Ein diskreter Held
Körper mitspielt, muss man zugreifen, meine Liebe.« Sie war nicht besonders hübsch, hatte aber eine attraktive Figur und machte sich geschmackvoll zurecht. Deshalb, auch wegen ihrerungezwungenen Art, hatte sie bei den Männern Erfolg. Als sie aus dem Kino kamen, schlug Zoila ihr vor, zum Abendessen mit zu ihr nach Hause zu kommen, aber Mabel mochte nicht, sie wollte nicht so spät allein nach Castilla zurückkehren.
Sie nahm sich ein Taxi, und während die alte Kiste in das schon halb dunkle Viertel eintauchte, sagte sich Mabel, dass es im Grunde ein Glück war, dass die Polizei die Geschichte mit der Entführung vor der Presse geheim gehalten hatte. Sie dachten, auf diese Weise würden sie die Erpresser aus dem Konzept bringen und hätten es leichter, sie zu schnappen. Aber sie war fest davon überzeugt, dass die Nachricht jeden Moment in die Zeitungen gelangte, ins Radio und ins Fernsehen. Und wenn dann der Skandal losbrach, was würde aus ihrem Leben? Vielleicht sollte sie lieber auf Felícito hören und Piura eine Zeitlang verlassen. Warum nicht nach Trujillo? Es hieß, Trujillo sei eine große, moderne, aufstrebende Stadt, mit einem schönen Strand und Häusern und Parks aus der Kolonialzeit. Und das Marinera-Festival, das dort jedes Jahr im Sommer stattfand, sei auch einen Besuch wert. Ob dieses Polizistenpärchen in Zivil ihr im Auto oder auf dem Motorrad folgte? Sie schaute durch die Heckscheibe, nach rechts und nach links, sah aber kein Fahrzeug. Vielleicht war das mit dem Polizeischutz nur ein Märchen. Man musste schon strohdumm sein, um den Versprechungen der Bullen zu glauben.
Sie stieg aus, zahlte und ging die paar Schritte von der Ecke zu ihrem Haus mitten auf der leeren Straße, auch wenn in fast allen Türen und Fenstern der Nachbarhäuser die fahlen Lichter des Viertels schimmerten. In ihrem Schein erkannte sie die Umrisse von Menschen. Den Hausschlüssel hielt sie bereit. Sie öffnete, trat ein, und als sie die Hand nach dem Lichtschalter ausstreckte, spürte sie, wie eine andere Hand dazwischenging, sie zurückhielt, ihr den Mund zudrückte, den Schrei erstickte, während zugleich ein männlicher Körper sich an sie schob und eine bekannte Stimme ihr ins Ohr flüsterte: »Ich bin’s, hab keine Angst.«
»Was machst du denn hier?« Mabel zitterte. Wenn er sienicht festhielte, dachte sie, würde sie zu Boden sinken. »Bist du verrückt geworden, du … Hast du sie nicht mehr alle!«
»Ich bin so geil auf dich«, sagte Miguel, und Mabel spürte seine fiebrigen Lippen an ihrem Ohr, ihrem Hals, eifrig, begierig, während seine starken Arme sie drückten und seine Hände sie überall berührten.
»Du Blödmann, Schwachkopf, Vollidiot!« Sie wehrte sich wütend. Vor Schreck und Empörung war ihr schwindlig. »Weißt du nicht, dass ein Polizist das Haus überwacht? Weißt du nicht, was uns wegen dir jetzt passieren kann, du Riesentrottel?«
»Niemand hat mich gesehen, der Polizist ist in der Kneipe an der Ecke und trinkt einen Kaffee, es war keiner auf der Straße.« Miguel umarmte sie weiter, küsste sie, rieb sich an ihr. »Komm, gehen wir ins Bett, ich bums dich und bin wieder weg. Komm, Cholita.«
»Mieser Lump, du, Schuft, wie kannst du es wagen herzukommen, du bist verrückt.« Sie standen weiter im Dunkeln, und sie versuchte sich zu wehren und ihn fortzuschieben, doch zugleich spürte sie, wie ihr Körper trotz aller Angst und Wut schwach wurde. »Ist dir nicht klar, dass du mein Leben zerstörst, verfluchter Kerl? Und deines auch, du Miststück.«
»Ich schwöre dir, mich hat keiner gesehen, ich war supervorsichtig«, sagte er und zerrte an ihrem Kleid, um sie auszuziehen. »Komm, komm. Ich habe Lust, ich bin geil auf dich, ich will, dass du schreist, ich liebe dich.«
Dann wehrte sie sich nicht länger. Immer noch im Dunkeln, überdrüssig, erschöpft, ließ sie zu, dass er sie auszog und aufs Bett warf, und für ein paar Minuten gab sie sich der Lust hin. Aber konnte man das Lust nennen? Jedenfalls war es ganz anders als andere Male. Angespannt, verkrampft, schmerzhaft. Nicht einmal auf dem Gipfel der Erregung, kurz vor dem Ende, schaffte sie es, die Bilder von Felícito aus ihrem Kopf zu verbannen, die Bilder der Polizisten, als die sie auf dem Revier verhörten, des Skandals, der losbrechen würde, sobald die Nachricht in die Presse gelangte.
»Jetzt hau schon ab und betritt das Haus nicht wieder, bis alles vorbei ist«, sagte sie, als sie spürte, wie Miguel sie losließ, um
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