Ein diskreter Held
beschloss Felícito, dass der Moment gekommen war. Er bat Gertrudis, mit ihm ins Fernsehzimmer zu gehen: »Wir müssen miteinander sprechen, du und ich, allein«, sagte er. Armida zog sich sofort zurück, und Gertrudis folgte ihrem Mann gehorsam nach nebenan. Sie saß jetzt vor ihm, in einem Sessel im Halbdunkel, ruhig, formlos, stumm. Sie schaute zu ihm, schien ihn aber nicht zu sehen.
»Ich hätte nie geglaubt, dass einmal die Gelegenheit kommt, mit dir darüber zu sprechen«, begann Felícito leise. Überrascht stellte er fest, dass seine Stimme zitterte.
Gertrudis regte sich nicht. In ihrem farblosen Kleid, wie eine Kreuzung aus Hemdkleid und Morgenrock, schaute sie ihn an, als wäre er nicht da, mit Pupillen, die aus diesem pausbäckigen Gesicht mit dem großen, aber ausdruckslosen Mund ein ruhiges Feuer sandten. Die Hände hielt sie im Schoß fest zusammen, als litte sie unter fürchterlichen Bauchschmerzen.
»Vom ersten Moment an hatte ich den Verdacht«, fuhr er fort und bemühte sich, seine plötzliche Nervosität in den Griff zu bekommen. »Aber ich habe es dir nicht gesagt, um dich nicht zu beschämen. Ich hätte es mit ins Grab genommen, wenn das jetzt nicht passiert wäre.«
Er holte Luft, seufzte tief. Seine Frau hatte sich keinen Millimeter bewegt, nicht ein einziges Mal auch nur geblinzelt. Sie war wie versteinert. Eine unsichtbare Schmeißfliege brummte irgendwo im Zimmer, knallte gegen die Decke und die Wände. Im Gärtchen goss Saturnina die Pflanzen, das Rieseln des Wassers aus der Gießkanne war zu hören.
»Ich will sagen«, fuhr er fort, jede Silbe betonend, »dass du und deine Mutter mich betrogen habt. Damals, drüben im El Algarrobo. Mittlerweile macht es mir nichts mehr aus. Es ist viele Jahre her, und glaub mir, heute ist es mir egal, dass du unddie Dragonerin mir ein Märchen aufgetischt habt. Das Einzige, was ich will, ist, dass du es mir bestätigst, Gertrudis, dann kann ich ruhig sterben.«
Er schwieg und wartete. Sie saß weiter ungerührt da, in derselben Haltung, doch Felícito bemerkte, dass einer der Schlappen an den Füßen seiner Frau sich leicht zur Seite verschoben hatte. Zumindest dort war Leben. Nach einer Weile öffnete Gertrudis die Lippen und stieß einen Satz hervor, der wie ein Knurren klang:
»Was soll ich bestätigen, Felícito, was?«
»Dass Miguel nicht mein Sohn ist und es niemals war«, sagte er, nun ein wenig lauter. »Dass du von jemand anderem schwanger warst, als ihr, du und die Dragonerin, damals in der Pension El Algarrobo zu mir gekommen seid und mir weisgemacht habt, ich sei der Vater. Nachdem ihr mich bei der Polizei angezeigt hattet, um mich zu zwingen, dich zu heiraten.«
Als er den Satz beendet hatte, fühlte er sich mies, als hätte er etwas Unverdauliches gegessen oder ein Schälchen allzu vergorene Chicha getrunken.
»Ich habe geglaubt, dass du der Vater bist«, sagte Gertrudis gleichmütig, gar nicht böse, nur mit der Unlust, mit der sie von allem sprach, was nicht mit Religiösem zu tun hatte. Und nach einer langen Pause fügte sie in demselben neutralen wie unbeteiligten Ton hinzu: »Weder ich noch meine Mutter hatten die Absicht, dich zu betrügen. Ich war damals sicher, dass du der Vater des Kindes in meinem Bauch bist.«
»Und wann hast du gemerkt, dass es nicht von mir war?«, fragte Felícito, mit einer Heftigkeit, aus der schon die Wut sprach.
»Erst als Miguelito auf die Welt kam«, sagte Gertrudis, ohne dass sich ihre Stimme im Geringsten veränderte. »Als ich sah, wie weiß er war, mit diesen blauen Augen und fast blonden Härchen. Das konnte nicht der Sohn eines Cholo aus Chulucanas sein, wie du einer bist.«
Sie schwieg und schaute ihren Mann weiterhin ungerührt an. In Felícitos Ohren hatte es geklungen, als spräche Gertrudis vom Grund eines Sees zu ihm oder aus einem Glaskasten mit dicken Wänden. Sie war durch etwas Unsichtbares und Unüberwindlichen von ihm getrennt, auch wenn sie nur einen Meter von ihm entfernt saß.
»Ein echter Siebensamen, kein Wunder, dass er mir das angetan hat«, zischte er. »Und hast du danach erfahren, wer Miguels wahrer Vater ist?«
Seine Frau seufzte und zuckte mit den Schultern, eine Geste, die Gleichgültigkeit bedeuten konnte oder Erschöpfung. Sie schüttelte den Kopf.
»Mit wie vielen Männern aus der Pension hast du denn geschlafen, che guá? « Felícito spürte einen Kloß im Hals und wollte nur, dass es bald vorbei wäre.
»Mit allen, die mir meine Mutter ins Bett
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