Ein diskreter Held
künstlerischen Freuden.
Doch in seinem Innersten glaubte er nicht daran, dass Ismael alles so gut gelänge. Ihn ließ der Verdacht nicht los, dass die Dinge sich nicht klärten, sondern nur weiter verkomplizierten, und dass er, statt sich aus dem polizeilichen und gerichtlichen Knäuel zu befreien, in dem Miki und Schlaks ihn festhielten, nur noch tiefer hineingeriet, bis ans Ende seiner Tage. Oder war der Grund für seinen Pessimismus, dass Edilberto Torres in Fonchitos Leben wieder aufgetaucht war?
Kaum zu Hause, berichtete er seiner Frau ausführlich von den letzten Ereignissen. Sie solle sich keine Sorgen machen wegen des Verkaufs der Versicherungsgesellschaft an einen italienischen Konzern, denn was ihre Familie betreffe, helfe diese Aktienübertragung wahrscheinlich, die Dinge zu klären, sofern Ismael, mit dem Einverständnis der neuen Eigentümer, die Zwillinge mit ein wenig Geld so weit besänftige, dass die beiden sie in Ruhe ließen. Am meisten beeindruckte Lucrecia, dass Armida von ihrer Hochzeitreise als elegante, gesellige undweltgewandte Dame zurückgekehrt war. »Ich rufe sie an und heiße sie willkommen, und dann organisieren wir so bald wie möglich ein nettes Mittag- oder Abendessen, mein Schatz. Ich kann es kaum erwarten, sie als echte Señora zu sehen.«
Rigoberto zog sich in sein Arbeitszimmer zurück und recherchierte an seinem Computer alles, was er über die Assicurazioni Generali S.p.A. finden konnte. Tatsächlich, die größte Versicherung in Italien. Er selbst war mit ihr und ihren Tochtergesellschaften mehrmals in Kontakt gewesen. In den letzten Jahren hatte der Konzern sich vor allem in Osteuropa engagiert, im Mittleren und Fernen Osten und in geringerem Umfang auch in Lateinamerika, wo die Geschäfte von Panama aus gesteuert wurden. Für die Generali war es die Gelegenheit, auf dem südamerikanischen Markt Fuß zu fassen, mit Peru als Sprungbrett. Dem Land ging es gut, die Gesetze waren stabil, die Investitionen nahmen zu.
Vertieft in seine Recherchen, hörte er, wie Fonchito von der Schule kam. Er klappte den Rechner zu und wartete ungeduldig, dass sein Sohn ihm guten Tag sagte. Als der Junge schließlich hereinkam und ihm einen Kuss gab, die Schultasche vom Markham College noch umgehängt, beschloss Rigoberto, das Thema gleich anzusprechen.
»Das heißt, Edilberto Torres ist wieder erschienen. Ich dachte, wir wären ihn für immer los, Fonchito.«
»Ich auch, Papa«, sagte sein Sohn mit entwaffnender Aufrichtigkeit, setzte die Tasche auf dem Boden ab und nahm vor dem Schreibtisch Platz. »Wir haben uns ganz kurz unterhalten. Hat Stiefmutter es dir nicht erzählt? Im Sammeltaxi, nur die Strecke bis Miraflores. Er ist an der Diagonal ausgestiegen, beim Park.«
»Natürlich hat sie es mir erzählt, aber ich würde es gerne von dir hören.« Er sah, dass Fonchito Tinte an den Fingern hatte, die Krawatte war gelockert. »Was hat er dir gesagt? Wovon habt ihr gesprochen?«
»Vom Teufel«, lachte Fonchito. »Ja, doch, lach nicht, das stimmt, Papa. Und diesmal hat er nicht geweint, zum Glück.Ich habe ihm gesagt, dass du und Stiefmutter glauben, er sei der Teufel leibhaftig.«
Er sprach mit einer solchen Natürlichkeit, hatte etwas so Frisches und Unverstelltes, dass man ihm, dachte Rigoberto, einfach glauben musste.
»Sie glauben noch an den Teufel?«, fragte Edilberto Torres mit gedämpfter Stimme, verwundert. »Es gibt heutzutage nicht mehr viele, die an diesen Herrn glauben, scheint mir. Haben dir deine Eltern gesagt, warum sie eine so schlechte Meinung von mir haben?«
»Weil sie so geheimnisvoll auftauchen und verschwinden, Señor«, erklärte Fonchito und sprach nun ebenfalls leiser, da die anderen Fahrgäste, offenbar an dem Thema interessiert, schon aus den Augenwinkeln nach ihnen spähten. »Ich sollte nicht mit Ihnen sprechen. Ich sagte ja, sie haben es mir verboten.«
»Sag ihnen von mir, sie können ruhig schlafen, ihre Befürchtungen sind unbegründet«, versicherte Edilberto Torres mit kaum hörbarer Stimme. »Ich bin nicht der Teufel, nichts dergleichen, sondern ein ganz normaler Mensch, wie du und wie sie. Und wie alle hier in diesem Wagen. Außerdem irrst du dich, ich erscheine und verschwinde nicht auf wunderbare Weise. Unsere Begegnungen sind ein Werk des Zufalls. Reiner Zufall.«
»Ich will ganz offen zu dir sein, Fonchito.« Rigoberto sah seinem Sohn lange in die Augen; der Junge hielt dem Blick stand, ohne zu blinzeln. »Ich möchte dir glauben. Ich weiß,
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