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Ein diebisches Vergnügen

Ein diebisches Vergnügen

Titel: Ein diebisches Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mayle
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noch etwas in der Mentalität der Franzosen, was mir entgangen ist?«
    Philippe lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, der Inbegriff des Lehrers, der einem vielversprechenden Schüler die Erleuchtung bringt. »Dieses Mal nicht. Es hat mehr mit Reichtum als mit französischen Eigenheiten zu tun. Es geht um das Gefühl, das ein Mann nach vielen Jahren des Wohlstands und der Macht entwickelt; das Gefühl, alles haben und tun zu können, was man will. Folie des grandeurs - eine Art Großmannssucht, könnte man sagen. Er kann seine kleinen Fantasien ausleben, auch wenn sie noch so exzentrisch sind. Er kann Chancen wahrnehmen, die anderen verschlossen bleiben. Und falls etwas schiefgeht, so kann er darauf vertrauen, dass sein Vermögen ihn schützen wird.« Philippes Blick wanderte zwischen Sophie und Sam hin und her, als versuchte er, ihre Reaktion einzuschätzen. »Das ist im Allgemeinen so, wie ihr mir gewiss zustimmen werdet. Nun kommen wir zum Besonderen. Zu Reboul.«
    Eine Gruppe junger Männer – der Marke dynamischer Führungsnachwuchs mit dunklen Anzügen, kurzen Haaren und überdimensionalen Armbanduhren – nahm am Nebentisch Platz. Philippe senkte die Stimme, so dass Sophie und Sam sich vorbeugen mussten, um ihn zu verstehen.

    »Reboul hat sein Imperium klug und sachkundig aufgebaut. Die Unternehmen werden von Männern geleitet, mit denen er seit Langem zusammenarbeitet. Er vertraut ihnen rückhaltlos und bezahlt sie gut. Als Gegenleistung erzielen sie Gewinne, Jahr für Jahr. Die Groupe Reboul funktioniert wie ein Uhrwerk - dafür ist sie bekannt. Und was Reboul selbst betrifft, was fängt er mit seiner Zeit an? Er nimmt an ein paar Aufsichtsratssitzungen teil, nur um die Dinge im Auge zu behalten, er pflegt wichtige Kontakte, er gibt Interviews, er spielt den Gastgeber bei dem einen oder anderen Galadiner auf allerhöchster Ebene. Er hat seine eigene Fußballmannschaft und seine Jacht als Spielzeug. Aber wo bleibt die Herausforderung? Es gibt für ihn nichts Neues unter der Sonne, alles hat er schon einmal gemacht. Und den Erfolg für sich gepachtet. Er langweilt sich. Davon bin ich fest überzeugt.«
    Sam nickte. Er war einigen Milliardären in Kalifornien begegnet, die das gleiche Problem hatten. Manche, die Glückspilze, vermochten sich mit ausgeklügelten Projekten oder sportlichen Herausforderungen wie dem America’s Cup, der traditionsreichsten Segelregatta, Zerstreuung zu verschaffen; andere legten sich ein Unternehmen nach dem anderen oder eine Ehefrau nach der anderen zu; sie waren hochgradig wettbewerbsorientiert, oft erstaunlich unsicher und gelegentlich extrem schrullig. Reboul schien weder unter Unsicherheit noch anderen Marotten zu leiden. Aber Langeweile? Sam konnte sich leicht vorstellen, dass sich ein Mann von seinem Format irgendwann langweilte.
    Philippes Stimme wurde noch leiser. »Wir haben also einen Mann mit unbegrenzten finanziellen Mitteln vor uns, zudem einen Mann, der Zeit in Hülle und Fülle zur Verfügung hat, der sich Frankreich und der französischen Lebensart zutiefst
verpflichtet fühlt, wie er uns ständig erzählt. Was könnte kurzweiliger sein, als sich auf ein kleines Spielchen einzulassen und den perfekten Raub zu inszenieren, der ein Nationalheiligtum in das Land seiner Herkunft zurückbringt? Und als Krönung des Ganzen seinen Freund, den Polizeichef, zu einem Festmahl einzuladen, bei dem der gestohlene Wein kredenzt wird? Das ist der sportliche Aspekt. Die Herausforderung. Voilà .« Philippe rieb sich die Hände und griff nach dem Champagner.
    Sam musste zugeben, dass er schon von Straftaten aus ähnlich absonderlichen Gründen gehört hatte. Er hatte sogar die eine oder andere selber begangen; ein Gedanke, der sich in seinem Kopf einnistete, darauf wartete, zu einem späteren Zeitpunkt in Erwägung gezogen zu werden. »Sophie?«, fragte er. »Was halten Sie von dieser Theorie?«
    Sophie blickte ihren Cousin stirnrunzelnd an. »Ich glaube, Philippe hat seinen Artikel bereits fix und fertig im Kopf. Aber es könnte etwas dran sein.« Sie betrachtete die stecknadelkopfgroßen Bläschen, die vom Grund ihres Champagnerglases aufstiegen, und zuckte die Achseln. »Und wie soll es jetzt weitergehen, ihr zwei Detektive?«
    »Ich würde vorschlagen, wir schlafen eine Nacht darüber«, meinte Sam. »Aber zuerst muss ich in L.A. anrufen und die Leute auf Trab bringen.«
     
    Elenas Stimme enthielt eine stählerne, feindselige Note, als sie Sams Anruf entgegennahm. Der Ton war

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