Ein Drama für Jack Taylor
Weise die Menschen begaunern, sie von ihrem Grund und Boden wegkaufen und ganze Familien nach Amerika verfrachten.«
J. M. Synge in einem Brief an Stephen McKenna
I n den nächsten paar Wochen sammelte ich Informationen über die toten Studentinnen. Sprach mit ihren Bekannten, mit Kommilitonen, und fand nichts heraus. Erwähnte Synge und erntete Unverständnis. Ronan Wall, der Typ mit den Schwänen, rief mich oft an und half mir auch nicht weiter. Wenn er der Dramatiker war, konnte ich es nicht beweisen. Sein Tonfall blieb weiterhin ein Mix aus Quälgeisterei, Schmeichelei und Arroganz. Er sagte sogar:
»Wer hätte je gedacht, dass wir mal Freunde werden?«
Das konnte ich nicht so stehen lassen, fragte:
»Sie halten uns für Freunde?«
»Oh ja, Jack, wir sind nah dran.«
Ich rief Wellewulst an, und sie sagte, es gäbe keinen Beweis für Fremdeinwirkung. Als ich das Buch erwähnte, sagte sie, das könne sie nicht erklären. Vielleicht sei es ein bizarrer Zufall, eine dieser Tausend-zu-eins-Möglichkeiten, die sich der Logik entzögen. Ich hatte die Geduld verloren, fragte:
»Das glauben Sie wirklich?«
»Ist das wichtig? Wir haben nichts anderes, beziehungsweise: Sie haben nichts anderes.«
»Da draußen ist jemand, der ein unheimliches Spiel spielt und ungestraft mordet.«
Sie wechselte das Thema und sagte:
»Schreiben Sie sich diese Nummer auf.«
Ich nahm einen Schreiber, und sie diktierte die Zahlen. Ich schrieb sie hin, fragte:
»Und was soll ich mit dieser Nummer machen?«
Ihre Verzweiflung war hörbar, und sie antwortete:
»Wenn Sie schlau sind, rufen Sie da an. Es ist Margaret.«
»Margaret?«
»Ja, ich bin genauso überrascht, wie Sie es zu sein scheinen. Was sie um des lieben Himmels willen in Ihnen sieht, entzieht sich meinem Verständnis. Ich habe den Eindruck, Ihr vorhergegangenes Treffen war nicht gerade vielversprechend.«
Meine Herzschlagfrequenz war gestiegen, eine Welle beinah von Entzücken durchschwappte mich, und doch konnte ich nicht glauben, was ich hörte. Wellewulsts offenkundiges Missvergnügen half mir auch nicht weiter. Ich fragte:
»Sie interessiert sich für mich?«
Ihr Hohn war deutlich, und sie schnappte:
»Habe ich gesagt, dass sie sich für Sie interessiert? Haben Sie gehört, dass ich das gesagt habe? Ihre Fähigkeit, voreilige Schlüsse zu ziehen, ist unglaublich. Ich habe gesagt, Sie sollen sie anrufen, aber wenn Sie bei ihr etwas versaubeuteln, haben Sie sich bei mir zu verantworten.«
»Heiland, Wellewulst, das klingt wie eine Drohung.«
»Ist es auch.«
Klick.
N atürlich rief ich Margaret an, und sie reagierte mit Wärme sowie, Grundgütiger, Zuneigung. Als junger Mann hatte ich alles andere als das gehabt, was man Schlag bei Frauen nennen mag. Alkoholiker sind eine tödliche Kombination aus Ego und null Selbstachtung. Das macht einen konfus wie Hölle. Man wählt eine Frau aus, die ganz oben auf dem Wunschzettel steht (der vom Ego diktiert wird), dann zerlegt die mangelnde Selbstachtung jeden einzelnen Grund, um dessentwillen sie einen je in Betracht ziehen könnte. Also schraubt man die Ansprüche weit herunter und sucht sich die Dankbaren aus. Ihre Dankbarkeit gründet sich darauf, dass kaum jemand sie je in Betracht ziehen würde. Der doppelte Schaden inklusive Schmerz ist also bereits angerichtet. Das gesamte schäbige Ritual ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Typen, die man kennt, sagen höhnisch:
»Sie ist ein nettes Mädel.«
Nach Macho-Maßstäben macht sie, wie die Amerikaner sagen, nichts her und nichts breit. Mit anderen Worten, Kumpel, du kannst sehen, wo du bleibst. Aber man ist ja flexibel. Saufen verbirgt die Fehler und Risse solcher Unternehmungen. Damals »verfolgte man eine Linie«, nein, hat nichts mit Kokain zu tun. Das war, bevor wir etwas über das Wesen von Beziehungen lernten. Man befolgte das strenge Ritual: erst ins Kino, dann gezügeltes Trinken. Sie nahm einen O-Saft oder, oha, wenn sie dreist war, ein Pony, Hausmarke. Am Tresen pflegte man sich ein paar ernsthafte Kurze ein, nahm dann eine pint mit an den Tisch, an der man neben der angebeteten Person nippen konnte. Als Nächstes ging man am Samstagabend zum Tanz, die hohe Zeit der Showbands. Hier begann der Albtraum im vollen Ernst. Meine Generation tanzte nicht. Die Mädchen konnten jiven und hotten, bis die Kühe nach Hause kamen. Die Typen kippten den Schnaps aus verbotenen Flachmännern, warteten auf den »langsamen Set« und schafften es, ihr eine Hand
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