Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein diplomatischer Zwischenfall

Ein diplomatischer Zwischenfall

Titel: Ein diplomatischer Zwischenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
er hegte keinen Verdacht, dass das Telegramm nicht echt sei?«
    »War es das etwa nicht?« Commander McLaren blickte bestürzt drein.
    »Anscheinend nicht.«
    »Wie merkwürdig…« Commander McLaren fiel in eine Art Trance, aus der er plötzlich emportauchte mit den Worten:
    »Aber das ist tatsächlich seltsam. Ich meine, wo liegt der Sinn der Sache? Warum sollte ihn jemand nach Schottland schicken wollen?«
    »Das ist eine Frage, die unbedingt eine Antwort verlangt.«
    Hercule Poirot brach auf und ließ den Commander offenbar tief in Gedanken versunken zurück.
     
    Die Spences lebten in einem winzigen Haus in Chelsea.
    Linda Spence empfing Poirot voller Begeisterung.
    »Sie müssen mir alles erzählen«, sagte sie. »Alles von Margharita! Wo ist sie?«
    »Das darf ich Ihnen leider nicht verraten, Madame.«
    »Sie hat sich tatsächlich gut versteckt. So etwas versteht Margharita vorzüglich. Aber bei der Verhandlung muss sie doch wohl als Zeugin erscheinen, nicht wahr? Davor kann sie sich nicht drücken?«
    Poirot ließ abschätzend seine Blicke über sie gleiten und musste widerwillig gestehen, dass sie auf moderne Art attraktiv war, aber kein Typ, den er bewunderte. Das kunstvoll zerzauste Haar hing ihr wirr um den Kopf, und ein Paar scharf beobachtende Augen blickten ihn aus einem Gesicht an, das, abgesehen von dem lebhaften Rot des Mundes, keinerlei Make-up zeigte. Sie trug einen enormen hellgelben Pullover, der fast bis zu den Knien herabhing, und enge schwarze Hosen.
    »Was für eine Rolle spielen Sie in dieser Angelegenheit?«, wollte Mrs Spence wissen. »Sollen Sie um jeden Preis dem Freund aus der Patsche helfen? Ist das die Idee? Welcher Optimismus!«
    »Dann halten Sie ihn also für schuldig?«
    »Natürlich. Wer sollte es sonst sein?«
    Das, dachte Poirot, ist die große Frage. Er parierte sie mit einer anderen. »Wie erschien Ihnen Major Rich an jenem fatalen Abend? Wie üblich? Oder anders?«
    Linda Spence kniff kritisch die Augen zusammen.
    »Nein, er war nicht wie sonst. Er war anders.«
    »Inwiefern?«
    »Aber, Monsieur Poirot, wenn man gerade jemanden kaltblütig erstochen hat – «
    »Aber Sie wussten zu der Zeit doch gar nicht, dass er gerade jemanden kaltblütig erstochen hatte, nicht wahr?«
    »Nein, selbstverständlich nicht.«
    »Wie haben Sie sich dann also sein ›Anderssein‹ erklärt? Wie äußerte es sich überhaupt?«
    »Nun, er war zerstreut. Ach, ich weiß es nicht. Aber als ich hinterher darüber nachdachte, kam ich zu dem Schluss, dass ganz entschieden etwas nicht in Ordnung war.«
    »Wer traf zuerst ein?«
    »Wir – Jem und ich. Dann kam Jock. Und schließlich Margharita.«
    »Wann wurde Mr Claytons Abreise nach Schottland zum ersten Mal erwähnt?«
    »Als Margharita kam. Sie sagte zu Charles: ›Arnold lässt sich vielmals entschuldigen. Aber er musste eilig mit dem Nachtzug nach Edinburgh fahren.‹ Und Charles erwiderte: ›Oh, das ist aber sehr bedauerlich.‹ Jock fügte hinzu: ›Verzeihung, dass ich es nicht erwähnt habe. Aber ich dachte, du wüsstest es bereits.‹ Und dann hatten wir alle einen Drink.«
    »Hat Major Rich überhaupt nicht erwähnt, dass er Mr Clayton an dem Abend gesehen habe? Hat er nichts davon gesagt, dass er auf dem Weg zum Bahnhof bei ihm vorbeigekommen sei?«
    »Ich habe nichts davon gehört.«
    »Die Geschichte mit dem Telegramm war merkwürdig, nicht wahr?«
    »Wieso?«
    »Es war ein Schwindel. In Edinburgh weiß niemand etwas davon.«
    »Aha! Ich wunderte mich damals schon im Stillen.«
    »Sie haben sich bei dem Telegramm etwas gedacht?«
    »Na, es springt einem doch geradezu ins Auge.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Mein lieber Monsieur Poirot«, sagte Linda. »Spielen Sie doch nicht den Unschuldigen! Unbekannter Spaßvogel schafft den Ehemann aus dem Weg! Für diese Nacht jedenfalls ist die Luft rein.«
    »Sie meinen also, dass Major Rich und Mrs Clayton geplant hatten, die Nacht zusammen zu verbringen.«
    »Dass so etwas vorkommen soll, haben Sie sicher auch schon gehört, nicht wahr?« Linda schien amüsiert.
    »Und einer von den beiden schickte das Telegramm?«
    »Es würde mich nicht überraschen.«
    »Major Rich und Mrs Clayton hatten also Ihrer Ansicht nach ein Verhältnis miteinander?«
    »Wollen mal sagen, ich wäre darüber nicht erstaunt. Etwas Positives weiß ich nicht.«
    »Hat Mr Clayton Verdacht geschöpft?«
    »Arnold war ein ungewöhnlicher Mensch. Sehr zugeknöpft. Ich glaube, er wusste Bescheid. Aber er war so

Weitere Kostenlose Bücher