Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
einmal möchten wir, dass Sie sich nichts anmerken lassen, Señora«, sagte er sehr respektvoll. »So wie Sie sich die ganze Zeit gegenüber dem Herrn Yanaqué und gegenüber uns verstellt haben. Genau so. Miguel weiß nicht, dass wir alles wissen, und Sie sagen ihm kein Wort und tun weiter, als hätte es dieses Gespräch nie gegeben.«
    »Genau das wollen wir von dir«, fuhr Hauptmann Silva fort. »Ich sage es ganz offen und gebe dir einen weiteren Beweis unseres Vertrauens. Deine Mitarbeit kann uns sehr nützlich sein. Nicht um Miguel Yanaqué zu schnappen. Den haben wir längst am Wickel, keinen Schritt kann der mehr tun, ohne dass wir davon erfahren. Dagegen ist uns noch nicht klar, wer die Komplizen sind, wir kennen sie nicht. Mit deiner Hilfe stellen wir ihnen eine Falle und schicken sie ins Gefängnis, denn da gehört die Mafia hin, nicht auf die Straße, wo sie den anständigen Leuten das Leben sauer macht. Du würdest uns einen großen Dienst erweisen. Wir vergelten es dir ebenfalls mit einem großen Gefallen. Aus meinem Mund spricht nicht nur die Nationalpolizei. Auch die Justiz. Mein Vorschlag hat die Zustimmung des Staatsanwalts. Du hast richtig gehört, Mabelita. Des Herrn Staatsanwalts Doktor Hernando Símula! Mit mir hast du das große Los gezogen, Mädchen.«
    Seither war sie nur weiter mit Miguel gegangen, damit erseine Drohung nicht wahrmachte und ihre Liebschaft Felícito verriet, »selbst wenn der Alte dir vor Verzweiflung eine Kugel in den Kopf jagt und mir auch, Cholita«. Sie wusste, zu welchem Unsinn ein eifersüchtiger Mann fähig war. Im Grunde ihres Herzens hoffte sie, dass irgendwas passierte, ein Unfall, eine Erkrankung, egal was, und sie aus diesem Schlamassel befreite. Sie versuchte Miguel auf Abstand zu halten, erfand Ausreden, um nicht mit ihm auszugehen und ihm auch nicht gefällig zu sein. Aber manchmal blieb ihr nichts anderes übrig, und sie begleitete ihn, wenn auch lustlos und voller Angst, in armselige Kneipen, zum Tanzen in schäbige Diskotheken, schlief mit ihm in Absteigen, die an der Straße nach Catacaos Zimmer stundenweise vermieteten. Sehr selten nur hatte sie ihm erlaubt, sie in ihrem Häuschen in Castilla zu besuchen. Als Mabel einmal nachmittags mit ihrer Freundin Zoila zum Tee ins El Chalán ging, stand sie plötzlich vor Miguel. Er saß dort mit einem eleganten jungen Ding, beide turtelnd und Händchen haltend. Sie sah, wie der Junge rot wurde und den Kopf abwandte, um sie nicht zu grüßen. Statt Eifersucht verspürte sie Erleichterung. Ja, jetzt war eine Trennung möglich. Aber als sie sich das nächste Mal sahen, winselte Miguel, bat um Verzeihung, schwor ihr, dass er es bereue, Mabel sei die Liebe seines Lebens und so weiter. Und sie, wie konnte sie nur so dumm sein, verzieh ihm.
    An diesem Morgen nun, nachdem sie in der Nacht wieder kaum ein Auge zugetan hatte, fühlte Mabel sich wie erschlagen, ihr Kopf war ein einziger Hinterhalt. Auch tat ihr der gute Felícito leid. Nie hätte sie sich mit Miguel eingelassen, wenn sie gewusst hätte, dass der sein Sohn war. Schon seltsam, dass er einen Sohn gezeugt hatte, der so weiß war, so hübsch. Felícito war nicht der Typ Mann, in den eine Frau sich verliebt, aber dafür hatte er die Eigenschaften, für die eine Frau einen Mann liebgewinnt. Sie hatte sich an ihn gewöhnt und betrachtete ihn nicht als einen Liebhaber, eher als einen Freund und Vertrauten. Er gab ihr Sicherheit, das Gefühl, dass er sie, wenn er in ihrer Nähe war, aus jeder Schwierigkeit herausholen konnte. Erwar ein anständiger Mensch, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, einer dieser Männer, denen man vertrauen kann. Sie würde es sehr bedauern, ihn zu verbittern, zu verletzen, zu kränken. Denn es täte ihm sehr weh, wenn er erführe, dass sie mit Miguel geschlafen hatte.
    Als es gegen Mittag klingelte, hatte sie das Gefühl, dass die Bedrohung, die sie in der Nacht schon gespürt hatte, Wirklichkeit wurde. Sie machte auf, und vor der Tür standen Hauptmann Silva und Sergeant Lituma. Mein Gott, was jetzt wohl passierte.
    »Du hast die Abmachung verstanden, Mabelita«, sagte Hauptmann Silva, und als fiele ihm etwas ein, schaute er auf die Uhr und erhob sich. »Du musst jetzt nicht antworten, klar. Ich gebe dir Zeit bis morgen, um dieselbe Uhrzeit. Überleg es dir. Wenn dieser Verrückte von Miguel dich wieder besuchen sollte, erzähl ihm bloß nichts von unserem Gespräch. Denn das würde bedeuten, dass du dich für die Mafia entschieden hast und

Weitere Kostenlose Bücher