Ein echter Schatz
der Anwaltskanzlei in den vergangenen zwei Tagen. Und dann ein Anruf bei Joyce von Peter Smullen um ein Uhr morgens, gleich nach Dickies Verschwinden.
»Ist Smullen nicht ein Kompagnon von Dickie?«, fragte Connie.
»Ja. Das ist seltsam. Warum ruft er Joyce um ein Uhr morgens an?«
»Vielleicht hatte er Sehnsucht nach ihr. Vielleicht läuft da was zwischen den beiden.«
Widerlich. Allein die Vorstellung. Aber was bedeutete das für meine Verabredung mit Smullen? Ich dachte, Smullen wollte mit mir über die Entführung oder den Mord reden. Schrecklich, wenn sich herausstellen sollte, dass er mit mir ins Bett wollte. Vielleicht hatte er die Wanze gar nicht bemerkt, stattdessen mein Dekolletee.
Die anderen Nummern auf der Liste sahen harmlos aus. Ich nahm den Computerausdruck und stopfte ihn in die Tasche.
»Ich muss los«, sagte ich zu Connie.
Connie fasste in ihre oberste Schreibtischschublade, holte eine Schachtel Munition für meine Smith & Wesson und warf sie mir zu.
»Nur für den Fall.«
Ich verließ das Kautionsbüro, machte es mir in dem Cayenne bequem und rief Ranger an.
»Yo«, meldete er sich.
»Ich habe deinen Rat befolgt und mich mit Joyce getroffen. Ich habe erfahren, dass es ein Konto bei Smith Barney gibt, Zugangscode ist Dickies Sozialversicherungsnummer. Nullsaldo. Zuletzt abgehoben wurden vierzig Millionen Dollar.«
»Und das hat Joyce dir freiwillig mitgeteilt?«
»Mehr oder weniger. Warst du eigentlich auch in Dickies Arbeitszimmer, als du dich in seinem Haus umgesehen hast?«
»Nein. Dafür blieb mir keine Zeit. Ich bin zwischen zwei Polizeiuntersuchungen ins Haus eingestiegen.«
»Vielleicht keine schlechte Idee, mal in Dickies Arbeitszimmer rumzustöbern. Mal sehen, was sich so findet. In seinem Anwaltsbüro würde ich mich auch gerne mal umschauen, aber das ist wohl etwas komplizierter.«
»Wo bist du jetzt gerade?«
»Vor dem Kautionsbüro.«
»Hol mich bei RangeMan ab.«
Der Hauptsitz von RangeMan liegt in einer ruhigen Seitenstraße in der Innenstadt vonTrenton. Es ist ein relativ kleines, unscheinbares siebengeschossiges Gebäude, das zwischen anderen Gewerbebauten eingeklemmt ist. An der Tür befindet sich eine Hausnummer und eine Messingplatte, aber ein Schild mit der Aufschrift RangeMan sucht man vergeblich. Parkplätze sind in der Tiefgarage, die durch eine Schranke versperrt ist. Rangers Privaträume sind in der obersten Etage. Die ganze Anlage ist technisch hoch ausgerüstet und wird überwacht. Ranger wartete draußen auf mich. Ich fuhr an den Straßenrand und drapierte seine Mütze auf der Ablage zwischen den Sitzen. Er stieg ein und setzte sich die Mütze auf.
»Heilfroh, dass du das gute Stück wieder hast?«, fragte ich.
»Ein Freund hat mir diese Mütze geschenkt, kurz bevor er starb. Es ist eine Mahnung, immer vorsichtig zu sein.«
Ich sah ihn von der Seite an. »Ich dachte, du trägst sie, weil sie klasse aussieht.«
Das provozierte ein Lächeln. »Findest du, dass ich klasse aussehe mit dieser Mütze?«
Ich fand, er sah in allen Klamotten klasse aus. »Es ist eine schöne Mütze«, erwiderte ich.
Als wir zu Dickies Haus kamen, drosselte ich das Tempo. Das Absperrband der Polizei war entfernt worden, und das Haus wirkte nicht mehr so gruselig. Keine Autos in der Einfahrt, keine erleuchteten Fenster.
»Park direkt vor dem Haus«, sagte Ranger. »Wir tun so, als gehörten wir hierher.«
Wir gingen zum Eingang, und Ranger drückte die Klinke. Die Tür war verschlossen. Er holte ein kleines Werkzeug aus der Tasche, und nach zwanzig Sekunden sprang die Tür auf. Ich glaube, das Werkzeug war reine Schau; wenn ich nicht zugeguckt hätte, hätte er Abrakadabra gesagt, und die Tür hätte sich von allein geöffnet.
Ich folgte Ranger in den Flur, und sogleich stellte sich das Gruselgefühl wieder ein. Auf dem Boden waren immer noch Blutspuren zu sehen. Das Haus war komplett auf den Kopf gestellt worden.
»Hat es schon so ausgesehen, als du hier warst?«, fragte ich.
»Nein. Jemand hat nach irgendwas gesucht, und er ist dabei nicht zimperlich vorgegangen.«
Wir gingen von Zimmer zu Zimmer, ohne die angerichtete Unordnung zu verändern. Aufgezogene Schubladen, der Inhalt auf dem Boden verstreut. Kissen lagen herum, manche aufgeschlitzt. Matratzen ebenfalls. Dickies Arbeitszimmer war ordentlicher, hier war eindeutig sorgfältiger gesucht worden. Der Computer fehlte, ebenso die Akten. Schwer zu erkennen, ob die Polizei sie mitgenommen hatte oder derjenige, der
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