Ein diskreter Held
Meldung verbreiteten. Auf dem Bildschirm erschien Miguel, ernst, ungekämmt und mit Handschellen, in Jogginganzug und Turnschuhen, und auch Mabel, sie ohne Handschellen, wie sie erschrocken in die aufblitzenden Kameras schaute. Felícito dankte im Stillen dafür, dass Gertrudis sich in ihr Schlafzimmer zurückgezogen hatte und nicht, neben ihm sitzend, diese Nachrichten sah, in denen man mit einem geradezu krankhaften Drang hervorhob, dass seine Geliebte, mit Namen Mabel, der er vor Jahren ein Häuschen im Bezirk Castilla einrichtete, ihn mit seinem eigenen Sohn betrogen und gemeinsam mit diesem eine Verschwörung geplant habe, um ihn zu erpressen, worauf sie ihm die berühmten Briefe mit der kleinen Spinne schickten und in den Büroräumen von Transportes Narihualá einen Brand legten.
Er sah und hörte all das mit bangem Herzen und feuchten Händen, spürte, wie sich ein weiterer Schwindelanfall ankündigte, ähnlich jenem, der ihn bei Adelaida in die Ohnmacht gestürzt hatte, doch zugleich war ihm, als geschähe das alles sehr weit weg und wäre ihm fremd. Es hatte nichts mit ihm zu tun. Er fühlte sich nicht einmal gemeint, als auf dem Bildschirm sein eigenes Bild erschien, während der Moderator von Mabel sprach, seiner Geliebten (»in wilder Ehe lebend«, wie er es nannte), von seinem Sohn Miguel und seinem Bus- und Fuhrunternehmen. Es war, als hätte er sich von sich selbst gelöst, als wäre der Felícito Yanaqué der Fernsehbilder und der Radionachrichten jemand, der seinen Namen und sein Gesicht an sich gerissen hätte.
Als er dann im Bett lag und nicht einschlafen konnte, hörte er Gertrudis’ Schritte im Schlafzimmer nebenan. Er sah auf die Uhr: schon fast eins. Soweit er sich erinnerte, war seine Frau nie so lange aufgeblieben. Er lag die ganze Nacht wach, dachte manchmal nach, doch die meiste Zeit war sein Kopf leer, und er horchte nur auf das Klopfen seines Herzens. Beim Frühstück sagte Gertrudis weiterhin kein Wort, nippte nur an einer Tasse Tee. Kurz darauf kam, von Felícito gerufen, Josefita, um ihm vom Büro zu berichten, und er gab ihr einpaar Dinge auf und diktierte Briefe. Sie hatte eine Nachricht von Tiburcio, aus Tumbes. Er hatte mehrmals angerufen, als er von der Sache erfuhr, aber niemand war ans Telefon gegangen. Er war Busfahrer auf dieser Strecke, sobald er wieder in Piura sei, komme er gleich zu seinen Eltern. Seine Sekretärin schien so verstört, dass Felícito sie fast nicht wiedererkannte. Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen, und ihre einzige Bemerkung war, wie lästig diese Reporter seien, gestern hätten die sie im Büro verrückt gemacht und eben auf der Straße umzingelt und ewig daran gehindert, an die Tür zu treten, obwohl sie ihnen ins Gesicht schrie, sie habe nichts zu sagen, sie wisse nichts, sie sei nur die Sekretärin des Herrn Yanaqué. Sie musste sich die unverschämtesten Fragen anhören, aber natürlich hatte sie ihnen kein Wort gesagt. Als Josefita wieder ging, sah Felícito durchs Fenster, wie ein Dutzend Männer und Frauen sie ein weiteres Mal mit ihren Aufnahmegeräten und Kameras bestürmte.
Zum Mittagessen kam Gertrudis mit Armida an den Tisch, aß aber wieder keinen Bissen und richtete auch nicht das Wort an ihn. Ihre Augen waren wie die Glut, ihre Hände immer zusammengepresst. Was ging nur vor in ihrem verstrubbelten Kopf? Ihm kam es vor, als wäre sie über die Nachrichten von Miguel zu einer Schlafwandlerin geworden.
»Schrecklich, Felícito, was Ihnen da passiert«, entschuldigte sich Armida erneut, »wenn ich das gewusst hätte, wäre ich niemals einfach so hereingeplatzt. Aber wie ich gestern schon sagte, ich wusste nicht, wohin. Ich bin in einer sehr schwierigen Lage und muss mich verstecken. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen alles ausführlich erklären, aber ich weiß ja, dass Sie jetzt andere Sorgen haben, Wichtigeres im Kopf. Glauben Sie mir, ich werde nicht lange bleiben.«
»Ja, das können Sie mir alles erzählen, aber besser später«, sagte er. »Wenn dieser Sturm ein wenig vorüber ist. Wirklich Pech, Armida. Sich ausgerechnet hier zu verstecken, wo sich alle Journalisten von Piura versammeln. Ich komme mir vor wie gefangen in meinem eigenen Haus.«
Mit einem verständnisvollen Lächeln stimmte Gertrudis’ Schwester zu:
»Ich weiß, was das bedeutet, ich habe es selber schon mitgemacht«, hörte er sie sagen und verstand nicht, was sie meinte. Aber er bat sie nicht, es ihm zu erklären.
Später dann, nach langem Grübeln,
Weitere Kostenlose Bücher