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Ein dunkler Ort

Ein dunkler Ort

Titel: Ein dunkler Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Rätsels von Blackwood. Wir müssen unsere Erfahrungen vergleichen. Vielleicht erkennen wir dann irgendein Muster. Ruth glaubt, dass wir alle vier zu außersinnlicher Wahrnehmung fähig sind und dass wir deshalb als Schülerinnen für Blackwood ausgewählt wurden.«
    »Diese Aufnahmeprüfungen, die wir gemacht haben«, sagte Sandy nachdenklich. »Die waren schon ziemlich ungewöhnlich.« Sie hielt inne. »Also, wenn das wahr ist … wenn wir aus diesem besonderen Grund ausgewählt wurden … dann heißt das, Madame Duret …«
    Sie konnte sich nicht dazu überwinden, den Satz zu beenden.
    Ruth übernahm das für sie. »Es bedeutet, dass Madame Duret uns genau aus diesem Grund in Blackwood haben wollte.«
    Es war totenstill im Raum, als sie diese Aussage verdauten. Das kann doch nicht wahr sein, was wir hier bereden , dachte Kit. Wir denken uns was aus, wir erfinden eine Geschichte und übernehmen Rollen darin, so wie Tracy und ich das als kleine Mädchen so oft gemacht haben. Aber sie war nicht mehr zwölf, Tracy war nicht da und Ruth war nicht der Typ, der Rollenspiele machte. Sandy spielte auch nicht, sie sah ganz elend aus.
    »Wir müssen sie fragen«, flüsterte Sandy.
    »Wen? Madame Duret?« Ruth schüttelte den Kopf. »Davon haben wir nichts. Auf jede Frage, die wir ihr stellen, wird sie eine Antwort haben. Wir haben keinen Beweis dafür, dass etwas nicht stimmt. Lynda malt und Sandy ist zur Dichterin geworden – na und? Was beweist das schon? Nur, dass Blackwood eine gute Schule ist, die das schlummernde Talent ihrer Schülerinnen zum Vorschein bringt.«
    »Mit deiner Mathematik ist es dasselbe«, sagte Kit. »Sie wird es einfach Professor Farley zuschreiben, der so ein guter Lehrer ist. Ich scheine hier die Einzige zu sein, die kein neues Talent entwickelt hat.« Sie versuchte, unbekümmert zu klingen. »Irgendwie hab ich das Gefühl, ich gehöre nicht dazu.«
    »Ich wünschte, mir ginge es so«, sagte Sandy. »Das ist total unheimlich. Wenn wir Madame Duret nicht direkt fragen können, was bleibt uns dann überhaupt noch an Möglichkeiten? Wenn Ruth mit ihrer Theorie richtig liegt und wir reagieren alle so, weil wir sensitive Persönlichkeiten sind, dann möchte ich gern wissen, worauf wir eigentlich reagieren. Ich bin derselbe Mensch, der ich zu Hause auch war, aber da habe ich keine Gedichte geschrieben. Warum mach ich das hier in Blackwood? Liegt es vielleicht am Ort selbst?«
    »Was wissen wir über Blackwood?«, fragte Ruth. »Außer, dass es ein altes Anwesen ist? Ich kenn nicht mal den Namen der Familie, der das Haus früher gehört hat.«
    »Aber ich«, sagte Kit. »Die hießen Brewer. Aber das hilft uns auch nicht viel weiter.«
    »Ich wüsste nicht, wie wir ins Dorf kommen sollten, um weitere Fragen zu stellen«, sagte Sandy. »Seit wir hier sind, haben wir das Gelände nicht verlassen. Und es sind gut fünfzehn Meilen bis runter ins Dorf, die schaff ich nicht bei einem Spaziergang in der Mittagspause.«
    »Du könntest sowieso nicht raus«, sagte Kit. »Das Tor ist immer verschlossen, es sei denn Professor Farley fährt die Post holen. Aber was ist mit den Leuten aus dem Dorf, die hier arbeiten?«
    »Wen meinst du?«, fragte Ruth. »Bis auf Natalie Culler haben sie alle gekündigt, und Natalie macht den Mund nie auf.«
    »Manchmal schon«, sagte Kit. »Wir haben uns am ersten Tag angefreundet, ehe ihr anderen gekommen seid.«
    »Na, wir haben ja nichts zu verlieren«, meinte Ruth, »wenn du sie fragen willst. Schlimmstenfalls verweigert sie die Antwort.«
    »Ich mach’s«, sagte Kit entschlossen. »Sobald sich die Gelegenheit ergibt.«
    In dieser Nacht regnete es. Ein heftiger, anhaltender Regen trommelte aufs Dach, klatschte gegen die Fensterscheiben und strömte sintflutartig in die Abwasserkanäle. Kit lag im Bett, die Augen fest geschlossen, und versuchte sich vorzustellen, dass sie zu Hause in ihrem Zimmer war, über ihr nicht das Dach, sondern nur eine einfache Zimmerdecke, die ihr Stockwerk vom darüber gelegenen trennte, und ihre Mutter säße in ihrem blauen Schlafanzug lesend nebenan … mit einer Schlammmaske auf dem Gesicht. Gleich , dachte Kit, legt sie ihr Buch weg, steht auf und kommt rüber in mein Zimmer, um nachzusehen, ob ich das Fenster auch zugemacht habe.
    Aber als die Tür zu ihrem Zimmer tatsächlich aufging, war es nicht ihre Mutter, die hereinkam.
    »Kit«, fragte jemand leise, »bist du wach?«
    »Ja«, sagte Kit. »Was ist denn? Stimmt was nicht? Warte mal, ich knipse

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