Ein Doppelleben im Kosmos
bewußt kontrollieren muß, sonst zischt man wie ein Teekessel, da das Teufelsding auf Druckveränderung reagiert. Glücklicherweise glich der Pilot, nachdem wir alle unsere Masken angelegt hatten, den Druck dem auf der Oberfläche des Mars herrschenden an, so daß ich zwanzig Minuten Zeit hatte, mich daran zu gewöhnen. Aber ein paar Sekunden lang dachte ich, das Spiel wäre verloren, bloß wegen so eines albernen Apparats. Aber ich stellte mir vor, ich hätte das Ding schon Hunderte von Malen getragen und sei genauso daran gewöhnt wie an meine Zahnbürste. Und da glaubte ich es auch.
Dak hatte es fertiggebracht, ein langes Geplauder des Gouverneurs mit mir während des Landungsflugs zu verhindern, aber er hatte ihn nicht ganz ausschalten können, denn der Gouverneur war bei der Landung unseres Schiffes auf dem Flugplatz anwesend. Die knappe Zeit bewahrte mich davor, mit anderen Menschen zusammenzutreffen, da ich mich sofort in die Marsstadt begeben mußte. Es erschien mir sonderbar, daß ich unter Marsbewohnern sicherer sein würde als unter meinesgleichen. Noch sonderbarer erschien mir, daß ich überhaupt auf dem Mars war.
Kapitel 5
Gouverneur Boothroyd war natürlich von der Menschheitspartei ernannt worden, genau wie alle seine Mitarbeiter, außer den technischen Angestellten des Zivildienstes. Aber Dak hatte mir gesagt, daß mit mindestens sechzig Prozent Sicherheit anzunehmen sei, daß Boothroyd nichts mit der Verschwörung zu tun habe. Dak hielt ihn für ehrenhaft, aber dumm. Übrigens glaubten Dak und Rog Clifton auch nicht, daß Ministerpräsident Quiroga bei der Entführung die Hand im Spiel hatte. Sie schrieben alles der geheimen Terroristengruppe innerhalb der Menschheitspartei zu - den »Aktionisten«, wie sie sich nannten -, und diese wiederum hielten sie für abhängig von einigen großen Geldleuten, die riesige Gewinne zu erzielen hofften.
Im Augenblick unserer Landung geschah jedoch etwas, was mich daran zweifeln ließ, daß Freund Boothroyd so ehrenhaft und dumm sei, wie Dak annahm. Es war nur eine Kleinigkeit, aber eine von jenen Kleinigkeiten, die eine Doublerolle untergraben können. Da ich ein sehr wichtiger Besucher war, erschien der Gouverneur selbst zu meiner Begrüßung. Aber ich bekleidete kein anderes öffentliches Amt außer meiner Mitgliedschaft im Parlament und reiste privat. Daher wurden mir keine öffentlichen Ehren erwiesen. Er kam allein, nur in Begleitung seines Adjutanten und eines kleinen Mädchens von etwa fünfzehn Jahren.
Ich kannte ihn von Fotos und wußte eine ganze Menge über ihn. Rog und Penny hatten mich sorgfältig instruiert. Ich schüttelte ihm die Hand, fragte nach seinem Stirnhöhlenkatarrh, dankte ihm für die angenehme Zeit, die ich bei meinem letzten Besuch hier verlebt hatte, und sprach mit seinem Adjutanten in dem herzlichen Mann-zu-Mann-Ton, der Bonforte so gut lag. Dann wendete ich mich zu dem jungen Mädchen. Ich wußte, daß Boothroyd Kinder hatte und daß eines von ihnen ein Mädchen etwa dieses Alters sein mußte. Ich wußte nicht - und vielleicht wußten Rog und Penny es auch nicht -, ob ich sie je kennengelernt hatte oder nicht.
Boothroyd selbst rettete mich. »Sie kennen meine Tochter Deirdre noch nicht, glaube ich. Sie wollte unbedingt mit hierherkommen.«
In den Filmen, die ich studiert hatte, war Bonforte nie in Gesellschaft junger Mädchen zu sehen gewesen, ich mußte also einfach Bonforte sein, ein Witwer Mitte der Fünfzig, der selbst keine Kinder und keine Nichten hatte und wahrscheinlich wenig Erfahrung mit so jungen Mädchen besaß, aber viel Erfahrung darin, mit Fremden jeder Art zusammenzutreffen. Ich behandelte sie also, als wäre sie doppelt so alt, wie sie wirklich war. Ich deutete einen Handkuß an, sie errötete und fühlte sich sichtlich geschmeichelt.
Boothroyd stand nachsichtig lächelnd daneben und sagte: »Nun, so bitte ihn doch, Kind. Vielleicht hast du später keine Gelegenheit mehr.«
Sie errötete noch tiefer und sagte: »Herr Bonforte, könnte ich wohl Ihr Autogramm bekommen? Die Mädchen in meiner Schule sammeln alle. Ich habe das von Quiroga - ich möchte auch so gerne Ihres haben.« Sie streckte mir ein kleines Buch hin, das sie auf dem Rücken gehalten hatte. Ich kam mir vor wie ein Pilot, den man nach seinem Ausweis fragt, der zu Hause in seiner andern Hose steckt. Ich hatte alles sorgfältig studiert, aber ich war nicht darauf gefaßt gewesen, Bonfortes Unterschrift fälschen zu müssen. Zum Teufel,
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