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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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der Regierungserklärung zum Bau neuer Wohnhäuser auf dem Land beschäftigt sind, einen harten Gegenkurs.
    Am Ende des Artikels wurde ein Bezirksratssprecher zitiert: «Das ist ein Sturm im Wasserglas. Wir haben den Archäologen des Denkmalsamtes hinzugezogen, und er hat uns versichert, dass die Ley-Linien nichts als ein pittoresker Mythos sind.» Andererseits wurde auch J. M. Powys, ein Spezialist für «Landschaftsphänomene», mit den Worten zitiert: «Auch wenn das Konzept der Leys beinahe von Anfang an abgelehnt wurde, war er ganz sicher irgendeiner Sache auf die Spur gekommen, und seine Ideen wurden sehr einflussreich. Es gibt vieles an historischen Landschaften, was wir nicht verstehen, und es würde mich interessieren, mir diese Linie vor Ort anzusehen, die Watkins anscheinend nicht entdeckt hat, obwohl sie praktisch vor seiner Haustür lag.»
    In einem Abschnitt davor war Jane mit ihrer Beschreibung der Bezirksratsmitglieder als …
    «Beschränkte Spießer?», sagte Jim Prosser. «Das hast du wirklich gesagt, Jane?»
    «Oje, Jim.» Jane schlug die Hände vors Gesicht. «Ich dachte, das wäre bloß ein Vorgespräch. Ich wusste nicht, dass das Telefonat schon das richtige Interview war.»
    Jim Prosser schüttelte den Kopf und lächelte das Lächeln eines Mannes, der das alles nicht fassen konnte. Dann streckte er Jane die Zeitung entgegen.
    «Willst du deiner Mutter den Artikel zeigen, bevor’s jemand anders tut?»
    «Auf keinen Fall … Ich meine, sie muss heute früh weg.» Jane war beklommen zumute. «Sagen Sie, Jim … Was meinen Sie? Wird das richtig Ärger geben?»
    «Tja. Vierundzwanzig Häuser sind vierundzwanzig neue Kunden für meinen Laden. Andererseits, die Geister der Toten zu stören …»
    «Sie glauben nichts davon, oder? Sie halten das alles für totalen Schwachsinn.»
    «Na ja, Jane, du kennst uns primitive, abergläubische Dorftrottel ja.»
    «Glauben Sie denn, dass auch nur ein Einziger hier meiner Meinung ist?»
    «Schwer zu sagen. Los, nimm die Zeitung, du kannst sie vermutlich brauchen.»
    Jane stellte sich an die Eichenpfeiler der mittelalterlichen Markthalle und sah flehend zum Cole Hill hinauf. Als sie am Vortag nach langer Überlegung entschieden hatte, es zu machen, war alles rasend schnell gegangen. Sie hatte die Fotografin angerufen, dann hatte Eirion sie kurz nach eins an der Schule abgeholt und sie an der Kirche abgesetzt, damit sie die Ley von dieser Richtung aus abgehen konnte, nur um … sicher zu sein. Und sie war sicher gewesen.
    Gestern Höhenflug, heute Absturz.
    Jane konnte sich genau vorstellen, wie Morrell mit dem
Guardian
an seinem Schreibtisch saß, zur Absicherung ein Telefonat mit der Frau vom Schulbeirat führte und überlegte, wie er Jane am besten bestrafen sollte.
    Es war so unfair. In ein paar Wochen war das Schuljahr vorbei, und dann hätte er ihr bis September nichts anhaben können.
    Ein paar Dorfbewohner waren auf dem Weg zu Jim Prossers Laden. Jane glitt hinter einen Pfeiler der Markthalle. Sie fühlte sich desorientiert und weit weg von ihrem … normalen Selbst. Als hätte sie, beginnend mit der kleinen Lüge wegen ihres Alters, beschlossen, jemand anders zu werden. Eine Person, die nichts mehr mit der Schule oder der Abschlussklasse zu tun hatte.
    Eine leicht frühreife Erwachsene mit anderen Worten – und dabei konnte man sich verdammt einsam fühlen.
    Drüben beim Pfarrhaus sah sie Merrily mit dem Volvo auf die Straße fahren. Es sah so aus, als hätte sie es ziemlich eilig. Tja, sehr gut. Aber sie würde nicht losfahren, bevor sie ihre Tochter gesehen hatte.
    Jane hob die Hand und schlenderte über den Platz, den
Guardian
hatte sie in einer Hecke versteckt. Am besten belastete sie Mom jetzt nicht damit.
    Oder mit der Migräne.
    Genau, Jane spürte definitiv, dass sie gleich Migräne bekommen würde.

32 Eine Polka für die Schwachsinnigen
    Lol hatte keine Vorhänge am Schlafzimmerfenster. Als er kurz nach dem Beginn der Morgendämmerung aufgewacht war, hatten sich blutrote Streifen über den Himmel gezogen, die ihn an den toten Mann auf dem Stein in den Malverns denken ließen.
    Er hatte den Toten nicht gesehen, Merrily aber schon. Lol dachte darüber nach, wie oft Merrily schon in spirituellem Dreck herumgewatet war. Er machte sich Sorgen um sie. Sie lebte mehr von Zigaretten als von ordentlichem Essen, und früher oder später würde dieser ewige Kampf mit dem Wahnsinn seinen Tribut fordern.
    In der letzten Zeit war Lol häufig

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