote als beispielsweise der muscat von Frontignan.« Er trank einen Schluck und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück; seine Augen wanderten von Sophie zu der atemberaubenden Aussicht und wieder zu Sophie zurück. Mit einem Achselzucken, das Widerstreben verriet, warf er einen Blick auf seine Uhr.
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich unser Mittagessen genossen habe«, erklärte er. »Ich hatte keine Ahnung, wie spät es bereits ist. Die Zeit ist vergangen wie im Fluge. Ich fürchte, wir müssen zurück.«
»Lassen Sie uns noch schnell einen Kaffee trinken, bevor wir aufbrechen«, schlug Sophie vor. »Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen wollen, ich müsste noch einmal kurz die Toilette aufsuchen und bestelle den Kaffee auf dem Weg dorthin.«
Als sie die Tür der Kabine hinter sich geschlossen hatte, rief sie Sam an und warf einen Blick auf die Uhr, während sie auf Antwort wartete. 2.15 Uhr vorbei. »Ist der Kriminaltechniker fertig?«
»Er packt gerade eine Siebensachen zusammen. Noch fünf Minuten, und die beiden sind weg. Trinken Sie einen Cognac oder was weiß ich.«
»Fünf Minuten, Sam. Nicht länger.«
Es dauerte fast zehn Minuten, bis die Reste des Beaumes-de-Venise geleert, der Kaffee getrunken und die Rechnung bezahlt waren, und als sie im Keller eintrafen, war er genauso, wie sie ihn verlassen hatten: leer, bis auf Sam. Als sie über die Schwelle traten, hörten sie ihn pfeifen, ein Chanson von Edith Piaf, La vie en rose .
19. Kapitel
S ophie und Sam verabschiedeten sich und kehrten zu Fuß ins Hotel zurück. Vial blieb auf der Schwelle des Kellers stehen, eine dunkle Gestalt, von der Tür eingerahmt. Er winkte ihnen nach, als sie die Auffahrt entlanggingen und durch das schmiedeeiserne Eingangstor verschwanden.
»Wie war das Mittagessen?«, erkundigte sich Sam.
»Ehrlich gesagt, ich habe es genossen.« Sophie hörte auf, in ihrer Handtasche nach ihrer Sonnenbrille zu suchen. »Vial auch, da bin ich mir sicher – so oft hat sich noch nie jemand bei mir bedankt. Trotzdem hatte ich irgendwie ein schlechtes Gewissen bei der ganzen Sache, wissen Sie. Er ist ein netter Mann. Und im Grunde war das Mittagessen eine Falle.«
Sam beobachtete die beiden Seemöwen, die sich im Flug über das Eigentumsrecht an einem Fischbrocken stritten. »Würden Sie anders denken, wenn Vial und Reboul ausgemachte Halunken wären?«
»Bestimmt.« Achselzuckend wandte sie sich Sam zu. »Ich weiß. Eine Straftat ist eine Straftat, ganz gleich, wer sie begangen hat.«
Sie setzten ihren Weg fort, ein jeder in seine Gedanken versunken. Im Hotel angelangt, begab sich Sam schnurstracks zur Rezeption. Als er zu Sophie zurückkehrte, hielt er einen
FedEx-Umschlag hoch. »Die Lösung des Rätsels«, sagte er mit einem Lächeln. »Oder auch nicht.«
Er öffnete den Umschlag und nahm den Inhalt heraus. Ein offizielles Fingerabdruckblatt des L.A.P.D., an das eine handgeschriebene Notiz von Bookman geheftet war, in aller Eile hingekritzelt:
Sam,
hier die Fingerabdrücke. Die Kriminaltechniker, die sie abgenommen haben, waren enttäuscht, weil sie keine Gewalt anwenden mussten. Roth ist nicht gerade ihr Lieblingsbürger.
Eine Dassault Falcon, die sich im Besitz der Groupe Reboul befindet, hat am 27. Dezember den Flughafen von Santa Barbara in Richtung JFK, New York, verlassen. Endstation Marseille. Einzelheiten des Flugplans sind notfalls verfügbar.
Viel Glück.
P. S. Habe einen Blick auf die Weinliste des French Laundry geworfen. Fang schon mal an zu sparen.
Mit einem Kopfnicken gab Sam die Notiz an Sophie weiter. »Herzlichen Glückwunsch – Sie sind gerade zur Detektivin befördert worden. Sieht ganz so aus, als hätten Sie recht gehabt, was das Flugzeug betrifft. Es handelt sich zwar nur um Indizienbeweise, aber der Zeitpunkt passt perfekt.« Er schob das Fingerabdruckblatt in den Umschlag zurück und holte sein Handy heraus. »Wir müssen Philippe benachrichtigen.«
Grosso legte sein Vergrößerungsglas aus der Hand und blickte von Roths Fingerabdruckblatt auf, das er in Augenschein
genommen hatte. »Ohne Fehl und Tadel«, sagte er, an Philippe gewandt. »Ich denke, es lässt sich problemlos auswerten. Ich gebe Ihnen Bescheid.« Er stand auf und strebte der Tür seines Büros zu.
Philippe fiel es schwer, seine Ungeduld zu verbergen oder seine Füße im Zaum zu halten, die offenbar ein
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