Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
erinnern, die damals mit ihm zusammen bei mir eingekauft hatte, eine hübsche Frau mit langen hellen Haaren. Ich konnte ihn verstehen, all diese Dinge verband er mit ihr, sie alle würden sich an ihn klammern, er konnte erst einen Schlussstrich ziehen, wenn er sich von den alten Sachen getrennt hatte. Ich fragte ihn, wie viel er für die Möbel haben wolle. Er sagte, er wisse nicht, was sie wert seien. Ich sagte, er könne sich einen Preis überlegen, dann würden wir sie mit dem Möbelwagen holen. Ich will nicht verschweigen, dass ich dabei auch die Hoffnung hatte, ihm neue Möbel verkaufen zu können, aber das Wichtigste war, dass ich einem Mann half, der ins Minus geraten war. Ein paar Jahre später kam er tatsächlich mit einer neuen Frau in den Laden. Sie brauchten Möbel für eine neue Wohnung. Mir ist alles egal, sagte der Mann, Hauptsache, das Bett ist von höchster Qualität.
Ich will den Mund nicht zu voll nehmen, aber wir waren am Aufbau von Åsane beteiligt. Wir gossen ein Fundament, schufen den Rahmen für ein mögliches Leben, möblierten Zimmer, in denen die Menschen leben und spielen, lieben und hassen, vielleicht sogar Leben weitergeben konnten. Zimmer, in denen sie aufwachten, munter und guten Mutes, Zimmer mit Platz für Feste und Kaffeetassen, Kuchen und lange Abendessen.
Mit der Zeit gerieten meine eigenen Tage ins Minus. Die Vormittage waren am Schlimmsten. Marny stand nachts oft auf, lief unten im Gang rastlos auf und ab. Anfangs wurde ich jede Nacht wach, hatte panische Angst, dass sie hinausgehen und verschwinden könnte, aber sie lief nur im Gang auf und ab. Mehr tat sie nicht. Wenn sie müde genug war, kroch sie wieder ins Bett und schlief angezogen ein. Morgens musste ich ihr die Kleider ausziehen und sie in die Dusche schicken. Immer öfter weigerte sie sich, mir zu gehorchen. Von Morgen zu Morgen dauerten die Streitereien länger. Früher war der Morgen ein angenehmes Ritual, Dusche, Frühstück, in den Laden gehen. Jetzt war er eine Schlacht, die Stunden dauern konnte. Den halben Tag lief Marny in den Kleidern herum, in denen sie nachts geschlafen hatte, ich wollte, dass sie duschte, ich wollte ihr die Haare waschen und kämmen, damit sie nicht verfilzten und in alle Richtungen abstanden. Ich musste ihr auf der Toilette helfen. Sie saß da und starrte mich an, als würde sie denken: Es kann doch nicht sein, dass ich mit diesem Trottel verheiratet bin. Dann beschimpfte sie mich. Wie soll ich denn kacken können, wenn ich nichts im Magen habe?, sagte sie. Sie hatte recht, ich bemühte mich, sie zum Essen zu bewegen. Ich kochte ein leckeres Gericht nach dem anderen, aber wenn ich das Essen auf den Tisch stellte, konnte es sein, dass sie sich eine Zeitung schnappte, die sie unbedingt lesen musste, eine Zeitung, die sie garantiert schon von der ersten bis zur letzten Seite gelesen hatte, oder sie legte sich einfach ins Bett. Dann saß ich da mit dem leckersten Essen der Welt, mit Liebe und tausend sorgenvollen Gedanken zubereitet. Wo sind die Zwiebeln?, rief Marny, wenn sie sich ausnahmsweise zum Essen hinsetzte. Wo ist der Lauch? Wo sind die gehäuteten Tomaten? Stets vermisste sie Zutaten in dem fertigen Essen. Ich habe alles mitgekocht, versuchte ich ihr zu erklären. Dann ging sie zum Mülleimer, um nach Spuren der vermissten Zutaten zu suchen. Du lügst, sagte sie, wenn sie das Gesuchte nicht fand. Sie probierte das Essen und sah mich mit einem Blick voller Hohn an, bevor sie aufstand und wegging.
Eines Morgens wurde es mir zu viel. Ich schrie Marny an, sie solle endlich unter die Dusche gehen. Sie solle die verdammten Kleider ausziehen, dann solle sie in die verdammte Dusche steigen und das verdammte Wasser aufdrehen. Ihr Gesicht bekam einen ängstlichen Ausdruck. Plötzlich hatte sie Angst vor mir, sie tat, was ich sagte, ich war zu wütend, als dass sie mir zu widersprechen wagte. Ich lebe mit Marny Kolås Lunde seit mehr als vierzig Jahren zusammen, in diesen Jahren hatten wir uns vielleicht fünf- oder sechsmal gestritten. Jetzt stand ich jeden Morgen da und schrie, sie solle unter die verfluchte Dusche gehen. Sie gehorchte, sobald ich die Stimme erhob. Jetzt ziehst du die Unterhose an, schrie ich. Sie gehorchte. Dann den BH. Das grüne Kleid. Dann legst du die schöne Halskette um, die ich so gern mag, schrie ich. Ich will, dass du gut aussiehst, Marny!, schrie ich. Ich will nur, dass du gut aussiehst! Sie gehorchte. An diesem Punkt brach ich meistens zusammen. Ich musste mich
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