Ein diskreter Held
sich auf den Rücken zu rollen. »Wenn wegen dieser Dummheit dein Vater davon erfährt, räche ich mich. Und glaub mir, es wird dir leidtun. Du wirst es dein Leben lang bereuen, Miguel.«
»Ich habe dir gesagt, mich hat niemand gesehen. Das schwöre ich. Sag wenigstens, ob es dir gefallen hat.«
»Es hat mir überhaupt nicht gefallen, und ich hasse dich aus tiefster Seele, damit du es weißt«, sagte Mabel, schob Miguels Hand weg und erhob sich. »Jetzt geh endlich und pass auf, dass niemand dich sieht. Komm nicht wieder her, du Hornochse. Wegen dir kommen wir noch ins Gefängnis, Blödmann, wieso kapierst du das nicht.«
»Schon gut, ich gehe, reg dich ab.« Miguel stand auf. »Die Beleidigungen nehme ich hin, weil du nervös bist. Sonst würde ich sie dir ins Maul stopfen, Schnuckelchen.«
Im Halbdunkel nahm sie wahr, wie Miguel sich anzog. Schließlich beugte er sich über sie, um sie zu küssen, und mit jener Vulgarität, die ihm bei diesen intimen Gelegenheiten immer aus allen Poren quoll, sagte er:
»Solange du mir gefällst, komme ich dich bumsen, wann immer mein Schwanz es so will, Cholita.«
»Acht oder zehn Jahre Gefängnis sind kein Pappenstiel, Mabelita«, sagte Hauptmann Silva, und ein weiteres Mal war seine Stimme umgeschlagen; jetzt klang sie traurig, mitfühlend. »Erst recht nicht im Frauengefängnis von Sullana. Die Hölle. Und ich sage dir, da kenne ich mich aus. Die meiste Zeit gibt es weder Wasser noch Strom. Die Insassinnen schlafen zusammengepfercht, zwei oder drei auf einer Pritsche und mit ihren Kindern, viele auf dem Boden, es stinkt nach Kacke und Pisse, denn weil die Klos fast immer kaputt sind, verrichten sie ihre Notdurft über Eimern oder Plastiktüten, und die werden nur einmal am Tag abgeholt. Kein Körper hält solche Verhältnisse lange aus. Erst recht nicht so ein Mädel wie du, das an ein anderes Leben gewöhnt ist.«
Auch wenn sie am liebsten geschrien und ihn beschimpfthätte, schwieg Mabel. Sie war nie im Frauengefängnis von Sullana gewesen, hatte es im Vorbeifahren aber mal von außen gesehen. Sie ahnte, dass der Hauptmann nicht übertrieb.
»Nach einem Jahr oder anderthalb unter Prostituierten, Mörderinnen, Diebinnen, Drogenhändlerinnen, von denen viele im Gefängnis verrückt geworden sind, wird eine junge und schöne Frau wie du alt, hässlich und neurotisch. Das wünsche ich dir nicht, Mabelita.«
Der Hauptmann tat einen Seufzer des Mitleids mit dem möglichen Schicksal der Hausherrin.
»Du wirst sagen, das sei fies von mir, dir ein solches Bild zu zeichnen«, fuhr der Kommissar unerbittlich fort. »Du irrst dich. Weder der Sergeant noch ich sind Sadisten. Wir wollen dich nicht ängstigen. Sag selbst, Lituma.«
»Natürlich nicht, ganz im Gegenteil«, sagte der Sergeant und rutschte wieder in seinem Sessel. »Wir meinen es nur gut mit Ihnen, Señora.«
»Wir wollen dir dieses Elend ersparen.« Hauptmann Silva zog ein Gesicht, dass es fast aus den Fugen sprang, so als hätte er eine fürchterliche Vision, und entsetzt hob er die Hände: »Der Skandal, der Prozess, die Verhöre, der Knast. Ist dir das klar, Mabel? Wir wollen nicht, dass du wegen Komplizenschaft mit diesen Verbrechern büßen musst, sondern dass du weiter dein schönes Leben führen kannst, unbescholten. Verstehst du jetzt, warum ich sagte, unser Besuch ist nur zu deinem Besten? So ist es, Mabelita, sieh es endlich ein.«
Sie hatte schon geahnt, worum es ging, war von der Angst in die Wut gestürzt und von der Wut in eine tiefe Niedergeschlagenheit. Erneut fühlte sie eine Müdigkeit, dass die Lider immer schwerer wurden und sie kurz die Augen schließen musste. Könnte sie nur schlafen, das Bewusstsein und das Gedächtnis verlieren, gleich hier, zusammengekauert im Sessel. Vergessen, spüren, dass nichts von alldem passiert war, dass das Leben weiterging wie zuvor.
Mabel stellte sich ans Fenster und sah bald, wie Miguel hinausging und verschwand, nach nur wenigen Metern verschluckt von den Schatten. Sie schaute in alle Richtungen. Es war niemand zu sehen. Aber das beruhigte sie nicht. Der Polizist konnte im Eingang eines benachbarten Hauses Posten bezogen und ihn von dort aus gesehen haben. Er würde seinen Vorgesetzten berichten, und die Polizei informierte dann Don Felícito Yanaqué: »Ihr Sohn und Angestellter, Miguel Yanaqué, besucht nachts das Haus Ihrer Geliebten.« Und schon bräche der Skandal los. Was passierte dann mit ihr? Während sie sich im Badezimmer wusch, die Bettlaken
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