Ein Drama für Jack Taylor
wurde ich auf die Füße gestellt und ein paar Treppen hochgebracht, auf die Straße hinaus. Ich stolperte ein paarmal. Wenn man nichts sehen kann, fühlt man sich vollends verletzlich. Die Lieferwagentür glitt auf, und einer der Typen sagte:
»Vorsicht, Stufe, Jack.«
Seine Stimme war freundlich, leicht amüsiert. Nach etwa zehn Minuten hielten wir an, und die Fesseln um meine Hände wurden entfernt, die Tür geöffnet und ich hinausgeschubst. Ich fand mein Gleichgewicht wieder, zog die Kapuze herunter, als der Lieferwagen um eine Ecke verschwand. Ich war nah beim Hotel, und bis auf einen einsamen Studenten waren die Straßen menschenleer. Er sah so konfus aus, wie ich mich fühlte, mit Spuren von Erbrochenem auf den Jeans. Er sagte:
»Die ganze Stadt feiert, was?«
Und wanderte in Richtung Eyre Square.
Ich ging ins Bailey’s, erreichte mein Zimmer, ohne jemandem zu begegnen, und plumpste aufs Bett. Mein Kopf tat weh, aber ich glaubte nicht, dass es was Ernstes war. Jetzt konnte ich Jeff sagen, dass ich wusste, wovon er sprach, und wem noch? Wellewulst? Sie würde sagen, dass es da nichts zu verfolgen gab. Oder ich konnte ganz nach oben gehen, zum Polizeipräsidenten.
Clancy und ich waren Freunde gewesen, waren früh zusammen Streife gegangen. Meine Karriere hörte auf, und er wanderte ganz nach oben. Unsere Pfade hatten sich in den Jahren danach gelegentlich gekreuzt, und wir waren, wenn schon keine Feinde, so doch mindestens Gegner. Wann immer ich versucht hatte, ihn um Hilfe zu bitten, hatte er mir ins Gesicht gelacht. Ich ging ins Bett, ohne einen Plan formuliert zu haben. Ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen; der Polizeipräsident kam zu mir.
Ich war im Tiefschlaf, als ich spürte, wie ich wach gerüttelt wurde, quengelte:
»Was scheißenochmal soll das denn?«
Zwei Polizisten ragten über mir auf. Einen irren Moment lang dachte ich, es wären wieder die Pikenträger. Der erste sagte:
»Ziehen Sie sich an, Taylor.«
Ich versuchte, den Schlaf abzuschütteln, und der zweite zeigte auf mein Kopfkissen, Spuren von Blut, sagte:
»Das nehmen wir lieber mit.«
Das Zimmer war in Unordnung; sie hatten es bereits durchsucht. Während ich mir meine Klamotten anfummelte, fragte ich:
»Wollen Sie mir sagen, was zum Teufel hier abgeht?«
Es ging auf lang vergangene Zeiten zurück, dass ich einen Browning Automatik unter den Fußbodenbrettern versteckt hatte. Die Art Durchsuchung war es, dem Heiland sei Dank, nicht gewesen.
Andernfalls.
Zumindest hatte ich mir das Koksen abgewöhnt und machte keine Vorratshaltung mehr. Nicht einmal eine Flasche Schnaps gab es. Der erste Polizist beantwortete meine Frage nicht, und als ich fertig angezogen war, schnappte er:
»Gehen wir.«
Der zweite fragte:
»Legen wir ihm Handschellen an?«
Der erste und ich sahen ihn so an. Als wir an der Rezeption vorbeikamen, schüttelte ich den Kopf, und Mrs Bailey enthielt sich jeden Kommentars. Ein Polizeiauto wartete, und eine kleine Menschenmenge hatte sich versammelt. Jemand rief:
»Ist es bin Laden?«
Sie stopften mich auf den Rücksitz, und wir fuhren los. Die Polizisten schwiegen, machten grimmige Mienen. Von meiner eigenen Polizeikarriere wusste ich, dass Schweigen echten Ärger bedeutete. Bei allem Geringfügigeren hätten die Polizisten gequatscht, vielleicht nicht frei von der Leber weg, aber zumindest leise. Sie sprachen nicht, wenn sie Angst hatten, die bestehenden Verdachtsmomente zu gefährden. Ich wurde schnell in den Verhörraum gebracht, allein gelassen. Ich fragte:
»Könnte ich etwas Tee kriegen?« Keinen Tee.
Zwanzig Minuten zogen sich hin, dann ging die Tür auf, und Clancy trat ein, im vollen Ornat. Der Titel Polizeipräsident fütterte immer noch sein Ego. Seine Augen waren trüb, seine Haut war fleckig. Sein einst so furchterregender Körper war in sich zusammengeklappt. Er sagte:
»Taylor.«
Der Ton war Unheil verkündend. Ich fragte:
»Was ist los?«
Er starrte mich an, dann:
»Tim Coffey ist ermordet worden.«
»Was?«
Ann Hendersons Mann, dem ich mein Hinken zu verdanken hatte.
Clancy fragte:
»Wo warst du gestern Nacht?«
Und ich spürte, wie Erleichterung mich durchströmte, sagte:
»Ich war mit jemandem zusammen.«
Er hob eine Augenbraue, fragte:
»Uhrzeit? Name?«
Er holte ein massives schwarzes Notizbuch heraus. Dieses Ding kannte ich noch gut. Man schreibt am besten alles auf, besonders Uhrzeiten, Daten, Orte. Wenn man vor Gericht musste, konnte es passieren, dass
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