Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
Langsam, aber sicher wurde entfernt, was einst der Grundstein beim Bau des modernen Norwegen war. Der Stadtrat in Odda antwortete auf die Herausforderungen mit der Wette, dass es im Jahr 2000 noch zehntausend Oddaer geben würde. Was für eine Clique! Hätten sie es wenigstens mit einem Augenzwinkern gesagt! Wir im Schmelzer hatten ein geflügeltes Wort: Wir müssen zum Ficken nach Hause! Das sagten wir am späten Abend: Ich kann nicht länger bleiben, Leute, muss zum Ficken nach Hause, wir brauchen jeden Oddaer, den wir kriegen können. Aber die Einwohnerzahl ging immer weiter nach unten.
Nehmen wir zum Beispiel die Sperma-Brüder in Odda, sie waren zu fünft oben in Eidesmoen, gute Kerle, Langläufer, bestes Heiratsmaterial, aber als sie noch klein waren, machten die Leute Witze über ihren Nachnamen. Die Lehrerin des ältesten Sperma-Bruders erlangte legendären Status, als sie in einer Mathestunde die Faxen dicke hatte und vom Lehrerpult herunterbrüllte: Jetzt reicht’s, raus mit DEM SPERMA! Später gingen die Sperma-Brüder als ewige Junggesellen durchs Leben, sie nahmen den Nachnamen der Mutter an, Bjånesøy. Aber die Bjånesøy-Brüder hatten kein Glück bei den Frauen, sie rannten wie die Bekloppten, alle miteinander, sie waren treibende Kräfte im Sportverein Korlevoll, aber sie rannten niemals hinter Mädchen her, nur auf der Bahn oder im Gelände, gemeinsam, und mit der Zeit wurde klar, dass sich die Brüder wohl kaum fortpflanzen würden. Das Sperma wollte nicht raus. Die Menschen an Orten wie Odda und Tyssedal hatten seinerzeit für die Wohlstandsreformen gekämpft, jetzt bekamen wir zu hören, unsere historische Aufgabe sei erfüllt. Die Bevölkerungszahl ging zurück, und die Steuereinnahmen schrumpften wie ein Hodensack im kalten Sørfjord. In Großbritannien hatte Margaret Thatcher erklärt, es gebe kein Gemeinwesen. Ronald Reagan hatte in den USA gesagt, die Leute sollten einfach leben, freigebig lieben und den Rest Gott überlassen. Nach Odda kamen freiwillig nur Umstrukturierungsberater, Gründerschulen und Wirtschaftsentwicklungsgesellschaften. Sie beraumten Sitzungen an, verfassten Ausschussberichte und erstellten bunte Broschüren über die Zukunft Oddas. Das ist die norwegische Art, einen Ort abzuwickeln. An einem Oktobertag 1988 sollten die Berater in einer Massenkundgebung im Oddaer Kino ihre Pläne und Visionen vorstellen. Das Problem war nur, dass das angemietete Wasserflugzeug aufgrund des starken Seitenwinds nicht auf dem Sørfjord landen konnte. Alle wichtigen Redner der Kundgebung befanden sich an Bord des Wasserflugzeugs. Die VIPs sollen den Piloten zwar massiv unter Druck gesetzt haben, doch noch mit dem Flugzeug zu landen, aber er weigerte sich. Hast du Zweifel, gibt es keinen Zweifel, war das Motto des Piloten, was er den Passagieren zu vermitteln versuchte, während sie über Odda kreisten und später nach Voss zurückflogen. Während die siebenhundert Oddaer auf die Umstrukturierungsberater warteten, hörten sie das Oddaer Musikorchester King Cotton und Alte Kameraden spielen. Die Organisatoren hatten noch Tommy T. angeheuert, den lokalen Magier, der im Hauptberuf als Gemeinderevisor arbeitete. Seine Glanznummer war ein Trick, bei dem er eine Spielkarte hochkant balancierte, ohne sie zu berühren.
Was kommt jetzt?
Tja, Arvid Lunde erhält bei C. Conroy Sons & Co. die Kündigung. Er hat damit gerechnet, eigentlich hat es ihn eher überrascht, dass sie ihn so lange gewähren ließen. Trotzdem ist er enttäuscht, als CC ihn zu sich ins Büro ruft und vorschlägt, einen Hafenspaziergang zu machen. Sie wissen, dass ich großes Vertrauen in Sie gesetzt habe, sagt CC, als sie an Containern vorbeigehen, die be- und entladen werden. Der Direktor hat sich aus dem Büro Obst mitgenommen. Möchten Sie eine Banane haben?, fragt er. Arvid Lunde nimmt das Angebot an, dann gehen sie Seite an Seite weiter und essen ihre Bananen. Sie setzen sich auf eine Bank in der Sonne. Sie haben eine strahlende Zukunft vor sich, sagt CC. Dann helfen Sie mir jetzt, sagt Arvid Lunde. Sie wissen, dass es hier nicht um Sie oder um mich geht, sagt Christiansen. Es geht um eine dringend erforderliche Schrumpfung. Dann helfen Sie mir, um Gottes willen, bittet Arvid Lunde. Gott?, fragt Christiansen, lassen Sie Gott aus dem Spiel. Tja, dann um der Familie willen, sagt Lunde. Na ja, ich bin nicht Ihre Familie, sagt Christiansen. Das stellt er ganz klar. C. Conroy Sons & Co. ist zu klein und fragil, um ins Minus zu
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