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Ein dunkler Ort

Ein dunkler Ort

Titel: Ein dunkler Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ankam und das Feuer bekämpfen konnte, war es schon zu spät.«
    »Willst du damit sagen, dass Mr Brewers gesamte Familie umgekommen ist?«, fragte Kit entsetzt. »Seine Frau und alle Kinder?«
    »Es wurde gesagt, dass es der Rauch gewesen ist«, sagte Natalie. »Das Haus war nicht stark beschädigt. Als Mr Brewer nach Haus kam und erfuhr, was geschehen war, hat er das ganze Personal entlassen und das Tor verrammelt. Und von der Zeit an hat er allein hier gelebt.
    Sonntags ist er ins Dorf runtergekommen und in die Kirche gegangen. Da hat er dann immer von seiner Familie geredet, als wäre sie noch da, als würde sie noch immer mit ihm im Haus wohnen. Oder er ging in den Lebensmittelladen und sagte: ›Ich soll ein paar Sachen besorgen für meine Frau‹. Und er hat Süßigkeiten für die Kinder gekauft und Brei für das Baby.«
    »Das ist ja furchtbar! Der arme Mann! Wie lange ging das so?«
    »Jahrelang«, sagte Natalie. »In der Stadt gab es Gerede, seine Familie würde hier bei ihm leben … als Geister. Einmal hat er einen Mann geholt, der die Wasserleitung in Ordnung bringen sollte, und der hat erzählt, dass er irgendwo im Haus ein Baby weinen gehört hat. Danach konnte Mr Brewer nie wieder Leute kriegen, die hier hoch kommen wollten, um irgendwas zu erledigen.
    Als er starb, vergingen Wochen, bevor es irgendjemand merkte. Irgendwann fragten sie sich dann in der Kirche, wo er wohl sein mochte, nachdem er einen Sonntag nach dem anderen nicht aufgetaucht war. Also kamen sie hier hoch, und da lag er, auf der einen Seite des großen Bettes. Man erzählt sich, dass neben ihm eine kleine Kuhle war, so als ob da jemand gelegen hätte.«
    »Und was ist passiert, nachdem er gestorben war?«
    »Entfernte Verwandte wurden benachrichtigt. Die sind dann gekommen und haben ihn beerdigt. Das Haus wollten sie nicht, und nach der Beerdigung haben sie es einem Makler übergeben. Als Madame Duret es gekauft hat, war es schon ziemlich runtergekommen. Sie hat viel dran machen lassen, der Garten wurde neu gestaltet und das Dach repariert … und natürlich hat sie den Flügel mit den Schlafräumen instand setzen lassen, damit ihr Mädchen dort wohnen könnt.«
    »Der Schlaftrakt«, sagte Kit langsam. Ein eisiger Schauer lief ihr das Rückgrat hinunter. »Willst du damit sagen, da, wo wir schlafen, hat das Feuer gewütet?«
    »Genau«, sagte Natalie. »Aber das ist gar nicht mehr zu sehen, so schön hat sie es renovieren lassen. Die Leute, die sie aus dem Dorf geholt hat, mochten da oben aber nicht gern sauber machen. Sie fanden es gruselig. Deshalb haben sie aufgehört.«
    »Natalie!« Eine tiefe, strenge Stimme ertönte hinter ihnen. Kit drehte sich schnell um und sah Madame Duret in der Küchentür stehen. Ihr Gesicht war bleich vor Wut und ihre schwarzen Augen funkelten.
    »Natalie, du hattest die Anweisung, deine Zeit nicht damit zu vertrödeln, mit unseren Schülerinnen zu reden.«
    »Tut mir leid, Madame«, sagte Natalie knapp. »Mach ich auch nicht oft.«
    Madames Stimme klang eisig. »Die Anweisung lautete: überhaupt nicht.«
    »Das ist nicht Natalies Schuld«, sagte Kit. »Ich bin dafür verantwortlich.«
    Madame richtete den Blick auf Kit – und Kit empfand das wie einen elektrischen Schlag. Es war, als ob sie von zwei Nadeln durchbohrt worden wäre.
    »Du wirst doch sicher Hausaufgaben zu erledigen haben, Kathryn«, sagte Madame. Ihre Stimme war wie Stahl. »Ich würde vorschlagen, du gehst jetzt nach oben und fängst damit an. Natalie ist selbst für ihr Handeln verantwortlich. Sie braucht dich nicht zu ihrer Verteidigung.«
    »Aber sie hat doch nur …«, fing Kit an, doch die Worte erstarben auf ihren Lippen, so finster war Madames Blick. Sie wollte Natalie ansehen, konnte aber die Augen nicht bewegen. Obwohl sie es gar nicht wollte, stellte sie fest, dass sie sich von ihrem Standort an der Spüle entfernte.
    Als ob die Beine einen eigenen Willen hätten, trugen sie Kit Schritt für Schritt durch die Küche und die Tür zum Esszimmer. Und in die Eingangshalle.
    Und die Treppe hinauf.
    Und durch den dunklen Flur zu ihrem Zimmer.
    Sobald Kit die Augen schloss, fing die Musik an. Sie musste nicht erst einschlafen, die Musik war anscheinend gleich hinter ihren Augenlidern und wartete nur darauf, dass ihr die Augen zufielen. Sowie sie sich in die innere Dunkelheit begab, war die Musik da. Immer stärker ergriff sie Besitz von ihrem Bewusstsein, unaufhaltsam kroch sie bis in seinen innersten Kern.
    Ich träume , sagte Kit

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