Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
dass du kein Lügner bist, du bist es nie gewesen. Und genauso weiß ich, dass du mir immer die Wahrheit gesagt hast, auch wenn es zu deinem Nachteil war. Aber in diesem Fall, ich meine, in dem verfluchten Fall dieses Edilberto Torres …«
    »Warum verflucht, Papa?«, unterbrach ihn Fonchito. »Was hat der Herr dir getan, dass du dieses schreckliche Wort benutzt?«
    »Was er mir getan hat?«, rief Rigoberto. »Er hat es geschafft, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben an meinem Sohn zweifle, dass es mir nicht mehr gelingen will zu glauben, dassdu mir noch die Wahrheit sagst. Verstehst du, Fonchito? So ist es. Jedes Mal, wenn ich höre, wie du mir von deinen Begegnungen mit Edilberto Torres erzählst, kann ich einfach nicht glauben, was du mir erzählst, sosehr ich mich auch bemühe. Das ist kein Vorwurf, versteh mich nicht falsch. Was mir jetzt mit dir passiert, schmerzt mich, deprimiert mich. Warte, lass mich ausreden. Ich sage nicht, dass du mich anlügen oder täuschen willst. Das würdest du nie. Nein, zumindest nicht bewusst, absichtlich. Aber ich bitte dich, lass dir durch den Kopf gehen, was ich dir jetzt mit all meiner Liebe sage. Denk darüber nach. Kann es nicht sein, dass das, was du mir und Lucrecia von Edilberto Torres erzählst, nur eine Einbildung ist, eine Art Wachtraum, Fonchito? So etwas kommt vor.«
    Er schwieg, denn er sah, dass sein Sohn blass geworden war. In seinem Gesicht lag eine unendliche Traurigkeit. Rigoberto spürte, wie ihm das Gewissen schlug.
    »Das heißt, ich bin verrückt geworden und habe Visionen, sehe Gespenster. Willst mir das sagen, Papa?«
    »Verrückt habe ich nicht gesagt, natürlich nicht«, sagte Rigoberto, »auch nicht gedacht. Aber, Fonchito, undenkbar ist es nicht, dass diese Person eine Art Zwangsvorstellung ist, eine fixe Idee, ein Albtraum im Wachzustand. Sieh mich nicht so schief an. Das könnte sehr wohl sein. Ich sage dir auch, warum. Im wirklichen Leben, in der Welt, in der wir leben, kann ein Mensch dir unmöglich einfach so erscheinen, aus heiterem Himmel und an den unwahrscheinlichsten Orten, auf dem Fußballplatz deiner Schule, auf der Toilette einer Diskothek, im Sammeltaxi Lima-Chorrillos. Und es kann auch nicht sein, dass er alles über dich weiß, über deine Familie, was du tust und lässt. Das ist unmöglich, oder?«
    »Was soll ich sagen, wo du mir sowieso nicht glaubst, Papa.« Der Junge schaute betreten. »Ich will dir ja auch keinen Kummer machen. Aber soll ich einfach sagen, ja, du hast recht, ich halluziniere? Wo ich mir ganz sicher bin, dass der Herr Torres aus Fleisch und Blut ist und kein Gespenst? Am besten erzähle ich dir gar nichts mehr von ihm.«
    »Nein, nein, Fonchito, ich möchte, dass du mich immer über diese Begegnungen auf dem Laufenden hältst«, sagte Rigoberto. »Ich kann zwar nur schwer akzeptieren, was du mir von ihm erzählst, aber ich bin sicher, dass du glaubst, mir die Wahrheit zu sagen, ganz sicher. Wenn es gelogen ist, dann unbewusst und ohne dass du es willst. Schön, du hast bestimmt noch Hausaufgaben, nicht? Dann geh, wenn du möchtest. Wir unterhalten uns später noch.«
    Fonchito nahm seine Schultasche vom Boden auf und ging auf die Tür zu. Doch bevor er sie öffnete, drehte er sich, als wäre ihm noch etwas eingefallen, zu seinem Vater um.
    »Du hast eine so schlechte Meinung von ihm, Papa, und der Herr Torres hat eine so gute von dir.«
    »Warum sagst du das, Fonchito?«
    »Weil ich zu wissen glaube, dass dein Vater Probleme mit der Polizei hat, mit der Justiz, nun ja, du weißt, was ich meine«, sagte Edilberto Torres zum Abschied, als er dem Fahrer schon angezeigt hatte, beim nächsten Halt auszusteigen. »Für mich steht fest, dass Rigoberto ein untadeliger Mensch ist, und ich bin sicher, dass das alles sehr ungerecht ist. Wenn ich etwas für ihn tun kann, helfe ich ihm liebend gerne. Richte ihm das bitte aus, Fonchito.«
    Rigoberto wusste nicht, was er antworten sollte. Er betrachtete stumm den Jungen, der dastand, ihn ruhig anschaute, auf seine Reaktion wartete.
    »Das hat er gesagt?«, stammelte er schließlich. »Das heißt, er schickt mir eine Nachricht. Er weiß von meinem Ärger mit dem Gericht und will mir helfen. Das ist es, ja?«
    »Genau das, Papa. Siehst du, er hat sehr wohl eine gute Meinung von dir.«
    »Sag ihm, einverstanden, sehr gerne.« Rigoberto hatte sich wieder gefasst. »Selbstverständlich. Wenn er sich das nächste Mal meldet, sag ihm vielen Dank und ich würde mich freuen, mich mit

Weitere Kostenlose Bücher