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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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die Abneigung beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Doch jetzt gab er sich weniger arrogant. Noch am selben Tag, als die Anzeige erschien, kamen die beiden Polizisten, freundlich, honigsüß, zu ihm nach Hause in die Calle Arequipa. Sie wollten ihm mitteilen, wie besorgt sie seien über das, was da mit Ihnen passiert, Herr Yanaqué. Nicht einmal als diese Halunken mit der Spinne den Brand gelegt hatten, der einen Teil der Geschäftsräume von Transportes Narihualá verwüstete, waren sie so aufmerksam gewesen. Was war nur in die beiden gefahren? Sie schienen seine Situation aufrichtig zu bedauern und darauf aus, die Erpresser zu schnappen.
    Schließlich zog Hauptmann Silva den Ausschnitt mit der Anzeige aus El Tiempo hervor.
    »Sie müssen verrückt sein, das zu veröffentlichen, Don Felícito«, sagte er halb im Scherz. »Ist Ihnen nicht der Gedanke gekommen, dass Sie sich mit so einer Provokation womöglich einen Messerstich einfangen oder eine Kugel in den Rücken?«
    »Das war keine Provokation, ich habe lange darüber nachgedacht«, erklärte Felícito mit sanfter Stimme. »Ich wollte, dass diese Idioten ein für alle Mal wissen, dass sie von mir nicht einen Centavo bekommen. Sie können mir das Haus hier in Brand stecken, alle meine Lkws, Busse und Sammeltaxis. Und selbst meine Frau und meine Kinder umbringen, wenn sie meinen, sie müssten es tun. Aber nicht einen verdammten Centavo!«
    So klein, wie er dort stand, sagte er es ohne jedes Getue, ohne Wut, die Hände unbewegt und festen Blicks, mit ruhiger Entschlossenheit.
    »Ich glaube Ihnen, Don Felícito«, sagte der Hauptmann bekümmert. Und kam zur Sache: »Das Dumme ist, dass Sie uns ungewollt und ohne es zu merken in einen ganz schönen Schlamassel geritten haben. Oberst Pussypinsel, unser Regionalchef, hat heute Morgen wegen der Anzeige im Revier angerufen. Und wissen Sie, wozu? Sag es ihm, Lituma.«
    »Um uns zusammenzustauchen, wir wären Versager, die letzten Pfeifen, Don Felícito«, erklärte der Sergeant zerknirscht.
    Felícito Yanaqué lachte. Zum ersten Mal, seit er die Briefe mit der Spinne erhielt, war er guter Laune.
    »Aber genau das sind Sie, Hauptmann«, und er grinste. »Wie sehr es mich freut, dass Ihr Chef Ihnen die Leviten gelesen hat. Er heißt tatsächlich so, ja, so derb? Pussypinsel?«
    Sergeant Lituma und Hauptmann Silva lachten auch, etwas gequält.
    »Natürlich nicht, das ist sein Spitzname«, erklärte der Kommissar. »Er heißt Oberst Asundino Ríos Pardo. Ich weiß nicht, wer ihm diese Frechheit angehängt hat und warum. Er ist ein guter Offizier. Aber er schimpft gern, fährt schnell aus der Haut, macht für ein Nichts die Leute zur Sau.«
    »Sie irren sich, wenn Sie glauben, wir hätten Ihre Anzeige nicht ernst genommen, Herr Yanaqué«, mischte Sergeant Lituma sich ein.
    »Wir mussten abwarten, bis die Halunken sich zeigen«, schloss der Hauptmann an und sprühte nun vor Tatendrang. »Jetzt, wo sie es getan haben, sind wir voll im Einsatz.«
    »Ein schwacher Trost für mich«, sagte Felícito Yanaqué und zog eine verdrießliche Miene. »Ich weiß nicht, was Sie zu tun gedenken, aber die Räume, die man mir niedergebrannt hat, wird mir niemand ersetzen«
    »Übernimmt denn nicht die Versicherung die Schäden?«
    »Sollte sie, aber das sind alles Schlitzohren. Sie führen an, nur die Fahrzeuge seien versichert, nicht die Räumlichkeiten. Doktor Castro Pozo, mein Anwalt, sagt, vielleicht müssen wir vor Gericht gehen. Was bedeutet, dass ich auf jeden Fall verliere. So sieht es aus.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Don Felícito«, beruhigte ihn der Hauptmann und gab ihm einen Klaps. »Sie werden uns ins Netz gehen. Früher oder später haben wir sie. Mein Ehrenwort. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Bis dann. Und grüßen Sie mir bitte Señora Josefita, Ihre reizende Sekretärin.«
    Es stimmte, dass die Polizisten fortan einigen Diensteifer an den Tag legten. Sie befragten alle Fahrer und Angestellten von Transportes Narihualá. Und Miguel und Tiburcio, seine beiden Söhne, bombardierten sie auf dem Revier stundenlang mit Fragen, auf die die Jungen nicht immer zu antworten wussten. Selbst Lucindo bedrängten sie, anhand der Stimme die Person zu identifizieren, die ihn bat, Don Felícito auszurichten, dass es in seinem Büro brannte. Der blinde Mann schwor, er habe denjenigen, der ihn ansprach, nie zuvor gehört. Doch trotz aller polizeilichen Geschäftigkeit fühlte Felícito sich niedergeschlagen, er blieb skeptisch. Tief in

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