Ein diskreter Held
zum ersten Mal in Piura?«
Sie sprach nicht nur mit dem Mund, sondern auch mit ihren schielenden grünen Augen, und die ganze Zeit wedelte sie mit den Händen.
»Zum ersten Mal, aber sicher nicht zum letzten«, sagte Don Rigoberto freundlich. »Der Herr Yanaqué konnte nicht kommen?«
»Er wollte lieber nicht, denn, Sie wissen ja sicher davon, Don Felícito kann in Piura keinen Schritt tun, ohne dass ihm ein Schwarm Journalisten folgt.«
»Journalisten?« Rigoberto blickte erschrocken. »Darf man fragen, warum, Señora Josefita?«
»Señorita, bitte«, korrigierte sie ihn, und leicht errötend: »Auch wenn ich jetzt einen Verehrer habe. Er ist Hauptmann der Guardia Civil.«
»Bitte vielmals um Entschuldigung, Señorita Josefita.« Rigoberto machte eine Verbeugung. »Aber könnten Sie mir erklären, warum die Journalisten den Herrn Yanaqué verfolgen?«
Josefita lächelte nicht mehr. Sie blickte überrascht, ein wenig mitleidig auch. Fonchito kam aus seiner Lethargie gekrochen und schien ebenfalls an den Lippen des neuen Gastes zu hängen.
»Wissen Sie denn nicht, dass Don Felícito Yanaqué gerade berühmter ist als der Präsident der Republik?«, rief sie verdutzt, ihre Zungenspitze in der Schwebe. »Seit Tagen kommt er im Radio, in der Zeitung und im Fernsehen. Aber leider aus dem falschen Grund.«
Während sie sprach, machten Don Rigoberto und seine Frau solch verwunderte Gesichter, dass Josefita nichts anderes übrig blieb, als ihnen zu erklären, warum der Inhaber von Transportes Narihualá aus der Anonymität herausgetreten undin aller Munde war. Offensichtlich hatten diese Leute aus Lima von der Geschichte mit der Spinne und dem ganzen Wirbel danach nichts mitbekommen.
»Eine großartige Idee, Fonchito«, sagte Edilberto Torres. »Um unbeschwert über die Wellen dieses Meeres zu gleiten, das die Bibel ist, braucht es einen kundigen Seefahrer. Es könnte ein Geistlicher sein wie Pater O’Donovan, sicher. Aber auch ein Laie, einer, der viele Jahre darauf verwendet hat, das Alte und das Neue Testament zu studieren. Ich zum Beispiel. Du magst mich für einen Angeber halten, aber ich habe tatsächlich einen großen Teil meines Lebens damit verbracht, das heilige Buch zu studieren. Du glaubst mir nicht, das sehe ich an deinen Augen.«
»Jetzt gibt sich dieser Pädophile schon als Theologe und Bibelkundler aus«, rief Rigoberto. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie gerne ich ihn mir vorknöpfen würde, Fonchito. Demnächst sagt er noch, er sei selber Pfarrer.«
»Das hat er schon, Papa«, unterbrach ihn Fonchito. »Genauer gesagt, kein Pfarrer. Er ist aus dem Priesterseminar ausgetreten, bevor er ordiniert wurde. Er konnte es nicht ertragen, keusch zu bleiben, sagt er.«
»Ich sollte mit dir nicht über solche Dinge reden, dafür bist du noch zu jung«, fügte Edilberto Torres hinzu, wobei er ein wenig blass wurde und ihm die Stimme zitterte. »Aber so war es gewesen. Ich habe mich die ganze Zeit selbst befriedigt, oft mehrmals am Tag. Das beschämt und verwirrt mich noch heute, denn ich war wirklich berufen, Gott zu dienen. Schon als ich ein Junge war, so wie du. Nur dass ich nicht den Sex bezwingen konnte, diesen verfluchten Dämon. Irgendwann glaubte ich verrückt zu werden von den Versuchungen, die mich Tag und Nacht bedrängten. Und dann, mir blieb nichts anderes übrig, musste ich das Seminar verlassen.«
»Davon hat er dir erzählt?« Rigoberto war empört. »Von Selbstbefriedigung, vom Wichsen?«
»Haben Sie dann geheiratet, Señor?«, fragte der Junge schüchtern.
»Nein, nicht, ich bin noch Junggeselle.« Er lachte etwas gezwungen. »Um Sex auszuleben, muss man nicht unbedingt heiraten, Fonchito.«
»Für die katholische Kirche schon«, sagte der Junge.
»Gewiss, der Katholizismus ist unnachgiebig und sittenstreng, wenn es um Sex geht«, erklärte er. »Andere Religionen sind toleranter. Aber davon abgesehen, selbst Rom modernisiert sich in diesen freizügigen Zeiten, auch wenn es sie Überwindung kostet.«
»Ja, genau, jetzt fällt es mir wieder ein«, unterbrach Lucrecia die Señorita Josefita. »Natürlich, ich habe es irgendwo gelesen oder im Fernsehen gesehen. Ist der Herr Yanaqué dieser Mann, den sein Sohn und seine Geliebte entführen wollten, um ihm sein ganzes Geld abzunehmen?«
»Also wirklich, ist denn das zu fassen.« Rigoberto konnte nicht glauben, was er da hörte. »Das heißt, wir kommen her und landen mitten in der Höhle des Löwen. Wenn ich recht verstehe, sind das
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