Ein diskreter Held
eine schaut, als hätten wir nicht noch anderes am Körper, che guá .«
Am selben Tag, als in El Tiempo die Anzeige erschien, baten Miguel und Tiburcio ihn um ein Gespräch. Beide Söhne arbeiteten als Schaffner und Fahrer der Busse, Lastwagen und Sammeltaxis des Unternehmens. Felícito lud sie zu einem Ceviche mit Archenmuscheln und einem Seco de Chabelo ins Restaurant des Hotels Oro Verde in El Chipe ein. Das Radio lief, und die Musik zwang sie, laut zu sprechen. Von ihrem Tisch aus sahen sie, wie eine Familie unter Palmen im Pool badete. Statt Bier bestellte Felícito für alle eine Brause. An den Gesichtern seiner Söhne konnte er schon ablesen, worauf sie hinauswollten. Zuerst sprach der ältere, Miguel. Kräftig, athletisch, sehr hellhäutig, mit hellen Augen und hellem Haar, kleidete er sich immer mit einer gewissen Sorgfalt, anders als Tiburcio, der sich nur selten von seinen Bluejeans, dem Polohemd und den Turnschuhen trennte. Eben jetzt trug Miguel Slipper, eine Cordhose und ein hellblaues Hemd mit aufgedruckten Rennwagen. Er war hoffnungslos eitel, mit einem Hang zum Versnobten. Als Felícito ihn zwang, den Militärdienst abzuleisten, dachte er, die Armee würde ihm dieses Gehabe eines verwöhnten Jüngelchens austreiben; aber dem war nicht so, er kam aus der Kaserne heraus, wie er hineingegangen war. Ein weiteres Mal in seinem Leben dachte Felícito Yanaqué: Ob er mein Sohn ist? Der Junge strich die ganze Zeit über das Lederarmband seiner Uhr, während er sprach:
»Tiburcio und ich haben uns Gedanken gemacht, Vater, und wir haben es auch mit Mama besprochen.« Er klang etwas unwillig, wie immer, wenn er das Wort an ihn richtete.
»Ihr denkt also«, konnte Felícito sich nicht verkneifen, »das freut mich zu hören, eine gute Nachricht. Darf man wissen, welch brillante Idee euch dabei gekommen ist? Die Schamanen von Huancabamba wollt ihr hoffentlich nicht zu den Erpressern um Rat fragen. Ich habe nämlich schon Adelaida gefragt,und nicht einmal sie, die alles vorhersieht, hat die geringste Ahnung, wer sie sein könnten.«
»Wir meinen es ernst, Vater«, sprach Tiburcio jetzt. Durch die Adern dieses Jungen floss allerdings sein eigenes Blut, daran bestand kein Zweifel. Er ähnelte ihm sehr mit seiner tiefdunklen Haut, dem glatten schwarzen Haar und dem mickrigen Körper seines alten Herrn. »Machen Sie sich nicht lustig, Vater, bitte. Hören Sie uns zu. Es ist zu Ihrem Wohl.«
»Na schön, einverstanden, ich höre zu. Worum geht’s, Jungs?«
»Nach dieser Anzeige, die Sie in El Tiempo aufgegeben haben, sind Sie in großer Gefahr«, sagte Miguel.
»Ich weiß nicht, ob Ihnen klar ist, in wie großer, Vater«, fügte Tiburcio hinzu. »Als hätten Sie sich selber den Strick um den Hals gelegt.«
»In Gefahr war ich schon vorher«, korrigierte sie Felícito. »Das sind wir alle. Gertrudis und auch ihr. Seit dem ersten Erpresserbrief von diesen Arschlöchern. Es mag euch nicht bewusst sein, aber die Sache betrifft nicht nur mich, sondern die ganze Familie. Schließlich werdet ihr Transportes Narihualá einmal erben, etwa nicht?«
»Aber jetzt ist die Firma gefährdeter als vorher, Vater«, sagte Miguel. »Sie haben sie öffentlich herausgefordert, da können sie nicht einfach die Hände in den Schoß legen. Sie haben sie lächerlich gemacht, dafür werden sie sich rächen. Das sagen alle in Piura.«
»Genau«, fiel Tiburcio ein, »die Leute kommen auf uns zu und warnen uns, ›Passt auf euren Vater auf, Jungs, so etwas werden diese Kerle ihm nicht verzeihen.‹ Das kriegen wir überall zu hören.«
»Das heißt, ich bin es, der sie provoziert, die Ärmsten.« Felícito rang um Fassung. »Ich werde bedroht, mein Büro wird niedergebrannt, und der Provokateur bin ich, weil ich ihnen mitteile, dass ich mich nicht erpressen lasse wie diese Weicheier von Kollegen.«
»Wir kritisieren Sie doch nicht, Vater, im Gegenteil«, nahm Miguel wieder Anlauf. »Wir helfen Ihnen, wir sind stolz darauf,dass Sie die Anzeige aufgegeben haben. Sie haben dem Namen der Familie alle Ehre gemacht.«
»Aber wir wollen nicht, dass man Sie tötet, verstehen Sie doch«, sprang Tiburcio ihm bei. »Es wäre klüger, einen Leibwächter anzuheuern. Wir haben uns erkundigt, es gibt da eine sehr seriöse Firma. Sie bietet ihre Dienste allen hohen Tieren in Piura an. Bankiers, Landwirten, Minenbesitzern. Und es ist gar nicht so teuer, hier haben wir die Preise.«
»Einen Leibwächter?« Felícito musste lachen, ein gezwungenes,
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