Ein Doppelleben im Kosmos
Belohnung. Wir lassen Ihnen für die Wanderung Ihre Sauerstoffmaske.«
Dak verstummte. Einen Augenblick hörte man keinen Ton als das Pfeifen der dünnen Marsluft über dem Verdeck. Ein menschliches Wesen kann auf dem Mars vielleicht einhundertfünfzig Meter ohne Sauerstoffmaske gehen, wenn es bei guter Gesundheit ist. Ich glaube einmal gelesen zu haben, daß ein Mann fast einen Kilometer weit marschiert ist, bis er starb. Ich sah auf den Geschwindigkeitsmesser und stellte fest, daß wir etwa dreiundzwanzig Kilometer von Goddard City entfernt waren.
Der Gefangene sagte langsam: »Wirklich, ich weiß nichts. Man hat mich nur dafür bezahlt, das Auto zu zertrümmern.«
»Wir werden versuchen, Ihr Gedächtnis etwas anzuregen.«
Die Tore der Marsstadt lagen dicht vor uns. Dak begann langsamer zu fahren. »Hier setzen wir Sie ab, Chef. Nehmen Sie mit Ihrem Revolver dem Chef unseren Gast ab, Rog.«
»Jawohl, Dak!« Rog rückte heran und stieß nun seinerseits dem Mann den Daumen zwischen die Rippen. Ich zog mich zurück. Dak brachte das Auto zum Stehen und hielt gerade vor den Toren.
»Noch vier Kilometer«, sagte er erfreut. »Dies ist ein gutes Auto. Ich wollte, es gehörte mir. Rog, laß mal los und mach mir Platz!«
Clifton tat es. Dak schlug dem Fahrer gewandt mit der Kante der Hand gegen die Halsseite, und der Mann sackte zusammen. »Nun wird er sich ruhig verhalten, bis Sie ausgestiegen sind. Vor den Augen der Sippe darf es keinen anstößigen Lärm geben. Wir wollen jetzt unsere Uhren vergleichen.«
Wir hatten noch dreieinhalb Minuten Zeit. »Sie erscheinen ganz genau pünktlich, verstehen Sie? Nicht früher und nicht später, sondern pünktlich auf die Minute.«
»Jawohl«, erwiderten Clifton und ich gleichzeitig.
»Sie brauchen etwa dreißig Sekunden, um die Rampe hinaufzugehen. Was wollen Sie mit den noch verbleibenden drei Minuten anfangen?«
Ich seufzte. »Meine Nerven beruhigen.«
»Ihre Nerven sind ganz in Ordnung. Der Trick vorhin war gut. Kopf hoch, alter Junge! In zwei Stunden können Sie heimkehren, und Ihre Gage wird Ihnen Löcher in die Tasche brennen. Jetzt kommt die letzte Phase.«
»Hoffentlich. Es war recht anstrengend. Hören Sie, Dak!«
»Ja?«
»Kommen Sie eine Sekunde her!« Ich stieg aus und winkte ihm, ein Stück mitzukommen. »Was geschieht, wenn ich jetzt da drin einen Fehler mache?«
»Wieso?« Dak setzte eine überraschte Miene auf, dann lachte er etwas zu herzlich. »Sie werden keinen Fehler machen. Penny hat mir gesagt, daß Sie vorzüglich sind.«
»Aber wenn ich nun versage?«
»Sie werden nicht versagen. Ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Ich habe genau das gleiche Gefühl bei meiner ersten Alleinlandung gehabt. Aber als es dann soweit war, hatte ich soviel damit zu tun, es zu schaffen, daß ich gar keine Zeit hatte, es falsch zu machen.«
Da rief Clifton, und seine Stimme klang dünn in der dünnen Luft: »Dak! Achtet ihr auf die Zeit?«
»Wir haben massenhaft Zeit. Noch über eine Minute.«
»Herr Bonforte!« Das war Pennys Stimme. Ich drehte mich um und ging zum Auto zurück. Sie stieg aus und streckte mir die Hand hin. »Viel Glück, Herr Bonforte.«
»Danke, Penny.«
Rog schüttelte mir die Hand, und Dak schlug mir auf die Schulter. »Noch fünfunddreißig Sekunden. Brechen Sie jetzt lieber auf.«
Ich nickte und stieg die Rampe hinauf. Ich mochte ein oder zwei Sekunden vor der festgesetzten Zeit oben anlangen, denn die mächtigen Tore glitten erst zurück, als ich davorstand. Ich holte tief Luft und verwünschte die verflixte Sauerstoffmaske.
Dann betrat ich meine Bühne.
Es macht keinen Unterschied, wie oft man den ersten Schritt auf die Bühne tut, wenn der Vorhang sich zur Premiere irgendeines Stückes hebt: immer stockt einem der Atem, und das Herz steht beinahe still. Gewiß weiß man Bescheid, man hat das schon oft erlebt. Aber ganz gleich: wenn man zuerst hinaustritt und fühlt, daß all diese Augen auf einen gerichtet sind und darauf warten, daß man irgend etwas tut, vielleicht auch darauf warten, daß man seinen Text zu sprechen beginnt, dann merkt man es. Deshalb gibt es Souffleusen.
Ich blickte hinaus und sah mein Publikum und wäre am liebsten weggelaufen. Ich hatte zum erstenmal seit dreißig Jahren Lampenfieber.
Die Sprößlinge der Sippe breiteten sich vor mir aus, soweit mein Auge reichte. Vor mir war ein freier Platz, und an jeder Seite waren Tausende, dicht gebündelt wie Spargel. Ich wußte, daß ich nun zunächst langsam durch die
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