Ein diskreter Held
der Anwalt beantwortete, und war zufrieden. Er hatte eine gute Entscheidung getroffen, sagte er sich, und auch wenn dies nicht alle seine Probleme löste, fiele zumindest eine große Last von ihm ab. Und die Ungewissheit, die ihn seit so vielen Jahre bedrückte, verflöge für immer.
Als er das Büro verließ, machte er, statt direkt nach Hause zu gehen, einen Umweg über das Revier an der Avenida Sánchez Cerro. Hauptmann Silva war nicht da, aber Sergeant Lituma empfing ihn. Der war ein wenig überrascht von seinem Anliegen.
»Ich möchte so bald wie möglich mit Miguel sprechen«, sagte Felícito Yanaqué noch einmal. »Es ist mir egal, ob Sie oder Hauptmann Silva bei dem Gespräch dabei sind.«
»Na schön, Don Felícito, das wird, denke ich, kein Problem sein«, sagte der Sergeant. »Gleich morgen früh spreche ich mit dem Hauptmann.«
»Danke«, verabschiedete sich Felícito. »Grüßen Sie Hauptmann Silva von mir und sagen Sie ihm, auch meine Sekretärin lässt ihn herzlich grüßen, die Señora Josefita.«
XVIII
Don Rigoberto, Doña Lucrecia und Fonchito kamen mit dem Flug der LAN Perú am Vormittag in Piura an, und ein Taxi brachte sie zum Hotel Los Portales an der Plaza de Armas. Die Zimmer, die Felícito Yanaqué für sie gebucht hatte, ein Doppel- und ein Einzelzimmer, nebeneinander gelegen, entsprachen ganz ihren Wünschen. Sogleich machten die drei einen Spaziergang. Sie drehten eine Runde um den Platz mit seinen schattenspendenden hohen Tamarinden und hier und da einem Flamboyant, an dem die Blüten knallrot explodierten.
Es war nicht sehr heiß. Sie blieben einen Augenblick stehen, um das Denkmal in der Mitte zu betrachten, die Pola, eine vielerfahrene Marmordame, welche die Freiheit darstellte, ein Geschenk des Präsidenten José Balta von 1870, und warfen einen Blick in die nichtssagende Kathedrale. Dann setzten sie sich ins El Chalán, um eine Erfrischung zu sich zu nehmen. Rigoberto und Lucrecia behielten die Umgebung im Blick, die unbekannten Leute, neugierig und etwas skeptisch. Käme es wirklich zu dem geplanten Geheimgespräch mit Armida? Sie wünschten es sich sehnlich, aber bei dem ganzen Getue um ihre Reise fiel es ihnen schwer, das alles ernst zu nehmen. Manchmal kam es ihnen vor, als spielten sie wie alte Leute irgendein Spiel, um sich jung zu fühlen.
»Nein, ein Scherz kann es nicht sein, ein Hinterhalt auch nicht«, sagte ein weiteres Mal Rigoberto in dem Versuch, sich selbst zu überzeugen. »Der Herr, mit dem ich am Telefon gesprochen habe, hat, wie gesagt, einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Ein Mann aus einfachen Verhältnissen, ohne Zweifel, aus der Provinz, etwas schüchtern, aber er meint es gut. Ein anständiger Mensch, da bin ich sicher. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass er im Namen von Armida sprach.«
»Hast du nicht das Gefühl, das Ganze ist etwas unwirklich?«, meinte Lucrecia mit einem nervösen Kichern. In der Hand hielt sie, unablässig wedelnd, einen Perlmuttfächer. »Ich kann kaum glauben, was wir alles erleben, Rigoberto. Dass wir nach Piura fliegen und den Leuten erzählen, wir brauchten Erholung. Wer glaubt schon so was!«
Fonchito schien sie nicht zu hören. Er schlürfte sein Lúcuma-Sorbet, starrte auf irgendeine Stelle des Tisches, völlig gleichgültig gegenüber dem, was sein Vater und seine Stiefmutter sagten, wie gepackt von einer Unruhe in seinem Innersten. So ging das seit seiner letzten Begegnung mit Edilberto Torres, was auch der Grund war, weshalb Rigoberto beschloss, ihn mit nach Piura zu nehmen, selbst wenn er dafür ein paar Tage in der Schule fehlte.
»Edilberto Torres?« Er fuhr von seinem Stuhl am Schreibtisch auf. »Der schon wieder? Und hat von der Bibel gesprochen?«
»Ich bin’s, Fonchito«, sagte Edilberto Torres. »Sag nicht, du hast mich vergessen. So unhöflich bist du doch nicht.«
»Ich habe eben gebeichtet und spreche die Gebete, die der Pater mir aufgegeben hat«, stammelte Fonchito, überrascht mehr als erschrocken. »Ich kann jetzt nicht mit Ihnen sprechen, Señor, tut mir leid.«
»In der Fatimakirche?«, fragte Rigoberto noch einmal ungläubig, und als hätte ihn der Veitstanz gepackt, schüttelte er sich und ließ das Buch über die Kunst des Tantra, das er gerade las, zu Boden fallen. »Er war dort? In der Kirche?«
»Ich verstehe dich und bitte um Entschuldigung.« Edilberto Torres sprach leiser, und mit dem Finger auf den Altar deutend: »Bete nur, bete, Fonchito, das tut gut. Wir sprechen
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