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Ein echter Schatz

Ein echter Schatz

Titel: Ein echter Schatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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verrottet. Die Vorderveranda war nachträglich verglast worden, und ein kleines Türschild verhieß »Carl Coglin, Taxidermie«.
    »Sieht nicht so aus, als könnte man mit Tiereausstopfen reich werden«, stellte Lula fest.
    Ein mageres kleines Kerlchen öffnete mir die Tür. Nach dem Foto in der Akte zu urteilen musste es Coglin sein, Haar in Farbe und Beschaffenheit wie Stahlwolle, Nickelbrille.
    »Carl Goglin?«, fragte ich ihn.
    »Ja.«
    »Ich vertrete Vincent Plum, Kautionsmakler. Sie haben vergangene Woche Ihren Gerichtstermin versäumt. Ich würde Ihnen gerne dabei helfen, vor Gericht einen neuen Termin zu vereinbaren.«
    »Das ist wirklich nett von Ihnen«, sagte Coglin. »Aber ich möchte Ihnen keine Umstände machen.«
    »Das ist nun mal meine Arbeit.«
    »Ach so«, sagte Coglin, »und was muss ich dafür tun, um einen neuen Termin zu vereinbaren?«
    »Sie müssen zum Gericht und eine neue Kaution stellen.«
    Wir standen in Coglins Ausstellungsraum in der Glasveranda, die vielen Tierpräparate, die die Wände bedeckten, waren kaum zu übersehen.
    »Haben Sie auch einen Elchkopf?«, fragte Lula. »Ich dachte, ihr Präparatoren würdet Löwen und Tiger und so Zeug ausstopfen. Ich sehe hier aber nur Hunde und Katzen und Tauben.«
    »Das hier ist Urbane Tierpräparation«, klärte Coglin uns auf. »Ich präpariere Haustiere und Fundstücke.«
    »Fundstücke? Was meinen Sie damit?«, fragte Lula weiter.
    »Kleine Schätze, die man so in der freien Natur findet. Stellen Sie sich vor, Sie gehen in einem Park spazieren und entdecken eine verendete Taube, das wäre zum Beispiel ein gefundenes Objekt. Manchmal baue ich auch Schauapparate daraus, die funktionieren mechanisch. Die sind schwer gefragt.«
    Lula sah sich ein Waldmurmeltier an, das auf einem Flecken Kunstrasen posierte. Das Fell fehlte an ein paar Stellen, und auf dem Rücken war eine Reifenspur zu sehen. »Sie sind ja nicht ganz dicht«, sagte Lula.
    »Das ist Kunst«, verteidigte sich Coglin. »Davon verstehen Sie nichts.«
    »Ich verstehe was von plattgefahrenen Tieren«, sagte Lula. »Was diesen neuen Termin betrifft…«, fing ich wieder an.
    »Geht das nicht auch nächste Woche?«, fragte Coglin. »Ich kann jetzt nicht weg. Ich muss zu Hause bleiben. Ich habe gerade einen frischen Opossumkadaver auf dem Tisch.«
    »Du liebe Güte«, sagte Lula.
    »Es ist gar nicht so leicht, in dieser Jahreszeit ein Opossum zu bekommen«, sagte Coglin. »Ich habe wirklich großes Glück gehabt.
    Und wenn es auftaut, ist es nicht mehr zu gebrauchen.«
    »Es dauert nicht lange«, beruhigte ich ihn.
    »Sie wollen wohl nicht ohne mich losfahren, wie?«, fragte er.
    »Genau.«
    Coglin sah auf die Uhr. »Wenn es wirklich nicht lange dauert, könnte ich mitkommen. Ich hole nur eben meinen Mantel und schließe den Hintereingang ab. Gucken Sie sich in der Zwischenzeit ruhig ein bisschen in meinem Ausstellungsraum um. Die Sachen stehen alle zum Verkauf.«
    »Das freut mich aber«, sagte Lula. »Ich wollte schon immer einen ausgestopften toten Hund haben.«
    Coglin verschwand im Haus. Ich vermied es, mir die Monsterchen aus der Nähe anzugucken. »Die Tiere machen mir Angst«, sagte ich zu Lula. »Es ist wie auf irgendeinem abgefahrenen Tierfriedhof.«
    »Ja«, sagte Lula. »Die haben auch schon mal bessere Tage gesehen.« Sie hob ein ausgestopftes Eichhörnchen hoch. »Dieses Kerlchen hat drei Augen. Der muss in der Nähe des Atomkraftwerks aufgewachsen sein.«
    Ich hörte die Hintertür ins Schloss fallen, dann wurde ein Motor angelassen.
    »Sein Auto!«, sagte ich zu Lula.
    Wir liefen nach hinten und sahen noch, wie Coglin in einem grünen Isuzu SUV davonbrauste. Wir machten kehrt, sprinteten zurück durchs Haus zu meinem Vic.
    »Da ist er!« Lula zeigte auf die nächste Kreuzung. »Er fährt auf der Centerline, Richtung Süden.«
    Ich haute den ersten Gang rein und drückte das Gaspedal durch. Die Kurve nahm ich auf zwei Rädern, Coglin war schon an der nächsten Straßenkreuzung.
    »Er biegt ab!«, sagte Lula.
    »Ich hänge mich ran.«
    »Die Ampel vor ihm ist rot«, sagte Lula. »An der Ampel muss er halten.«
    Ich stieg auf die Bremse, aber Coglin segelte glatt durch die Kreuzung und verlor sich im Verkehr.
    »Hatte wohl keine Lust auf Knast«, sagte Lula.
    Die Ampel sprang auf Grün, und ich kroch vorwärts. Ich sah zu Lula, die noch immer das blöde Eichhörnchen in der Hand hielt.
    »Wir mussten uns so beeilen, dass ich ganz vergessen habe, diesen Tschernobylnager

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