Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
sage ich. Sie haben hier ein ausgezeichnetes Fünf-Gänge-Menü, sage ich und zeige Jan das Menü. Sieben Gänge, schiebt der Ober rasch dazwischen, sieben Gänge haben wir heute Abend. Hören Sie, sage ich, ich bin hier der Gast, und Ihr Benehmen ist das Unverschämteste, was mir je untergekommen ist, ich soll also nehmen, was Ihnen am besten passt? Der Kellner wird still. Jan starrt mich überrascht an, dann sieht er zu dem Ober hoch. Ich habe meinen eigenen Sohn in Verlegenheit gebracht. Einen Moment, sagt der Ober, ich frage mal in der Küche nach. Er verschwindet. Das ist nett, sagt Jan. Ja, das ist nett, sage ich. Ich habe es am Telefon nicht richtig verstanden, aber bist du bei diesem Wetter über Haukeli gefahren? Genau, sage ich, genau. Und was hast du für Pläne? Ich will Ingvar Kamprad entführen, sage ich. Jan wartet, lacht, sein Gesicht bekommt Risse. Ich war schon immer bescheuert, aber jetzt hat mich der Verstand endgültig verlassen. Das sind also deine Pläne?, sagt Jan. Genau, sage ich. Er lächelt. Ein Verdacht hat sich bestätigt, den er sein Leben lang gehegt hat.
Der Ober kommt zurück. Sie sollen Ihr Fünf-Gänge-Menü bekommen, sagt er, als wäre es das Äußerste, wozu sie sich hier herablassen können. Ich erwäge kurz zu sagen, dass ich mich jetzt für vier Gänge entschieden habe, aber das wäre wohl zu viel des Guten. Ich bin zu hungrig, ja, ich bin eingefallen wie eine Hammelkeule. Ich bestelle einen Wein und zwei Flaschen Farris. Der Ober sagt, sie schenken kein Farris aus. Nein? Farris enthält zu viel Salz, sagt er. Farris macht eher durstig, als dass es den Durst stillt. Ist das so?, frage ich schockiert. Ich sage, dass ich gern Farris trinke. Farris hat außerdem zu viel Kohlensäure, sagt der Ober. So viel Kohlensäure ist nicht gut, weder für den Geschmack noch für die Verdauung. Ha. Jetzt habe ich ihn. Mit seiner Kohlensäure ist er zu weit gegangen. Der Ober merkt, dass er sich blamiert hat. Und was ist die Alternative zu der vielen Kohlensäure?, frage ich schließlich. Das Gesicht des Obers hellt sich auf. Ich habe beschlossen, ihn zu verschonen. Wir stellen unser eigenes Wasser her, sagt er, mit weniger Salz und weniger Kohlensäure. Dann will ich es gern probieren, sage ich. Um ein Haar hätte er mich umarmt, was für ein unreifer Mann, mit seiner lächerlichen Vorliebe für Oslowasser mit wenig Kohlensäure.
Wie geht es Mama?, fragt Jan, nachdem wir unseren Wein und das kohlensäurearme Wasser bekommen haben. Gut, sage ich, sie ist wie üblich in der glücklichen Situation, nicht zu wissen, wie gaga sie eigentlich ist. Ich sehe, wie Jan erstarrt. Das freut mich. Ich sage, dass ich Marny verloren habe. Die Frau, die ich geliebt habe, gibt es nicht mehr, die Mutter, die er einmal hatte, gibt es nicht mehr. Es gibt eine andere Marny, erkläre ich Jan, eine Marny in der Marny, die wir kannten, und diese Marny ist gaga. Ich verstehe nicht, dass du so über Mama sprechen kannst, sagt Jan. Ja, er war schon immer ein Mamakind. Ich weiß, dass ich das längst abgelegt haben sollte, und ich werde es jetzt nicht weiter treiben, wir haben alle einen Vater und eine Mutter, wir sind Kinder des Bettes und des Zufalls, aber meine Söhne waren zwei Spermien, die vor mir gestorben sind, zwei Spermien, die langsam im Laken eines glücklichen Vaters vertrocknet sind.
Ich frage, wie es Solveig und den Kindern geht. Jan sagt, sie seien in Lillehammer. Zum Skifahren?, frage ich. Zum Skifahren?, fragt Jan. Ja, läuft da nicht gerade ein Skirennen? Der Ober rückt mit dem ersten Gang an. Die letzten Minuten hat er sich um den Tisch herumgedrückt, als wollte er alles geben, um uns zufriedenzustellen. Er serviert eine Gänseleber-Mousse und eine Creme mit gehackten Mandeln. Doch, es schmeckt herrlich, genau das, was ich jetzt brauche. Ich könnte auch ein Sofa brauchen und ein paar Minuten auf dem Ohr, ich könnte an einem Lagerfeuer liegen, unter freiem Himmel, während der Rauch langsam in die Dunkelheit aufsteigt. Der nächste Gang ist ein Trüffelrisotto. Der Ober ist im Freudenrausch, zwar kann er nicht umhin, uns darauf hinzuweisen, dass wir den dritten Gang verpassen, eine leckere Krabbenzange, aber er ist jetzt ein glückliches Hündchen. Du willst also Ingvar Kamprad entführen?, fragt Jan mit vollem Mund. Ich nicke. Er lacht. Ich kann tun und sagen, was ich will, mein Sohn wird grinsen. Ich bin eine helle Straßenkreuzung, ich bin ein Monument anarchischen Humors.
Jan möchte, dass
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