Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
Seine Haare waren ausnahmsweise zerzaust, als wäre der Oktoberwind von draußen quer durchs Gebäude gefegt. Er sagte, das Allerwichtigste sei, intensiv nachzudenken, sich still zu verhalten und das Beste zu hoffen. Alle waren sich einig, dass die Situation kritisch sei, aber Arvid Lunde behauptete, die Situation könne für den Aktienankauf nicht besser sein. Hier und jetzt sollte C. Conroy Sons & Co. auf dem Markt sein. Ja, eigentlich sollten sie keine Minute länger auf diese Sitzung verschwenden. Sie müssten die Bank davon überzeugen, dass dies eine außergewöhnliche Chance war. Wir sollten Panik kaufen und zum doppelten Preis veräußern, sagte Arvid Lunde. Tja, das Glück siedelt die Wagemutigsten ganz oben an, musste CC einräumen, er sagte aber auch, er sei sehr im Zweifel, was den weiteren Weg angehe. Er hatte sich gesetzt, kreidebleich im Gesicht, hatte den Stuhl leicht vom Tisch abgerückt, als wollte er gleich flüchten. Ist es nicht merkwürdig? Wenn man zum Beispiel beim Fußballtoto Millionen gewinnt, bekommt man vom Staat alle nur denkbare Hilfe. Er schickt einen Psychologen, ein Krisenteam steht bereit. Nehmen wir die Valiumwalze aus Odda. Als er im Lotto zwanzig Millionen gewann, kam eine ganze Clique aus Hamar angefahren, um den Kerl zu beraten. Die Leute stiegen aus dem Volvo und wurden von ihm, der mit einer Ginflasche winkte, persönlich begrüßt. Willkommen in Odda, rief die Valiumwalze.
Dem Team wurde rasch klar, dass es vor einer unlösbaren Aufgabe stand. Die Valiumwalze wollte nichts anderes, als sich in Alkohol ertränken. Den Plan befolgte er im Übrigen bis ins kleinste Detail. Jeden Abend stand er im Schmelzer am Tresen und versoff seinen Lottogewinn. Seine Stimme löste sich langsam auf, sein Herz arbeitete schwer, und der ganze Mann war so alkoholisiert, dass man schon besoffen wurde, wenn er einen nur anhauchte. Die Valiumwalze meinte, eines Tages, eines schönen Tages werde seine Blase im Schmelzer explodieren und die Wände würden mit großen Mengen Urin und Schnaps getränkt. Aber wie ist es bei Leuten, die mit Aktien reich werden? Welche Hilfe bekommen sie? Arvid Lundes Problem war, dass er ein eigenes Portfolio besaß, auf das ihm die Oslobank einen Kredit gewährt hatte. CC hatte ihm dazu geraten, und bisher hatte Arvid Lunde von diesem Arrangement wirklich profitiert. Aber ein Mann muss sich auch nach einem Crash behaupten. Nach mehreren Wochen mit einem abstürzenden Markt musste Arvid Lunde mit der Oslobank einen Termin vereinbaren. Seine Aktien waren zu dem Zeitpunkt acht Millionen Kronen weniger wert als seine Schulden. Der Bankdirektor selbst, Jan Gunnar Breivik, bat Arvid Lunde an jenem Dezembertag, Platz zu nehmen. Breivik klopfte mit dem Stift auf den Eichentisch und sah Lunde direkt in die Augen. Etwas Sand im Getriebe?, fragte er. Etwas, antwortete Arvid Lunde. Was machen wir da?, fragte der Bankdirektor. Ja, was machen wir da?, antwortete Arvid Lunde. Breivik sagte, sie würden Lunde weiterhin vertrauen, sie seien bereit, ein Risiko auf sich zu nehmen, sie könnten sich vorstellen, ihm drei Monate zu geben, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Er konnte innerhalb des Portfolios arbeiten, das er bereits hatte. Breivik sei sich sicher, dass Arvid Lunde eine bedeutende Wertsteigerung erreichen könne. Er hatte es schon einmal geschafft, er konnte es wieder schaffen.
Anfänger gewinnen beim Spielen immer, stimmt’s? Sie gewinnen, und keiner weiß, warum. Alle Anfänger sind so von sich überzeugt, dass ihnen keiner was erzählen kann. Dann beginnen sie plötzlich zu verlieren, aber noch immer wollen sie keinen Rat. Sie wissen alles am besten. Arvid Lunde hatte Anfängerglück gehabt. Er wusste es, aber er wusste auch, dass es wieder besser laufen würde, wenn er sich in alle Richtungen offen zeigte. Pech währt auf dem Aktienmarkt nicht ewig. In den nächsten Wochen hatte Arvid Lunde morgens ein gutes Frühstück im Bauch, er begegnete den Leuten mit offenem Blick, er unterhielt sich mit Taxifahrern und Menschen, die neben ihm in der Straßenbahn saßen. Er wollte dicht an der Welt dran sein, wie damals, als er vorne lag. Er hatte großes Vertrauen in eine norwegische Seismik-Firma, fühlte sich sicher bei einem Schweizer Produzenten, der Trauerkränze aus Spielkarten und Schlüsselkarten herstellte. Wenn er am Abend nach Hause kam, hatte er noch mehr verloren. Er, der früher nichts falsch gemacht hatte, machte jetzt nichts richtig. Was war es für ein
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