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Ein Doppelleben im Kosmos

Ein Doppelleben im Kosmos

Titel: Ein Doppelleben im Kosmos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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Warum? Weil sie auf Mitglieder der Kkkah-Sippe beschränkt ist. Es ist eine Familienangelegenheit.
    Man kann einen Vergleich ziehen: Ein Mormone hat vielleicht sehr nahe, liebe Freunde, aber bedeutet diese Freundschaft etwas im Tempel in Salt Lake City? Das tut sie nicht und wird sie niemals tun. Die Marsbewohner besuchen gegenseitig ihre Sippennester sehr häufig, aber ein Marsbewohner betritt das »innere« Nest einer fremden Familie nie. Selbst seine Spaltungspartner genießen dieses Vorrecht nicht. Ich habe ebensowenig ein Recht, über die Einzelheiten der Aufnahmefeier zu berichten, wie ein Logenbruder außerhalb der Loge über die Logenbräuche reden darf.
    Die groben Umrisse spielen keine Rolle, da sie für jedes Nest gleich sind, ebenso wie die Aufnahmeriten für jeden Kandidaten die gleichen waren wie für mich. Mein Pate, Bonfortes ältester Freund unter den Marsbewohnern, Kkkahrrreash, kam mir bis zur Tür entgegen und bedrohte mich mit einer Waffe. Ich verlangte, daß er mich sogleich töte, wenn ich mich irgendeines Verstoßes schuldig gemacht hätte. Tatsächlich erkannte ich ihn nicht, obwohl ich ein Bild von ihm studiert hatte. Aber er mußte es sein, da der Brauch es so verlangte.
    Nachdem auf diese Weise festgestellt war, daß ich unbedingt für Mutterschaft, Heim und Bürgertugend eintrat und niemals den Kindergottesdienst versäumt hatte, durfte ich eintreten. Rrreash führte mich durch alle Stationen, ich wurde befragt, und ich antwortete. Jedes Wort, jede Handbewegung war so stilisiert wie eine klassisches chinesisches Theaterstück, sonst hätte ich keine Aussicht gehabt, durchzukommen. Die meisten Fragen verstand ich nicht, und die Hälfte meiner Antworten verstand ich ebenfalls nicht. Ich kannte nur die Stichworte und meine Erwiderungen. Es wurde nicht leichter durch die matte Beleuchtung, die die Marsbewohner bevorzugten. Ich tappte umher wie ein Maulwurf.
    Ich habe einmal mit Hawk Mantell zusammen gespielt, als er schon stocktaub war - kurz bevor er starb. Das war ein Ensemblemann! Er konnte nicht einmal einen Hörapparat benutzen, weil der Nerv tot war. Bisweilen konnte er die Worte von den Lippen der Mitspieler ablesen, aber das läßt sich nicht immer einrichten. Er hatte selbst die Spielleitung, und es klappte alles vorzüglich. Ich habe erlebt, wie er eine Zeile sprach, sich entfernte, dann herumfuhr und eine Erwiderung auf eine Zeile gab, die er überhaupt nicht gehört hatte, aber sein Einsatz kam immer genau im richtigen Moment.
    So ungefähr war es auch hier. Ich beherrschte meine Rolle, und ich spielte sie. Wenn sie etwas verpatzten, war es ihre Sache!
    Aber es hob meine Stimmung nicht, daß nie weniger als ein halbes Dutzend Waffen gleichzeitig auf mich gerichtet waren. Ich sagte mir, daß man mich wegen eines Irrtums nicht gleich niederschießen würde. Schließlich war ich doch nur ein armes, dummes menschliches Wesen, und sie wurden mich doch wenigstens um meiner Bemühungen willen passieren lassen. Aber in Wirklichkeit glaubte ich nicht daran.
    Nach einer endlosen Zeit, die mir wie viele Tage vorkam - was aber nicht stimmte, da die ganze Feier nur genau ein Neuntel der Marsumdrehung dauerte -, gingen wir zu Tisch. Ich weiß nicht, was wir aßen, und wahrscheinlich ist das auch gleichgültig. Es vergiftete mich nicht.
    Darauf hielten die Älteren ihre Reden. Ich trug zur Erwiderung meinen Dank vor, und sie gaben mir meinen Namen und meine Waffe. Ich war nun ein Marsbewohner.
    Ich wußte nicht, wie ich die Waffe anwenden könnte, und mein Name klang wie ein tröpfelnder Wasserhahn, aber von diesem Augenblick an war es mein rechtmäßiger Name auf dem Mars, und ich war nach dem Gesetz ein Blutsmitglied der aristokratischsten Familie auf dem Planeten, genau zweiundfünfzig Stunden, nachdem eine gänzlich abgebrannte Erdschnecke ihren letzten halben Imperial geopfert hatte, um in der Bar von Casa Manana für einen Fremden einen Drink zu bezahlen.
    Das ist wohl Beweis genug, daß man sich nie mit Fremden einlassen sollte.
    Ich entfernte mich so schnell wie möglich. Dak hatte für mich eine Rede aufgesetzt, in der ich die Notwendigkeit betonte, sofort aufzubrechen, und sie ließen mich gehen. Ich war nervös wie ein Mann in einem Frauenklub, denn jetzt würde ich nicht mehr durch irgendwelche Bräuche gestützt. Ich will damit sagen: jedes zufällige gesellschaftliche Verhalten war noch immer durch undurchsichtige und gefährliche Sitten eingeengt - und ich kannte die Regeln nicht.

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