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Ein Drama für Jack Taylor

Ein Drama für Jack Taylor

Titel: Ein Drama für Jack Taylor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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November sterben wird, dann wurde mir klar, dass auf dem Merkblatt die Termine für Totensonntag und weitere Seelenmessen des Monats verzeichnet waren. Sie sagte:
    »Damit Sie Ihre Lieben besuchen können. Ich weiß, dass sie Ihnen fehlen.«
    Damit hatte sie recht, dann:
    »Ein grimmiges Wetter haben wir.«
    Und weg war sie. Ich faltete das Merkblatt zusammen, rollte es zu einem Kügelchen, warf es hoch, vergaß mein schlimmes Knie und versuchte, das Ding über die Auslegware zu kicken.
    Keine gute Idee.
    Schmerz raste den Oberschenkel hoch, und ich musste das Bein ruhig legen. Wäre ich abergläubisch, und als Ire kriegt man den Aberglauben gratis zum Heimatland dazu, hätte ich gesagt, das war die gerechte Strafe für die Verspottung christlichen Brauchtums. Ich nahm mich der Post an –, zwei Briefe. Im einen stand, ich könnte das Anrecht auf eine kostenlose warme Mahlzeit erwerben, wenn ich das Formular für eine Radisson-Kreditkarte ausfüllte. Der andere war von einem Anwalt, der im Auftrag Stewarts agierte, und enthielt einen Scheck über ein beträchtliches Sümmchen. Der Brief war in einem Ton gehalten, der durchblicken ließ, wenn ich nicht zufrieden sei, könnten leicht weitere Barmittel lockergemacht werden. Ich war zufrieden.
    Legte den Kopf auf das Kissen und versuchte, nicht an meine Mutter zu denken.
    Konzentrierte mich auf meinen neuen Plan. Einst war es eine Wohnung beim Hyde Park gewesen. Den hatte ich längst der Kanalisation anvertraut. Nelson Algren war schon lange einer meiner Lieblingsschriftsteller. Erst gegen Ende seines Lebens, nach übler Armut, literarischen Misserfolgen, Herzeleid ließ er sich schließlich in Sag Harbor nieder. Eine alte Walfängerstadt, alles mit dem Fahrrad zu erreichen, und nach New York kam man mit der Eisenbahn. Das Haus, das er sich gemietet hatte, sprach mich sehr an. Nah am Meer, kostete es $ 375,– im Monat. Es hatte einen kleinen Hintergarten, einen Kamin und genug Platz, um alle Dinge zu beheimaten, die er jahrelang in irgendwelchen Lagern vergraben hatte. E. L. Doctorow wohnte in der Nähe, Betty Friedan gegenüber, Kurt Vonnegut nur einen Ort weiter.
    Ich hatte ein Jahrestagebuch in meinem Regal. Benutzte es, um vage über Einnahmen und Ausgaben auf dem Laufenden zu bleiben und für Telefonnummern. Die übrigen Seiten waren leer. Ich nahm einen schwarzen Filzschreiber, schrieb:
    » SAG HARBOR , ODER ES KNALLT !«
    So verrückt der Traum auch war, mich stimmte er herzlich froh, als hätte ich eine Zukunft.
    Der Kalender des Allerheiligsten Herzens Jesu Christi sagte:
    »Sei demütig vor dem Herrn.«
    Ich wusste nicht viel über Demut, aber in Demütigungen kannte ich mich aus.
    Ich überlegte, ob ich Wellewulst ein Geburtstagsgeschenk kaufe. Was kauft man einer lesbischen Polizistin, die einen überhaupt nicht leiden kann?
    Stacheldraht?
    In der Nähe des Hotels gibt es einen Eckladen. Obwohl er praktisch nebenan ist, hatte ich ihn jahrelang gemieden. In meiner Zeit als Polizist hatte ich den Besitzer mal wegen Preiswucher verwarnen müssen. Er hatte nicht eben wohlwollend reagiert. Er sagte:
    »Du junger Spund, ich hab deiner Alten Kredit gegeben, als sie keinen Pott zum Pissen hatte.«
    Einfach so.
    Ich rechnete fest damit, dass er immer noch den Laden leitete, aber seine Raubkopie, der Sohn, stand hinter dem Ladentisch. Ich glaube, wir sind zusammen in die Schule gegangen. Ich sagte:
    »Seamus.«
    Er hob die Hand, um mir Schweigen zu gebieten. Eine Geste, auf die ich gar nicht gut zu sprechen bin. Das Radio sagte gerade, in Belfast sei ein junger Mann gekreuzigt aufgefunden worden. Er war so schlimm zusammengeschlagen worden, dass ihn sein eigener Vater nicht wiedererkannte. Seamus stellte das Radio ab, sagte:
    »Jack Taylor, normalerweise beehrst du uns ja gar nicht als Kunde.«
    Gleich schon mal bittere Worte. Ich wollte sagen:
    »Nein, so eine Überraschung, und du stinkst vor lauter Charisma.«
    Stattdessen:
    »Wie geht’s deinem Vati?«
    »Tot, danke.«
    Bevor ich mich über seine Erwiderung empören konnte, kam ein Ausländer rein, und Seamus war sofort in Alarmbereitschaft. Wie auf Knopfdruck verengten sich seine Augen, und er schnappte:
    »… Ihnen helfen?«
    Der Mann war eingeschüchtert; den Ton kannte er. Er hielt den Blick gesenkt und sagte:
    »Etwas Zucker, bitte?«
    »Unterstes Regal, neben Tee und Kaffee.«
    Seamus ließ ihn nicht aus den Augen. Als der Mann mit dem Zucker ankam, bellte Seamus den Preis. Ich weiß nicht, wie viel Sachen

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