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Ein diplomatischer Zwischenfall

Ein diplomatischer Zwischenfall

Titel: Ein diplomatischer Zwischenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ganz gut miteinander ausgekommen.«
    Poirot lächelte vor sich hin.
    »Und waren das die einzigen Leute außer der Dienerschaft, die in jener Nacht im Hause waren?«
    »O nein, Victor war auch noch da.«
    »Wer ist Victor?«
    »Der Bruder meines Mannes und gleichzeitig sein Partner.«
    »Wohnte er hier bei Ihnen?«
    »Nein, er war gerade zu Besuch gekommen. Während der letzten Jahre hielt er sich in Westafrika auf.«
    »Westafrika«, sagte Poirot vor sich hin.
    Er hatte bereits erkannt, dass Lady Astwell mit Sicherheit von sich aus ein Thema weiterentwickeln würde, wenn man sie nur gewähren ließ.
    »Es heißt ja, es sei ein wunderbares Land. Aber meiner Meinung nach hat es einen schlechten Einfluss auf einen Mann. Sie trinken dort zu viel und werden infolgedessen zügellos. Keiner der Astwells hat eine sanfte Natur, aber Victor ist seit seiner Rückkehr aus Afrika geradezu unbeherrscht – einfach schrecklich! Ein paar Mal hat er mir richtig Angst eingejagt.«
    »Hat er wohl Miss Margrave auch in Angst versetzt?«
    »Lily? Ach, ich glaube nicht, dass er oft mit ihr zusammengekommen ist.«
    Poirot machte sich in einem winzigen Büchlein ein paar Notizen. Dann schob er den Bleistift sorgfältig wieder in die dafür bestimmte Öse und das Notizbuch in die Tasche.
    »Verbindlichsten Dank, Lady Astwell. Wenn Sie gestatten, möchte ich nun mit Parsons sprechen.«
    »Soll er zu uns heraufkommen?« Lady Astwell bewegte sich schon nach der Klingel. Doch Poirot winkte schnell ab.
    »Nein, nein und abermals nein! Ich werde zu ihm hinabsteigen.«
    »Wenn Sie es für richtig halten – «
    »Es muss so sein«, sagte er mit mysteriöser Miene und machte damit den gewünschten Eindruck auf Lady Astwell.
    Poirot fand Parsons in der Anrichte, wo er das Silber putzte, und verbeugte sich in seiner komischen Art.
    »Damit Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben – ich bin ein Detektiv.«
    »Ja, Sir«, sagte Parsons, »das haben wir uns schon gedacht.«
    Sein Ton war respektvoll, aber ablehnend.
    »Lady Astwell hat mich kommen lassen«, fuhr Poirot fort. »Sie ist nicht davon überzeugt, dass Mr Leverson der Täter ist. Ganz im Gegenteil.«
    »Ihre Ladyship hat das bereits öfters zum Ausdruck gebracht«, bemerkte Parsons.
    »Anscheinend unterhalten wir uns nur über Dinge, die Ihnen bereits bekannt sind, nicht wahr? Also wollen wir keine Zeit mehr mit Bagatellen verschwenden. Nehmen Sie mich mit in Ihr Schlafzimmer, wenn Sie so gut sein wollen, und erzählen Sie mir genau, was Sie dort in der Mordnacht gehört haben.«
    Das Zimmer des Butlers lag zu ebener Erde, neben dem Dienstbotenzimmer. Die Fenster waren vergittert, und in einer Ecke stand ein Stahlschrank. Parsons lud Poirot ein, sich auf das schmale Bett zu setzen.
    »Ich hatte mich um elf Uhr schlafen gelegt. Miss Margrave war ebenfalls zu Bett gegangen, und Lady Astwell war mit Sir Reuben im Turmzimmer.«
    »So, Lady Astwell war also bei Sir Reuben im Turmzimmer? Fahren Sie bitte fort.«
    »Das Turmzimmer, Sir, liegt direkt über diesem Raum. Wird dort gesprochen, so kann man wohl ein Stimmengemurmel hören, aber natürlich nicht, was gesagt wird. Ich muss ungefähr um halb zwölf eingeschlafen sein. Es war gerade zwölf, als ich durch das Zuschlagen der Haustür geweckt wurde, und ich wusste, dass Mr Leverson nachhause gekommen war. Kurz darauf hörte ich Schritte über mir und ein paar Minuten später Mr Leversons Stimme im Gespräch mit Sir Reuben.
    Ich hatte damals den Eindruck, dass Mr Leverson nicht gerade betrunken, aber – sagen wir mal – etwas arrogant und laut war. Er schrie seinen Onkel aus voller Kehle an. Ich konnte wohl gelegentlich ein paar Worte verstehen, aber nicht genug um zu wissen, worum es ging. Zuletzt hörte ich einen scharfen Schrei und einen schweren Aufprall.«
    Nach einer kurzen Pause wiederholte Parsons die letzten Worte: »Einen schweren Aufprall«, sagte er nachdenklich.
    »Wenn ich nicht irre, so ist es in den meisten Romanen ein dumpfer Aufprall«, murmelte Poirot.
    »Mag sein, Sir«, sagte Parsons mit strenger Miene. »Dies war aber ein schwerer Aufprall.«
    »Ich bitte Sie tausendmal um Verzeihung«, sagte Poirot.
    »Keine Ursache, Sir. In der Stille nach dem Aufprall hörte ich Mr Leversons Stimme ganz deutlich. ›Mein Gott‹, sagte er mit erschrockener Stimme. ›Mein Gott‹, genau in diesem Tonfall, Sir.«
    Parsons, der erst gar nicht mit der Sprache herauswollte, bekam nun richtig Geschmack am Reden. Er kam sich in seiner Rolle

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