Ein echter Schatz
zum Himmel.
»Ach, du Scheiße«, sagte Lula. »Das war wohl kein Witz mit dem Auftauen.«
»Wir legen es besser wieder in die Kühltruhe.«
Lula hielt sich ihren Schal vor den Mund. »Ich rühre das Ding nicht an. Der Eichhörnchenmist war schon schlimm genug. Ich will mir nicht auch noch Opossumläuse einhandeln. In diesem aufgeblähten Zustand passt das Vieh sowieso nicht in die Kühltruhe.«
»Coglin ist nicht da«, sagte ich. »Er hätte was mit dem Tier gemacht, wenn er zurückgekommen wäre.«
»Worauf du einen lassen kannst«, sagte Lula. »Ich verdrücke mich.«
Wir fuhren zurück zum Kautionsbüro, und ich stellte mich direkt hinter Lulas Firebird. Beim Aussteigen fiel uns der Telefonmasten an der Straßenkreuzung auf. Wir mussten wie blöde hinglotzen. Er war über und über mit Fahndungsplakaten von mir beklebt. Das Foto war heimlich aufgenommen worden, und die Zeile darunter lautete: Wegen Mordes gesucht.
»Was fällt denen ein!«, sagte ich. Zuerst ein Panikgefühl in der Brust: Die Polizei sucht nach mir. Aber das hielt nur kurz an, denn es war kein offizielles Fahndungsplakat der Polizei. Das hatte jemand zu Hause mit Scanner und Drucker hergestellt.
Ich riss das Plakat von dem Masten ab und blickte die Straße hinunter.
Am nächsten Telefonmasten ein paar Häuser weiter sah ich noch mehr Plakate.
»Die kleben überall«, sagte Lula. »An Schaufenstern, an geparkten Autos.« Sie ging zu ihrem Firebird und stieg ein. »Ich fahre nach Hause. Ich muss den Eichhörnchenmist abwaschen.«
Ich ging ins Büro und zeigte Connie die Plakate.
»Das war Joyce«, sagte Connie. »Ich habe gesehen, wie sie sie aufgehängt hat, aber mir war nicht klar, was drauf ist.«
»Wahrscheinlich hat sie die ganze Stadt damit zugepflastert. Eigentlich müsste ich losfahren und sie alle abreißen, aber ich habe Wichtigeres zu tun… zum Beispiel herausfinden, wer Dickie umgebracht hat.«
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
»Ja. Mit ein bisschen Recherche. Joyce hat gesagt, Dickie wäre ein Vermögen wert.«
Connie haute seinen Namen in eins der Suchprogramme, und der Schirm füllte sich mit Einträgen aus dem Netz. »Vor einem Jahr hat er einen 42 000 Dollar teuren Audi geleast.
Sein Haus hat einen Schätzwert von 35.0000 Dollar, und es ist hypothekenfrei. Es gibt keine anhängigen Verfahren gegen ihn. Nichts Abträgliches in seiner Akte. Er ist Miteigentümer von dem Geschäftshaus, in dem seine Kanzlei untergebracht ist. Seine Kompagnons werden auch als Eigentümer aufgeführt. Das Haus wurde beim Kauf offensichtlich bar bezahlt. Und eine Hypothek ist hier auch nicht drauf.«
Connie druckte alles aus und gab mir den Zettel.
»Irgendwelche Anrufe für mich?«, fragte ich sie.
»Nein. Erwartest du welche?«
»Marty Gobel wollte sich heute Morgen bei mir melden. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er mich auf meinem Handy anruft.«
Nicht dass ich darauf brannte, mit Marty Gobel zu reden, aber das war mir immer noch lieber, als verhaftet zu werden. Ich wählte Morellis Nummer. Keine Antwort. Als Nächstes war Ranger dran.
»Babe.«
»Was Neues über Dickie?«
»Nein. Aber die Eingeborenen werden unruhig. Ich kann über die Wanze hören, wie Smullen ins Schwitzen kommt.«
Ich verließ das Kautionsbüro, kroch in meinen Vic und fuhr zu Dickie. Sein Haus war nicht zu übersehen, es war das einzige Haus in der Straße, das mit einem gelben Absperrband der Polizei versehen war. Es war ein großes Haus im Cottage-Stil mit schwarzen Fensterläden und einer roten Haustür, vermutlich dreißig Jahre alt, aber kürzlich gestrichen. Doppelgarage, hübsche Gartengestaltung, mittelgroßes Grundstück. Sehr gediegen alles, wenn man mal vom Absperrband absah. Ich wusste nicht, was mich erwartete, aber ich hatte Lust, daran vorbeizufahren. Wahrscheinlich die pure Neugier, weil Joyce so beeindruckt von Dickies Reichtum war. Von hier aus betrachtet schien er mir eher gut situiert, nicht überaus reich.
Ich ging im Kopf durch, wie sich das Verbrechen abgespielt haben könnte. Ich stellte mir vor, dass Dickies Haustür offen stand und dass derjenige, der auf ihn geschossen hatte, danach seine Leiche aus dem Haus schleppte. In der Einfahrt musste ein Auto gestanden haben. Die Schüsse waren kurz vor Mitternacht gefallen, draußen war es also dunkel. Der Himmel wolkenverhangen. Kein Mondlicht. Trotzdem hatte vermutlich jemand das Auto davonfahren sehen. Wenn man Schüsse hörte und so viel Nachbarschaftssinn hatte, die
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