Ein echter Schatz
Hintern abzufrieren. In der Garage war keine Menschenseele, kein Kommen, kein Gehen, nur ich und das Echo meiner Schritte. Ich näherte mich dem Cayenne, als Ranger aus dem Schatten hervortrat.
»Ich bringe dich nach Hause«, sagte er. »Ich möchte sicher sein, dass keiner in deiner Wohnung auf dich wartet.«
»Wirklich nett von dir, aber ich hatte gar nicht vor, nach Hause zu fahren. Eigentlich wollte ich mich auf dem Friedhof herumdrücken und gucken, ob Diggery die gerade beerdigte Lorraine Birnbaum um ihren Diamantring erleichtert.«
»Es ist -10° C draußen«, sagte Ranger. »Wenn Diggery wirklich darauf angewiesen ist, bei diesen Temperaturen Gräber auszurauben, dann gönn ihm doch wenigstens den Diamantring.«
Ranger überquerte die Broad und bog in die Hamilton. Zwischen den geparkten Autos an der Bordsteinkante huschte eine dunkle Gestalt hervor und kehrte blitzartig mit einer Schaufel etwas von der Straße auf. Für den Bruchteil einer Sekunde erwischte Ranger ihn im Kegel seiner Scheinwerfer. Weit aufgerissene Augen, dann war die Gestalt auch schon wieder verschwunden, zwischen den Autos untergetaucht, aufgesogen von der Nacht.
Ich schnappte nach Luft, und mir schauderte am ganzen Körper.
»Ist das jemand, den du kennst?«, fragte Ranger. »Das war Crazy Carl Coglin. Der steht auch auf meiner NVG-Liste.« »Babe.«
Als echte Kopfgeldjägerin hätte ich Coglin jetzt auf der Stelle verfolgen und ihn zur Strecke bringen müssen, aber den Anblick seiner Beute auf der Schaufel wollte ich mir ersparen. Lieber hielt ich mich an Rangers Philosophie: Wenn Coglin diese überfahrenen Tierchen so dringend benötigte, wollte ich sie ihm gerne gönnen.
Drei Ampeln später bog Ranger von der Hamilton ab und fuhr auf den Mieterparkplatz hinter meinem Haus. Er sah hinauf zu den dunklen Fenstern meiner Wohnung, stellte den Motor des Cayenne ab und wandte sich mir zu. »Wie war denn nun dein Küchengespräch mit Joyce?«
»Sie hat endlich geschnallt, dass du mir bei der Suche nach Dickie hilfst: Deswegen, meint sie, wäre es doch viel klüger, uns einfach ständig zu verfolgen, statt alleine loszuziehen. Sie ist also meine neue Busenfreundin.
Ich habe ihr natürlich gesagt, es sei höchst unwahrscheinlich, dass du ihr Dickie einfach so überlassen würdest, aber sie meinte, sie verstünde was von Männern. Im Grund wären sie alle gleich. Schwanz und Sack und Ego, und wenn man sie streichelt, wären sie glücklich und zufrieden.«
Ranger beugte sich über die Ablage zu mir herüber und fuhr mit einem Finger seitlich über mein Gesicht. Die Fingerspitze war warm und die Berührung sanft. »Ich hoffe, ich bestehe aus mehr als nur Schwanz und Sack und Ego. Aber was das Streicheln betrifft, hat sie recht.«
Ein SUV rollte auf den Parkplatz und baute sich hinter uns auf.
Ranger sah sich um. »Das ist Tank. Er bringt mich zurück zu RangeMan. Aber erst überprüfe ich deine Wohnung. Den Cayenne kannst du vorerst behalten.«
Um Punkt sieben schellte Caesar an meiner Tür. Er trug das übliche RangeMan-Schwarz, war aber schlanker als die meisten anderen von Rangers Leuten. Niemals hätte er eigenhändig einen Motor aus einem Mercedes aushängen können. Ich schätzte ihn auf Ende zwanzig. Er übergab mir eine Einkaufstasche und eine Winterjacke und trat mit höflicher Zurückhaltung in meine Wohnung.
»Es dauert nur eine Minute«, sagte ich. »Komm doch schnell rein.« Er nickte, blieb aber in der Tür stehen, Hände vorne verschränkt, als hätte ich den Befehl gegeben: Rührt euch.
Ich hatte vorher schon mal für RangeMan gearbeitet, und Rangers Haushälterin Ella kannte mein Kleidergröße. Jetzt hatte sie mir schwarze All-Terrain-Schuhe aus Leder, schwarze Cargohosen, ein langärmliges schwarzes T-Shirt mit magentafarbenem RangeMan-Logo und einen schwarzen, gewebten Baumwollgürtel geschickt. Die schwarze Winterjacke war die gleiche, die auch Ranger trug, nur mit schwarzem Logo.
Ich zog mich an und musterte mich im Spiegel. Ein Ranger in Miniaturausgabe. Ich verabschiedete mich von Rex, verschloss die Wohnung und folgte Caesar zu einem makellosen schwarzen Ford Explorer. Ohne Logo.
Caesar fuhr zu einem großen, verwinkelten Haus im Kolonialstil nördlich von Trenton. Das Grundstück und der Garten waren top gepflegt, sogar jetzt, mitten im Winter, und das Haus bot einen Panoramablick auf den Fluss. Wir hielten in der kreisförmigen Einfahrt, Caesar nahm ein Klemmbord vom Rücksitz, und wir machten uns an
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