Ein Drama für Jack Taylor
Supermodel-Territorium. Plus, sie sah aus wie knapp sechzehn.
Ich konnte nicht anders:
»Sind Sie ein Doktor?«
Tolles Lächeln. Sie hatte diese Reaktion schon vorher erlebt, besonders von zusammengeschlagenen alten Männern. Sie antwortete:
»Ich bin Dr. Lawlor. Wie fühlen Sie sich?«
»Verwirrt … und durstig.«
Sie nahm meine Patientenkarte, sagte:
»Sie haben eine sehr ernsthafte Tracht Prügel über sich ergehen lassen müssen. Die Polizei wird Sie befragen wollen. Ihre Nase ist gebrochen …«
Sie hielt inne, sah mich intensiv an, fuhr fort:
»Aber nicht zum ersten Mal. Ihre Nase war vorher schon mehrmals gebrochen. Waren Sie Rugbyspieler?«
»Kaum.«
Sie war nicht glücklich ob meines Tons; aber ihr Glück stand auf meiner Prioritätenliste ganz weit unten. Als ich nichts weiter sagte, sagte sie:
»Sie haben ein paar gebrochene Rippen, und das Atmen könnte Ihnen Schwierigkeiten bereiten. Ihr rechtes Knie wurde ernsthaft beschädigt. Wir haben einen Stift eingesetzt. Es ist sehr gut möglich, dass Sie leicht hinken werden. Aber das kriegen wir mit der Physio hin.«
Ich wollte eine Zigarette … und was zu trinken. Aber hauptsächlich wollte ich raus, fragte:
»Wann kann ich weg?«
Sie lächelte, fragte:
»Dringende Geschäfte?«
»Ja.«
Sie überflog wieder die Karteikarte, sagte:
»Ich sehe nicht, warum Sie nicht in einer Woche wieder auf den Beinen sein sollten.«
Das waren fünf Tage. Als ich zum ersten Mal aus dem Bett stieg, fiel ich fast vornüber. Vom Knie wummerte eine Scherbe aus Schmerz durch meinen Organismus. Ich verschlang Schmerztabletten, sagte den Krankenschwestern, ich hätte Schwierigkeiten zu schlafen, und kriegte Schlaftabletten.
Sie funktionierten.
Jeff kam zu Besuch, brachte Trauben mit. Ich sagte:
»Ich hasse Weintrauben.«
Er sah genau aus wie immer, wie ein halbherziger Hippie. Langes graues Haar zum Pferdeschwanz zusammengezogen, schwarze 501er Jeans, Weste und gut abgetragene Stiefel. Er hätte lächerlich wirken müssen, aber bei ihm haute es hin. Seine Bewegungen waren lässig, wie stoned, und dabei rührte er keinerlei Dope an. Er machte es sich auf dem Stuhl bequem, und ich fragte:
»Wie geht’s dem Baby?«
»Das Baby ist fast drei und kann immer noch nicht laufen. Beim Down-Syndrom muss man Reserven haben, falls du verstehst, was ich meine.«
Verstand ich nicht.
Ursprünglich hatte ihn die Behinderung seiner Tochter fast umgebracht, aber inzwischen kam er damit zurecht. Er fragte, indem er auf meinen Zustand anspielte:
»Hat das mit einem Fall zu tun?«
Ich erwog, ihm alles darzulegen, denn er war mein Freund, sagte aber:
»Nein, was Persönliches.«
Er schluckte das, und ich begann, mich aus dem Bett zu quälen. Er stand auf, um zu helfen, und ich sagte:
»Nein, ich muss das selbst können.«
Ein kurzes Lächeln, und er erwiderte:
»Wie alles andere auch … Du bist der Letzte der Unabhängigen, wie Walter Matthau in Charley Varrick. «
Gehen war eine Viehcherei. Sie hatten mir eine Gehhilfe gegeben, aber ich weigerte mich, sie zu benutzen. Fing an, aus der Station hinauszuhumpeln, Jeff schlich im Gleichschritt mit. Ich sah, wie die Schwestern ihn anstarrten; er war einem Hell’s Angel nicht unähnlich, der sich für seinen Prozess fein gemacht hatte. Er besaß tatsächlich eine Harley, die Softtail Custom. Auf halbem Wege den Korridor entlang gibt es eine Nische in der Wand, mit Schildern, auf denen gemahnt wurde:
RAUCHEN VERBOTEN .
Drei Patienten, die alle ihren Tropf hinter sich hergezogen hatten, hockten dort zusammengepfercht und qualmten wie die Geistesgestörten. Man konnte sie durch den blauen Schleier kaum sehen.
Jeff sagte:
»Sag mir, dass wir uns da nicht hinsetzen werden.«
Ich setzte mich hin.
Jeff seufzte, fragte:
»Können wir nicht wohin, wo es ein bisschen privat ist?«
Der Patient neben mir hatte gelbe Haut, dünn wie Nebel, und wenn er inhalierte, verschwanden seine Backenknochen. Ich fragte:
»Hättest eine übrig, Kumpel?«
Er nickte, kramte in seinem Bademantel, zog eine zerknitterte Packung Player’s hervor, die alte Zigarettenschachtel mit dem Seemann vorne drauf. Ich dachte, die würden gar nicht mehr hergestellt. Ich nahm eine, glättete die Falten, klopfte sie mir aufs Handgelenk, um losen Tabak zurückzustopfen, und steckte sie in den Mund. Der Mann holte ein Zippo aus Messing heraus, gab mir Feuer. Ich starrte das Feuerzeug an, sagte:
»So eins hatte ich mal.«
Er grunzte, antwortete:
»Das nehm
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