Ein Earl kommt selten allein (German Edition)
Forderungen an ihn: Alles, was sie gewollt hatte, war, ihn lieben zu dürfen. Aber er war so ein großer dummer Trottel, der sein Glück gar nicht zu begreifen schien. Zumindest hatte es so ausgesehen, dass er es seit der Hochzeit nicht mehr tat. Vorher hatte er es getan, als er um sie geworben hatte … und heute Abend …
Sie schloss die Augen und dachte daran, wie sie miteinander getanzt hatten. Der Mann, der sie in den Armen gehalten und sich ihr gegenüber so fürsorglich verhalten hatte, war so anders gewesen als derjenige, der nach dem Sprechen der drei Worte »Ja, ich will« schlagartig zu dem Schluss gekommen war, dass es ihr an all dem fehlte, was ihm in der Zeit des Werbens noch so gut an ihr gefallen hatte: ihr Geschmack, ihre Intelligenz. So anders auch als der Mann, der verkündet hatte, dass ihre Freundlichkeit und Güte eine Neigung war,
vor der er sie schützen musste
, und dass niemand mit ihr befreundet sein wollte, abgesehen von gesellschaftlichen Emporkömmlingen vielleicht.
Dennoch schien er an diesem Abend ein anderer Mann gewesen zu sein. Er hatte sich sogar für sein Verhalten im letzten Jahr entschuldigt, hatte versprochen, dass er es wiedergutmachen würde, wie sie sich jetzt erinnerte, und sie konnte beinahe seine Arme wieder um sich spüren.
Christiana schloss die Augen und zitterte, als sie sich daran erinnerte, wie sein Atem an ihrem Ohr vorbeigestrichen war und wie er daran geknabbert hatte. Dann seufzte sie, als ihr einfiel, wie seine Hand über ihr Gesäß gestrichen hatte und er sie an sich gedrückt hatte.
Sie hatte sich gewünscht, dass er sie auf den Balkon hinausführen würde. Sie hatte wissen wollen, wie es sein würde, wenn sie richtig von ihm geküsst wurde, denn abgesehen von dem flüchtigen Kuss auf die Lippen während der Hochzeitszeremonie hatte George sie noch nie geküsst. Es war nicht so, dass Christiana es bisher wirklich vermisst hätte … oder jedenfalls nicht, bis er sie auf der Tanzfläche in die Arme genommen und mit seinem Atem und seiner Berührung all diese warmen Gefühle in ihr entfacht hatte.
Vielleicht gab es ja wirklich Hoffnung, dachte sie. Sofern er Richard war und nicht George, erinnerte sie sich und verzog das Gesicht. Sie begriff, dass sie wirklich herausfinden musste, wie ihre Situation war und mit wem genau sie verheiratet war. Sie starrte auf die Tür, die ihr Zimmer von seinem trennte.
Wo war ihr Gemahl? Sie wusste aus Erfahrung, dass sie ihn herumpoltern hören konnte, wenn er in seinem Zimmer war und sich zum Schlafen hinlegte, aber sie hatte noch keinen Piep gehört. Und dabei hatte er den Ball sogar vor ihnen verlassen.
Das Geräusch, mit dem sich die Tür zum Korridor öffnete, erregte Christianas Aufmerksamkeit. Lisa streckte den Kopf ins Zimmer.
»Oh gut, du bist noch wach«, sagte ihre jüngere Schwester glücklich und glitt ins Zimmer. »Ich konnte auch noch nicht schlafen. Ich war zu glücklich und aufgeregt.«
»Warum das?«, fragte Christiana neugierig. Es gelang ihr mit einiger Mühe, sich im Bett aufzusetzen. Tatsächlich wäre alles sehr viel einfacher, wenn das Zimmer endlich aufhören würde, so zu schaukeln.
»Wegen dir und Dicky«, verkündete Lisa, während sie es sich auf der Bettkante bequem machte.
Christiana brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass Lisa die Frage beantwortete, weshalb sie glücklich und aufgeregt war. Die Erkenntnis brachte sie dazu, das Gesicht zu verziehen und empört zu schnauben. »
Dicky.
Ugh.«
»Oh, Chrissy.« Lisa seufzte und nahm ihre Hände. »Ich weiß, dass deine Ehe im letzten Jahr nicht das war, was du dir erhofft hattest, und dass du wütend auf ihn bist, aber es wird alles gut werden. Ich verspreche es dir.«
»Wie?«, fragte Christiana ungläubig. »Der vermaledeite Mann lebt noch.«
»Ja, und ich weiß, dass du darüber erst einmal enttäuscht warst. Aber jetzt wird sich alles zum Besseren wenden. Du wirst sehen, Chrissy. Er liebt dich.« Lisa drückte ihre Hände. »Das tut er, Chrissy. Es sind die Schuldgefühle. Sie und der Verlust seines Bruders haben ihn gequält. Deshalb hat er sich im letzten Jahr so verhalten.«
»Was?«, fragte sie ungläubig.
»Kannst du es denn nicht erkennen?«, fragte ihre Schwester ernst. »Der arme George ist bei einem Brand in Richards Haus gestorben. Einem Brand, den Richard selbst überlebt hat. Er muss danach von schrecklichen Schuldgefühlen heimgesucht worden sein. Und dann ist er dir begegnet, und das hat alles nur noch
Weitere Kostenlose Bücher