Ein diskreter Held
Polizei gehen, oder?«, sagte sie schließlich. Die Verwirrung war ihr anzumerken. »Das ist eine Erpressung, da musst du Anzeige erstatten, nehme ich an.«
»Ich war schon auf dem Revier. Aber sie haben nichts drauf gegeben. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich tun soll, mein Schatz. Der Sergeant der Polizei, mit dem ich gesprochen habe, hat mir etwas gesagt, was vielleicht stimmt. Dass heute in Piura, wo es so viel Fortschritt gibt, auch das Verbrechen zunimmt. Banden tauchen auf und verlangen von den Händlern und den Firmen Schutzgeld. Ich hatte schon davon gehört, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es mich treffen könnte. Ich gestehe, ich bin ganz schön nervös, Mabelita. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Du hast nicht vor, diesen Leuten das Geld zu geben, nicht wahr, Herzchen?«
»Natürlich nicht, nicht einen einzigen Centavo. Ich lasse mich von niemandem herumschubsen, das kannst du mir glauben.«
Er erzählte ihr, dass Adelaida ihm geraten hatte, den Erpressern nachzugeben.
»Ich glaube, es ist das einzige Mal in meinem Leben, dass ich der Eingebung meiner Wahrsagerfreundin nicht folgen werde.«
»Was bist du nur naiv, Felícito.« Mabel war verärgert. »Eine so heikle Sache mit der Hexe zu besprechen. Ich weiß nicht, wie du die Märchen glauben kannst, die dieses Schlitzohr dir auftischt.«
»Bei mir hat sie sich noch nie geirrt.« Felícito bedauerte, dass er Mabel davon erzählt hatte, wo er genau wusste, dass sie Adelaida hasste. »Keine Sorge, diesmal befolge ich ihren Rat nicht. Ich kann es nicht. Ich werde es nicht. Vielleicht ist es das, was mich so erbittert. Ich habe das Gefühl, dass ein Unheil über mich kommt.«
Mabel war sehr ernst geworden. Felícito sah, wie sich ihre roten Lippen kräuselten. Sie hob die Hand und strich ihm langsam das Haar glatt.
»Ich wünschte, ich könnte dir helfen, Herzchen, aber ich weiß nicht, wie.«
Felícito lächelte sie an, nickte. Dann stand er auf, ein Zeichen, dass er beschlossen hatte zu gehen.
»Soll ich mich nicht lieber anziehen, und wir gehen ins Kino? Es wird dich auf andere Gedanken bringen, na los, komm schon.«
»Nein, mein Liebes, mir ist nicht nach Kino zumute. Ein andermal. Entschuldige. Ich lege mich besser ins Bett. Das mit der Erkältung stimmt nämlich.«
Mabel begleitete ihn zur Tür und ließ ihn hinaus. Und da sah Felícito, und er zuckte zusammen, den Umschlag, der an der Klingel steckte. Er war weiß, nicht blau wie der erste, und kleiner. Felícito wusste sofort, worum es sich handelte. Auf dem Bürgersteig spielten ein paar Kinder mit Kreiseln, nur wenige Schritte entfernt. Bevor er den Umschlag öffnete, ging er zu ihnen und fragte, ob sie gesehen hätten, wer ihn dort hingehängt hätte. Die Bengel schauten sich an, überrascht, und hoben nur die Schulter. Keiner hatte etwas gesehen, was sonst. Als er zurückkam, war Mabel ganz blass, etwas Ängstliches schimmerte auf dem Grund ihrer Augen.
»Glaubst du, dass …?« Sie biss sich auf die Lippen, schaute auf den noch ungeöffneten Umschlag in seiner Hand, als könnte er nach ihr schnappen.
Felícito ging hinein, knipste das Licht in der kleinen Diele an, und während Mabel sich bei ihm unterhakte und den Hals reckte, um zu lesen, was er las, erkannte er die Großbuchstaben, geschrieben wieder mit blauer Tinte:
Werter Herr Yanaqué,
Sie haben einen Fehler begangen, als Sie trotz der Empfehlung, die Ihnen die Organisation gegeben hat, zur Polizei gegangen sind. Wir möchten, dass die Angelegenheit privat geregelt wird, unter uns. Aber Sie erklären uns den Krieg. Den sollen Sie haben, wenn Ihnen das lieber ist. In diesem Fall dürfen wir Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie ihn verlieren werden. Und es bedauern. Sehr bald werden wir Ihnen beweisen, dass wir in der Lage sind, auf Ihre Provokationen zu antworten. Seien Sie kein Starrkopf, es ist nur zu Ihrem Wohl. Setzen Sie nicht aufsSpiel, was Sie in so vielen Jahren harter Arbeit erreicht haben, Herr Yanaqué. Und vor allem beschweren Sie sich nicht wieder bei der Polizei, denn es wird Ihnen leidtun. Bedenken Sie die Folgen.
Gott befohlen.
Die Zeichnung der kleinen Spinne, die als Unterschrift diente, sah genauso aus wie auf dem ersten Brief.
»Aber warum haben sie ihn hier hingehängt, bei mir«, stammelte Mabel und drückte fest seinen Arm. Ihr ganzer Körper zitterte, sie war bleich.
»Um mir mitzuteilen, dass sie mein Privatleben kennen, warum sonst.« Felícito legte ihr den Arm um
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