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Ein Drama in Livland

Ein Drama in Livland

Titel: Ein Drama in Livland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Vorleben noch das, was er auf Kerstorfs Fragen antwortete, den leisesten Verdacht gegen ihn aufkommen lassen. Im übrigen vertrat er ebenfalls die Ansicht, daß Dimitri Nicolef der Mörder sein müsse, da es diesem am leichtesten gewesen wäre, das Verbrechen zu begehen.
    »Und Sie haben in der Nacht keinerlei Geräusch gehört? fragte ihn der Beamte.
    – Nicht das geringste, Herr Richter.
    – Es hat aber doch das erste Fenster geöffnet und das zweite sogar aufgesprengt werden müssen…
    – Gewiß, doch meine Stube liegt nach dem Hofe hinaus, antwortete Kroff, und die Fenster der zwei anderen Stuben befinden sich an der Straßenseite des Hauses. Außerdem schlief ich jedenfalls fest und dazu tobte jene Nacht ein schrecklicher Sturm, bei dem kaum etwas anderes hörbar gewesen wäre.«
    Während Kroff diese Aussagen machte, behielt der Richter ihn scharf im Auge; doch obgleich er gegen den Schenkwirt im Grunde etwas eingenommen war, fiel ihm gar nichts auf, was die Wahrheitsliebe des Mannes hätte anzweifeln lassen.
    Nach dem Verhöre begab sich Kroff unbehelligt wieder auf den Weg nach dem »Umgebrochenen Kreuze«. Selbst wenn er schuldig war, erschien es ja besser, ihn bei fortdauernder Beobachtung in Freiheit zu lassen. Vielleicht verriet er sich da selbst auf die eine oder andere Weise.
    Vier Tage waren verflossen, seit man Wladimir Yanof in der Feste von Riga zur Hast gebracht hatte.
    Auf besonderen Befehl des Gouverneurs war ihm hier ein Zimmer eingeräumt worden, überhaupt begegnete man ihm mit der Rücksicht, die seine Lage und seine Handlungsweise verdienten. Der General Gorko bezweifelte nicht, daß diese Vergünstigungen selbst höheren Ortes gutgeheißen würden, welchen Ausgang die Sache für Wladimir Yanof auch nehmen möchte.
    Dimitri Nicolef, dessen Gesundheit von den schweren Kränkungen der letzten Tage doch so weit gelitten hatte, daß er sich aufs Zimmer beschränkt sah, hatte ihn nicht, wie es sein Wunsch war, sehen können. Der Familie Nicolef und den näheren Freunden Wladimir Yanofs war nämlich der Zutritt zu dem Gefängnisse gestattet worden. Jeden Tag begaben sich Jean und Ilka nach der Feste, wo man sie ohne weiteres bei dem Gefangenen einließ. Hier wurden lange und vertrauliche Gespräche geführt, in denen auch wieder eine frohere Hoffnung zum Durchbruch kam. Ja, der Bruder und die Schwester glaubten an die Hochherzigkeit des Kaisers… sie wollten nun einmal daran glauben!… Seine Majestät konnte nicht unempfänglich sein für die Bitten der unglücklichen Familie, die seit einiger Zeit unter so schweren Schicksalsschlägen seufzte. Nein, Wladimir und Ilka würden nicht nochmals durch tausende von Meilen, und vor allem nicht durch jene Verurteilung auf Lebenszeit voneinander getrennt sein, die ja noch schrecklicher war, als die weite Entfernung zwischen den Liebenden. Endlich würde doch, wenn Wladimir vom Kaiser begnadigt würde, die Vermählung der beiden erfolgen können. Es verlautete überdies, daß der Gouverneur sich für die Niederschlagung des früheren Urteils verwendete. Die eigentümliche Stellung Dimitri Nicolefs in Riga, gerade jetzt am Vorabend der städtischen Wahlen und in einer Zeit, wo die Regierung bestrebt war, die Munizipalverwaltung in den baltischen Provinzen zu russifizieren… alles traf zusammen, für den Flüchtling einen vollständigen Straferlaß erwarten zu können.
    Am 24. April verließ Jean, nach herzlicher Verabschiedung von Yanof, von seinem Vater und seiner Schwester, Riga wieder, um sich nach Dorpat zu begeben. Hier gedachte er, den man als den Sohn eines Mörders behandelt hatte, die Universität mit hochgehaltener Stirn zu betreten.
    Es ist wohl kaum nötig, den Empfang zu schildern, den er bei seinen Kameraden überhaupt, besonders warm aber bei Gospodin und der Korporation fand, der er angehörte. Ebensowenig aber braucht hervorgehoben zu werden, daß die übrigen Studenten, die Gefolgschaft Karl Johausens, noch keineswegs die Waffen gestreckt hatten. Alles deutete also darauf hin, daß es hier – wie man sagt – noch zu einem Krach kommen werde.
    Das traf denn auch schon am Tage nach der Rückkehr Jean Nicolefs ein.
    Jean hatte von Karl für dessen Beleidigungen Satisfaktion verlangt, und dieser erschwerte sie noch durch die Weigerung, sich mit ihm zu schlagen.
    Da versetzte Jean ihm einen Schlag ins Gesicht. Der Zweikampf war nun unvermeidlich geworden, und Karl Johausen wurde dabei ziemlich schwer verwundet.
    Welche Wirkung das Duell

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