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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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die Leute sagen. Ich hatte nichts getrunken. Als ich den Alkoholtest gemacht habe, war er eindeutig negativ. Und ich habe ihn gesehen. Er war dort.
Er war dort
… verdammt.»
    «Sie …» Merrily spürte, wie sich Aufregung in ihr breitmachte. «Sie sind Mrs. Cobham, oder?»
    «Ja. Ich bin ihm ausgewichen, und er verschwand, und eine halbe Sekunde später bin ich in dieses blöde Wohnmobil gefahren.»
    «Und wie haben Sie sich da gefühlt?»
    «Gefühlt? Das war eine Mischung aus Schock und … Todesangst. Ich dachte, ich würde sterben. Vor Schreck, verstehen Sie?»
    «Gab es irgendeine Veränderung in der Atmosphäre, als Sie den Radfahrer sahen? In der Temperatur?»
    Alle hörten jetzt aufmerksam zu. Stella Cobham hielt sich an der Gesangbuchablage ihrer Bank fest.
    «Mir war kalt. Ob das bloß der Schock war … ich habe bis zum nächsten Morgen nicht aufgehört zu zittern. Ich konnte nicht schlafen. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. In meinem Kopf habe ich ihn immer wieder gesehen. Ich kann ihn sogar jetzt vor mir sehen.»
    «Mrs. Watkins.» Preston Devereaux war aufgestanden. «Das hier ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort …»
    Merrily aber sprach einfach weiter mit Stella Cobham.
    «Und konnte
er
auch
Sie
sehen, was meinen Sie?»
    «Ich glaube nicht, dass er irgendetwas sehen konnte. Sein Blick war … irgendwie in die Ferne gerichtet. Die Augen sind mir am meisten im Gedächtnis geblieben. Es waren diese Augen, die … es gibt eine Abbildung von ihm auf der Rückseite eines Buches, das wir über ihn haben. Es ist so eine Art Doppelbelichtung, bei der sein Gesicht über den Hügeln liegt, und sein Blick ist in die Ferne gerichtet, ins Unendliche. Verstehen Sie? Und in seinen Augen sind winzige Lichtpünktchen. Wo … wo ist Tim Loste?»
    «Weg», sagte ein Mann. «Oder gar nicht erst gekommen.»
    «Könnte ihn jemand zurückholen? Er könnte Ihnen nämlich erzählen …»
    «Lassen Sie ihn in Ruhe.» Helen Truscott war neben Merrily aufgetaucht. «Er fühlt sich nicht wohl.»
    «Oh, die Quelle aller medizinischen Weisheit hat gesprochen. Ich versuche ihm eine Gelegenheit zu geben,
es loszuwerden
», sagte Mrs. Cobham.
    «Und Sie glauben, er wäre glücklich, wenn sein geliebter Elgar exorziert würde? So, jetzt habe ich den verbotenen Namen ausgesprochen. Sie verstehen nicht, was mit Tim los ist, oder?»
    «Ich verstehe, was ich
gesehen
habe, Mrs. Truscott.»
    «Sie verstehen nicht, in welcher Verfassung dieser Mann ist. Lassen Sie ihm seinen Frieden!»
    Stella Cobham wandte sich an Merrily: «Wissen Sie, ich habe gehört, dass die Leute sagen, ich wäre krank oder verrückt oder betrunken gewesen wie Loste, und ich … ich habe Ihren Namen vergessen.»
    «Merrily.»
    «Also, Merrily, ganz gleich, was man Ihnen erzählt», sie drehte wütend ihren Kopf von einer Seite zur anderen. Merrily musste an ein Flakgeschütz denken. «Ich versichere Ihnen, dass hier etwas nicht stimmt», sagte Mrs. Cobham. «
Der Radfahrer
… meine Güte.»
    Als sich Merrily in der angespannten Stille umsah, die Stella Cobhams Worten folgte, nahm sie lauter Einzelpersonen war. All diese Leute mochten zu der Versammlung gekommen sein, aber sie saßen weit auseinander in den Bänken, kannten sich vielleicht vom Sehen, aber viel mehr auch nicht.
    Isolation. Ein Hochsommerabend, an dem in dieser viel zu großen Kirche ein Frösteln lag.
    «Entschuldigen Sie.» Preston Devereaux ging an Merrily vorbei. «Ich gehe davon aus, dass die Versammlung jetzt beendet ist. Würde der letzte Irre, der das Gebäude verlässt, bitte das Licht ausschalten?»
    «Ja, gehen Sie nur, Mr. Devereaux!», rief Stella Cobham wütend. «Sie hauen einfach ab. Sie halten schön den Mund über das, was Sie gesehen haben. Sie spielen es herunter. Aber als es um die Fuchsjagd ging, wollten Sie nicht alles herunterspielen, oder?»
    Devereaux blieb stehen. «Das ist vorbei. Es ist vorbei, und wir haben verloren. Aber man muss trotzdem weitermachen.»
    Und damit ging er. Gleichzeitig sah Merrily, dass sich Leonard Holliday und drei oder vier Weitere auf den Weg zur Tür gemacht hatten. Die anderen sahen sie erwartungsvoll an.
    «Wenn das …» Sie atmete tief ein. «Wenn an dieser Sache wirklich etwas dran ist, dann möchte ich darauf hinweisen, dass der Versuch … Sir Edward Elgar zu exorzieren, eigentlich nicht in Frage kommt. Und sogar wenn es tatsächlich eine Verbindung zu Elgar geben sollte …»
    «Glauben Sie mir», sagte

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