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Ein diplomatischer Zwischenfall

Ein diplomatischer Zwischenfall

Titel: Ein diplomatischer Zwischenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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darüber verlauten lassen?«
    »Ja, er sagte zu mir: ›Victor ist wahnsinnig. Er wird nochmal jemanden umbringen, wenn er einen seiner Wutanfälle bekommt.‹«
    »Aha«, sagte Poirot. »Haben Sie eine Ahnung, worum es sich handelte?«
    »Darüber ist mir nichts bekannt.«
    Poirot wandte sich sehr langsam um und blickte den Sekretär an. Die letzten Worte waren etwas zu hastig geäußert. Er kam zu der Überzeugung, dass Trefusis mehr sagen könnte, wenn er wollte. Aber wiederum ging Poirot darüber hinweg.
    »Und dann? Fahren Sie bitte fort.«
    »Ich habe etwa eine halbe Stunde mit Sir Reuben gearbeitet. Um elf Uhr kam Lady Astwell herein, und Sir Reuben sagte, ich könne zu Bett gehen.«
    »Sind Sie zu Bett gegangen?«
    »Ja.«
    »Wissen Sie, wie lange Lady Astwell bei Sir Reuben geblieben ist?«
    »Keine Ahnung. Ihr Zimmer befindet sich im ersten Stock und meines im zweiten. Ich konnte also nicht hören, wann sie zu Bett ging.«
    »Allerdings.«
    Poirot nickte mit dem Kopf und sprang auf.
    »Und nun, Monsieur, führen Sie mich bitte ins Turmzimmer.«
    Er folgte dem Sekretär über die breite Treppe bis zum ersten Stock, dann den Korridor entlang, durch eine Polstertür, die zu den Dienstbotenzimmern und zu einem kurzen Gang führte, der in einer Tür endete. Durch diese Tür betraten sie den Tatort.
    Es war ein hoher Raum – ungefähr doppelt so hoch wie alle anderen und etwa zehn Meter im Quadrat. Speere und Schwerter schmückten die Wände, und viele afrikanische Raritäten lagen und stand auf Tischen herum. Weiter hinten, in der Fensternische, stand ein großer Schreibtisch. Poirot ging direkt darauf zu.
    »Hier hat man also Sir Reuben gefunden?«
    Trefusis nickte zustimmend.
    »Wenn ich recht verstanden habe, wurde er von hinten erschlagen, nicht wahr?«
    Wieder nickte der Sekretär.
    »Das Verbrechen ist mit einer dieser Eingeborenenkeulen begangen worden«, erklärte er. »Ein ungeheuer schweres Ding! Der Tod muss praktisch sofort eingetreten sein.«
    »Das spricht dafür, dass das Verbrechen nicht geplant war. Ein heftiger Wortwechsel, und impulsiv griff man zur ersten besten Waffe.«
    »Ja, es sieht für den armen Leverson nicht gerade rosig aus.«
    »Und wie lag die Leiche? War sie vornüber auf den Schreibtisch gefallen?«
    »Nein, sie war seitwärts zu Boden geglitten.«
    »Oh«, sagte Poirot, »das ist aber merkwürdig.«
    »Warum merkwürdig?«, fragte der Sekretär.
    »Darum«, sagte Poirot und wies auf einen runden, unregelmäßigen Fleck auf der polierten Schreibtischplatte. »Das ist ein Blutfleck, mon ami.«
    »Es mag dorthin gespritzt sein«, meinte Trefusis, »oder der Fleck kann später gemacht worden sein, als man die Leiche aufhob.«
    »Möglich, sehr gut möglich«, murmelte der kleine Mann. »Hat dieses Zimmer nur eine Tür?«
    »Hier ist noch eine Treppe.«
    Trefusis zog in der Ecke unmittelbar neben der Tür einen Samtvorhang zur Seite, hinter dem eine kleine Wendeltreppe nach oben führte.
    »Dieses Haus war ursprünglich von einem Astronomen gebaut worden, und diese Treppe führte zum Turm, wo das Teleskop aufgestellt war. Sir Reuben hatte sich da oben ein Schlafzimmer eingerichtet, wo er manchmal schlief, wenn er bis spät in die Nacht hinein arbeitete.«
    Poirot sprang behände die Stufen empor. Das runde Zimmer oben war einfach eingerichtet. Es enthielt nur ein Feldbett, einen Stuhl und einen Ankleidetisch. Poirot überzeugte sich, dass kein anderer Ausgang vorhanden war, und stieg dann wieder hinab zu dem unten wartenden Trefusis.
    »Haben Sie Mr Leverson zurückkommen hören?«
    Trefusis schüttelte den Kopf.
    »Ich war bereits eingeschlafen.«
    Poirot nickte und sah langsam im Zimmer umher.
    »Eh bien!«, sagte er schließlich. »Hier ist wohl weiter nichts. Halt, einen Augenblick noch! Würden Sie so gut sein und die Vorhänge zuziehen?«
    Gehorsam zog Trefusis die schweren schwarzen Vorhänge vor das Fenster am anderen Ende des Zimmers. Poirot schaltete das Licht ein und eine große, von der Decke herabhängende Alabasterschale flammte auf.
    »Es war doch wohl auch eine Tischlampe da, nicht wahr?«
    Als Antwort knipste der Sekretär eine Leselampe mit grünem Schirm und starker Birne auf dem Schreibtisch an.
    Poirot drehte die Deckenbeleuchtung aus, nochmals an und dann wieder aus.
    »C’est bien! Ich bin fertig.«
    »Gegessen wird um halb acht«, murmelte der Sekretär.
    »Ich danke Ihnen, Mr Trefusis, für Ihre vielen Gefälligkeiten.«
    »Keine Ursache.«
     
    Poirot ging

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