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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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wechselte und bei brennendem Nachttischlämpchen einzuschlafen versuchte, fragte sie sich ein weiteres Mal, wie so oft in diesen letzten zweieinhalb Jahren, in denen sie sich heimlich mit Miguel traf, auf welche Weise Felícito wohl reagieren würde, wenn er davon erführe. Er war keiner von denen, die das Messer oder den Revolver ziehen, um ihre Ehre wiederherzustellen, die glauben, das Blut könnte sie von einer Schmach im Bett reinigen. Aber er würde sie verlassen, und dann stand sie auf der Straße. Die Ersparnisse reichten kaum für ein paar Monate, und das auch nur, wenn sie sich sehr einschränkte. Es wäre nicht leicht, wieder eine so bequeme Beziehung zu finden wie mit dem Chef von Transportes Narihualá. Sie war dumm gewesen. Unglaublich dumm. Es war ihre Schuld. Sie hatte immer gewusst, dass sie früher oder später teuer dafür bezahlen müsste. Sie war so entmutigt, dass an Schlaf nicht zu denken war. Nur an Albträume. Eine weitere solche Nacht.
    Immer wieder nickte sie ein, und dazwischen Anfälle von Panik. Sie war eine realistische Frau, nie hatte sie ihre Zeit damit verloren, sich selbst zu bemitleiden oder ihre Irrtümer zu beklagen. Doch am meisten im Leben bereute sie, dass sie dem Drängen dieses jungen Mannes nachgegeben hatte, der sie verfolgte, aufsuchte und umwarb; dass sie ihn erhörte, ohne zu ahnen, dass er ein Sohn von Felícito war. Begonnen hatte es vor zweieinhalb Jahren, als sie auf einmal merkte, wie ihr auf der Straße, in einem Geschäft, Restaurant oder Café im Zentrum von Piura immer wieder dieser hellhäutige, athletische, gut aussehende und gut gekleidete junge Mann über den Weg lief, derihr verführerische Blicke zuwarf und dabei so kokett lächelte. Sie hatte sich lange bitten und in der einen oder anderen Konditorei einen Fruchtsaft spendieren lassen, war mit ihm essen gegangen und ein paarmal zum Tanzen in eine Diskothek am Fluss; und erst als sie schließlich einwilligte, mit ihm ins Bett zu gehen, in einer Pension in der Nähe des Wasserwerks, erfuhr sie, wer er war. Verliebt war sie nie in Miguel. Das heißt, Mabel verliebte sich nie in jemanden, schon als junges Mädchen nicht, vielleicht weil es ihrem Wesen nicht entsprach oder auch wegen der Sache mit ihrem Stiefvater, als sie dreizehn war. Schon in jungen Jahren hatte sie mit ihren ersten Verehrern so viele Enttäuschungen erlebt, dass sie seither nur Liebschaften hatte, einige länger als andere, andere kaum länger als ein Wimpernschlag, an denen ihr Herz aber niemals beteiligt war, nur ihr Körper und ihr Verstand. So, glaubte sie, wäre es sicher auch mit Miguel; nach zwei oder drei Begegnungen, sobald sie es beschloss, verliefe die Sache im Sande. Aber diesmal war es nicht so. Der Junge hatte sich verliebt und hing wie eine Klette an ihr. Mabel merkte, dass die Beziehung zu einem Problem wurde, und wollte sie beenden. Aber sie konnte nicht. Das einzige Mal, dass sie es nicht schaffte, sich von einem Liebhaber zu trennen. Einem Liebhaber? Nicht ganz, denn da er ein armer Schlucker war und knausrig noch dazu, machte er ihr nur selten Geschenke, führte sie nie an elegante Orte aus, auch hatte er ihr klargemacht, dass sie nie eine förmliche Beziehung haben würden, er sei keiner dieser Männer, die sich fortpflanzen und eine Familie haben wollten. Mit anderen Worten, sie interessierte ihn nur im Bett.
    Als sie die Trennung erzwingen wollte, drohte er, alles seinem Vater zu erzählen. Seither wusste sie, dass die Geschichte böse enden würde, und sie selbst war die Dumme.
    »Tätige Zusammenarbeit mit der Justiz«, erklärte Hauptmann Silva und lächelte schwungvoll. »So heißt das bei den Juristen, Mabelita. Das Schlüsselwort ist nicht Zusammenarbeit, sondern tätig. Das heißt, die Zusammenarbeit muss aktiv sein und Früchte tragen. Wenn du aufrichtig mitarbeitest und deineHilfe uns erlaubt, die Täter, die dir diesen Mist eingebrockt haben, hinter Schloss und Riegel zu bringen, bleibt dir das Gefängnis erspart und vielleicht sogar der Prozess. Und sehr zu Recht, denn du bist auch ein Opfer dieser Banditen. Du wärst aus dem Schneider, Mabelita, mit blütenweißer Weste!«
    Der Hauptmann zog ein paarmal an seiner Zigarette, und sie sah, wie die Rauchwölkchen das bisschen Luft im Wohnzimmer noch mehr vernebelten und sich nach und nach auflösten.
    »Du fragst dich jetzt bestimmt, welche Art von Zusammenarbeit wir von dir erwarten. Warum erklärst du es ihr nicht, Lituma.«
    Der Sergeant nickte.
    »Erst

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