Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein diplomatischer Zwischenfall

Ein diplomatischer Zwischenfall

Titel: Ein diplomatischer Zwischenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
hat? Nur die Geschichte, die mir erzählt wurde, und Mrs Farleys Aussage. Was für einen Beweis haben wir, dass Mr Farley einen Revolver in seinem Schreibtisch aufbewahrte? Wiederum nur die mir erzählte Geschichte und Mrs Farleys Wort. Zwei Menschen führten diesen Schwindel durch – Mrs Farley und Hugo Cornworthy. Cornworthy schrieb mir den Brief, erteilte dem Butler die erwähnten Instruktionen, ging angeblich ins Kino, kehrte aber sofort wieder zurück, schlich sich in sein Zimmer, verkleidete sich und spielte Benedict Farleys Rolle.
    Und so kommen wir zu dem heutigen Nachmittag. Die günstige Gelegenheit, auf die Mr Cornworthy gewartet hat, bietet sich endlich. In der Diele sitzen zwei Zeugen, die beschwören können, dass niemand Benedict Farleys Zimmer betreten oder verlassen hat. Cornworthy wartet, bis sich ein besonders schwerer Verkehrsstrom vorbeiwälzt. Dann lehnt er sich zum Fenster hinaus und hält mit der Faulenzerzange, die er vom Schreibtisch nebenan entwendet hat, einen Gegenstand an Farleys Fenster.
    Benedict Farley tritt daraufhin ans Fenster, und Cornworthy lässt die Zange zurückschnellen. Während Farley sich hinauslehnt und die Lastwagen vor dem Haus vorbeidonnern, erschießt ihn Cornworthy mit einem Revolver, den er in Bereitschaft hat. Das Fenster geht ja nach der Seite, und gegenüber befindet sich eine blinde Wand. Es gibt also keinen Zeugen für das Verbrechen. Cornworthy wartet über eine halbe Stunde. Dann nimmt er einen Stoß Papiere, unter denen er die Faulenzerzange und den Revolver verbirgt, geht hinaus in die Diele und dann in den Raum nebenan. Dort legt er rasch die Faulenzerzange wieder auf den Schreibtisch und den Revolver neben den Toten, nachdem er dessen Finger auf den Griff gepresst hat, und eilt nach draußen mit der Nachricht von Mr Farleys ›Selbstmord‹.
    Er sorgt dafür, dass der an mich gerichtete Brief gefunden wird, und ich mit meiner Geschichte erscheine – der Geschichte, die ich aus Mr Farleys eigenem Mund gehört habe, der Geschichte von seinem ungewöhnlichen Traum und seinem seltsamen Drang, sich zu töten! Ein paar leichtgläubige Menschen werden die Hypnose-Theorie diskutieren – aber im Wesentlichen wird ohne jeden Zweifel bestätigt, dass es tatsächlich Benedict Farleys eigene Hand war, die den Revolver hielt.«
    Hercule Poirots Augen richteten sich auf die Witwe, und er sah mit Befriedigung die Bestürzung, die fahle Blässe, die blinde Furcht… »Und in absehbarer Zeit«, schloss er sanft, »wäre das Happy-End erreicht worden. Eine Viertelmillion Pfund und zwei Herzen, die wie eines schlagen…«
     
    Dr. John Stillingfleet und Hercule Poirot gingen an der Seite von Northway House entlang. Zu ihrer Rechten erhob sich die ragende Fabrikwand, und links über ihnen befanden sich die Fenster von Benedict Farley und Hugo Cornworthy. Hercule Poirot blieb plötzlich stehen und hob einen Gegenstand auf – eine ausgestopfte schwarze Katze.
    »Voilà«, sagte er. »Hier haben wir das, was Cornworthy mit der Faulenzerzange an Farleys Fenster hielt. Farley hasste ja Katzen, wie Ihnen vielleicht bekannt ist, und stürzte natürlich ans Fenster.«
    »Warum in aller Welt ist Cornworthy denn nicht nach draußen geeilt und hat das Ding aufgehoben, nachdem er es hatte fallen lassen?«
    »Wie konnte er das tun? Das hätte bestimmt Verdacht erregt. Und was denkt sich schon jemand dabei, wenn er diese Katze findet? Höchstens, dass ein Kind hier gespielt und sie verloren hat.«
    »Ja«, seufzte Stillingfleet, »das hätte ein gewöhnlicher Sterblicher wahrscheinlich angenommen. Aber nicht der gute alte Hercule! Wissen Sie, bis zum allerletzten Augenblick habe ich angenommen, dass Sie irgendeine hochtrabende Theorie von einem psychologischen, ›suggerierten‹ Mord entwickeln würden. Ich möchte wetten, dass die beiden das auch vermutet haben! Eine schreckliche Nummer, diese Mrs Farley! Meine Güte, wie sie zusammensackte! Cornworthy hätte sich vielleicht noch aus der Affäre gezogen, wenn sie nicht diesen hysterischen Anfall bekommen und versucht hätte, Ihre Schönheit mit ihren Krallen zu verschandeln. Nur mit Mühe und Not habe ich Sie aus ihren Klauen retten können.«
    Nach einer kleinen Pause fuhr er fort:
    »Die Tochter gefällt mir eigentlich ganz gut. Schneid, wissen Sie, und Grips. Würde man mich wohl für einen Glücksjäger halten, wenn ich mein Glück bei ihr versuchte?«
    »Da kommen Sie zu spät, guter Freund. Es ist schon ein Anwärter da. Der

Weitere Kostenlose Bücher