Ein Doppelleben im Kosmos
Willem zahle ihnen ein Jahrgeld, um seinem Hof Glanz zu geben. Andere behaupteten, er wolle sie im Auge behalten, um sie von der Politik und anderem Unfug abzulenken. Vielleicht war beides richtig. Auch der nichtkönigliche Adel von zwölf Nationen war anwesend, und einige von diesen Herren arbeiteten tatsächlich für ihren Lebensunterhalt.
Schließlich legte Willem das leere Blatt aus der Hand. Musik und Unterhaltung verstummten sofort.
In der Totenstille sagte er: »Sie haben eine wackere Gruppe in Vorschlag gebracht. Wir sind gesonnen, sie zu genehmigen.«
»Majestät sind sehr gnädig.«
»Wir werden noch überlegen und Sie dann benachrichtigen.« Er beugte sich vor und sagte leise zu mir allein: »Versuchen Sie nicht diese vertrackten Stufen rückwärts hinunterzugehen. Stehen Sie nur auf. Ich werde mich sofort entfernen.«
»Danke, Majestät!« flüsterte ich zurück.
Er stand auf, worauf ich mich hastig erhob, und er war mit flatterndem Mantel verschwunden. Ich drehte mich um und bemerkte einige verwunderte Blicke. Aber die Musik setzte sofort wieder ein, und ich konnte hinausgehen, während die adligen und königlichen Statisten wieder höfliche Unterhaltungen führten.
Pateel war neben mir, sobald ich den Eingang erreicht hatte. »Bitte hier entlang, mein Herr.«
Die Prunkvorstellung war vorbei. Jetzt kam die wirkliche Audienz.
Er führte mich durch eine kleine Tür, einen leeren Korridor entlang, wieder durch eine kleine Tür und in ein ganz gewöhnliches Büro. Das einzig Königliche darin war das geschnitzte Wappen des Hauses Oranien mit dem unsterblichen Wahlspruch »Je maintiendrai«. Da stand ein großer, flacher, mit Papieren bedeckter Schreibtisch. In der Mitte lag das Original der in meiner Tasche befindlichen Liste, von zwei versilberten Babyschuhen gehalten. In einem kupfernen Rahmen stand davor ein Familiengruppenbild mit der verstorbenen Kaiserin und den Kindern. Eine etwas mitgenommene Couch war an der einen Wand aufgestellt, und darüber eine kleine Bar. Vor dem Schreibtisch stand ein Drehstuhl, und es waren noch einige Sessel vorhanden. Die übrige Einrichtung hätte in das Arbeitszimmer eines vielbeschäftigten Hausarztes gepaßt.
Pateel ließ mich dort allein und schloß die Tür hinter sich. Ich hatte keine Zeit zu überlegen, ob es passend für mich sei, mich hinzusetzen oder nicht, denn schon trat der Kaiser rasch durch eine gegenüberliegende Tür ein.
»Einen Augenblick, Joseph«, rief er, »ich komme gleich!« Er ging in Begleitung von zwei Dienern, die ihn während des Geschehens entkleideten, durch das Zimmer und eilte durch eine dritte Tür hinaus.
Fast sofort kam er wieder herein und schloß beim Eintreten den Reißverschluß seines Overalls. »Sie sind auf dem kürzeren Wege hergekommen. Ich mußte einen großen Umweg machen. Ich werde darauf bestehen, daß der Palastingenieur vom Thronsaal aus einen Tunnel hierher legt, weiß Gott, das werde ich tun. Ich mußte um drei Seiten des Quadrats herumgehen, wenn ich nicht, aufgeputzt wie ein Zirkuspferd, durch halböffentliche Gänge gehen wollte!« Er fügte nachdenklich hinzu: »Ich trage nie etwas anderes als Unterzeug unter diesen albernen Gewändern.«
»Ich bezweifle, daß sie so unbequem sind wie diese Affenjacke, die ich anhabe, Majestät«, sagte ich.
Er zuckte die Schultern. »Nun ja, wir müssen beide die Unbequemlichkeiten unserer Stellung ertragen. Haben Sie sich nicht einen Drink eingeschenkt?« Er ergriff die Liste mit den vorgeschlagenen Ministernamen. »Tun Sie das, und schenken Sie mir auch einen ein!«
»Was möchten Sie haben, Majestät?«
»Wie?« Er blickte auf und sah mich scharf an. »Wie gewöhnlich. Whisky mit Eis natürlich.«
Ich sagte nichts, sondern schenkte ein und verdünnte meinen Whisky mit Wasser. Ich hatte ein plötzliches Frösteln empfunden. Wenn Bonforte wußte, daß der Kaiser immer Whisky mit Eiswürfeln nahm, hätte es in seiner Farley-Akte stehen müssen. Es stand aber nicht darin.
Aber Willem nahm den Drink ohne weitere Bemerkungen, murmelte: »Heiße Düsen!« und blickte wieder auf die Liste. Dann machte er ein paar Schritte hin und zurück, sah auf und sagte: »Was ist mit diesen Burschen, Joseph?«
»Es ist natürlich ein Interimskabinett, Majestät.« Wir hatten, wo es möglich war, Ersatznamen eingefügt, und Bonforte würde außer dem Amt des Ministerpräsidenten das des Verteidigungs- und des Schatzministers übernehmen. Die Ministerien für Forschung und
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