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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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dann macht sie sich mit einem Handköfferchen davon, in einem schäbigen Bus, wie irgendein armer Teufel auf dem Weg ins Nirgendwo«, schloss Rigoberto. »Die Seifenoper ist noch nicht zu Ende, sie geht weiter und wird jeden Tag verworrener.«
    »Ich verstehe sie sehr gut«, sagte Lucrecia. »Sie war das alles leid, Anwälte, Journalisten, die Hyänen, die Klatschmäuler. Sie wollte verschwinden. Aber wohin?«
    »Nach Piura, wohin sonst«, sagte Justiniana, und kein Zweifel klang heraus. »Sie stammt aus Piura, dort hat sie sogar eine Schwester. Gertrudis heißt sie, glaube ich.«

XVII
    Nicht einmal geweint hat sie, dachte Felícito Yanaqué, nicht ein einziges Mal. Aber Gertrudis war verstummt. Sie hatte den Mund nicht wieder aufgemacht, zumindest ihm gegenüber nicht und auch nicht gegenüber Saturnina, dem Dienstmädchen. Vielleicht sprach sie ja mit ihrer Schwester Armida, die seit der überraschenden Ankunft in Piura in dem Zimmer untergebracht war, wo Tiburcio und Miguel immer geschlafen hatten, bevor sie auszogen, um auf eigene Faust zu leben.
    Stundenlang hatten Gertrudis und Armida in dem Zimmer gehockt, unmöglich, dass sie in all der Zeit kein Wort miteinander geredet hätten. Doch wie auch immer, als Felícito am Abend zuvor von der Wahrsagerin Adelaida zurückkehrte und seiner Frau mitteilte, die Polizei habe herausgefunden, dass die Erpresserspinne Miguel sei, und ihr Sohn sei bereits verhaftet und habe alles gestanden, da war Gertrudis verstummt. Nur ihre Augen röteten sich und waren voller Angst, das wohl, und sie faltete die Hände wie beim Beten. In dieser Haltung hatte Felícito sie jedes Mal gesehen, wenn sie in den letzten vierundzwanzig Stunden zusammen waren. Als er ihr berichtete, was die Polizei ihm erzählt hatte, natürlich ohne Mabel auch nur einmal zu erwähnen, fragte seine Frau ihn nichts, machte nicht die kleinste Bemerkung und antwortete auch nicht auf die wenigen Fragen, die er ihr stellte. Sie saß nur stumm da, in sich gekehrt, wie ein weiteres Möbelstück im Halbdunkel des Fernsehzimmers, ihre ungläubig glänzenden Augen auf ihn gerichtet, reglos wie ein Götzenbild. Und als Felícito ihr sagte, dass die Nachricht sehr bald öffentlich werde und die Journalisten dann wie die Fliegen ins Haus schwärmten, so dass sie weder ans Telefon gehen noch die Tür öffnen solle, egal wem, ob Zeitung, Radio oder Fernsehsender, da stand sie aufund zog sich, immer noch ohne ein Wort, zu ihrer Schwester ins Zimmer zurück. Merkwürdig fand Felícito, dass Gertrudis nicht einmal den Versuch unternommen hatte, Miguel gleich auf dem Revier oder im Gefängnis zu sehen. Genauso ihr Verstummen. Galt dieser Schweigestreik nur ihm? Sie musste mit Armida gesprochen haben, denn als Felícito sie am Abend dann, zur Essenszeit, begrüßte, schien sie bereits über alles informiert.
    »Es tut mir leid, Sie ausgerechnet in diesem für Sie so schwierigen Moment zu stören«, sagte die elegante Dame, die Schwägerin zu nennen er sich sträubte, und reichte ihm die Hand. »Aber ich wusste nicht, wo ich hinsollte. Es ist nur für ein paar Tage, das verspreche ich Ihnen. Ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass ich einfach so hereinplatze, Felícito.«
    Er traute seinen Augen nicht. Diese glanzvolle Frau, so fein gekleidet, mit Schmuck behängt, war Gertrudis’ Schwester? Sie schien sehr viel jünger zu sein, und ihre Garderobe, ihre Schuhe, ihre Fingerringe und Ohrringe, ihre Uhr passten eher zu diesen stinkreichen Damen, die in den Villen von El Chipe wohnten, mit Garten und Swimmingpool, als zu einer, die im El Algarrobo aufgewachsen war, der schäbigen Pension am Stadtrand von Piura.
    An diesem Abend aß Gertrudis keinen Bissen und sprach kein Wort. Saturnina räumte die Nudelsuppe und den Reis mit Huhn unberührt ab. Bis in die Nacht hinein klopfte es an der Tür und klingelte unablässig das Telefon. Felícito spähte gelegentlich durch die Rollos am Fenster: Dort standen sie noch, diese aasgierigen Geier mit ihren Kameras, zusammengedrängt auf dem Bürgersteig oder mitten auf der Calle Arequipa, darauf lauernd, dass jemand herauskam, um über ihn herzufallen. Aber nur Saturnina ging hinaus, die nicht im Haus wohnte, es war schon spät am Abend, und Felícito sah, wie sie sich des Überfalls erwehrte, sie hielt sich die Arme vors Gesicht und rannte im Licht der Blitze davon.
    Als er dann allein im Fernsehzimmer saß, sah er die Nachrichten des lokalen Senders und hörte alle Radiostationen,die die

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