Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
natürlich peinlich für sie, als müsste ich ihre Lausbubenstreiche ertragen, die sie hinter meinem Rücken verübten. Ich war sicher, sie würden loyal bleiben, wenn sie etwas nachgedacht hatten. Die Geschichte unseres Hauses reichte sehr weit zurück. Ja, unsere Geschichte war einzigartig, Möbel-Lunde war der Hosenverkäufer, der den Gabardinestoff in Ehren hielt. Ich führte mich selbst mit solchen Gedanken hinters Licht, keine Frage.
Später nutzten die Kunden IKEA zu einer Form der Erpressung. Sie kamen zu uns, um zu sehen, wie weit sie die Preise nach unten drücken konnten. Sie wollten unsere Qualität, aber zu IKEA-Preisen. Dann gehen wir zu IKEA, sagten sie, wenn sie die Waren nicht billig genug bekamen. Wir waren schon bei IKEA, sagten sie. Ich auch, antwortete ich, und das kann ich Ihnen sagen: IKEA hat nur Schrott. Dann starrten sie zu Boden oder sahen mich verächtlich an. Ich sagte, man könne sich schnell am Preisschild blind sehen, denn wenn man nur auf das Preisschild schaute, war man quasi blind. Es war merkwürdig, als wäre das, was Möbel-Lunde zu bieten hatte, unter ihrem Niveau. Also gingen sie zu IKEA, um etwas zu kaufen, was sich schwedische Pfuscher ausgedacht hatten. Am Flughafen gab ich dem Bürgermeister die Hand und wünschte ihm einen guten Flug. Ich bat ihn, an die Schnepfe und die Rohrdommel zu denken. Er sah mich verständnislos an. Ich bin eine Schnepfe, sagte ich. Vergessen Sie das nicht. Anschließend setzte ich mich mit einer Tasse Kaffee ins Café. Pausenlos landeten und starteten Flugzeuge auf der regennassen Bahn, sie kamen aus den Wolken oder stiegen zur Wolkendecke auf. Ich saß da und überlegte, welches Flugzeug wohl den Bürgermeister der Arbeiterpartei nach London beförderte.
Als wir in Konkurs gingen, begann ich mich in gewisser Weise zu rächen. In der Zeitung hatte ich gelesen, dass ein Mann bei IKEA einen Herzinfarkt erlitten hatte und zusammengebrochen war. Der Mann hatte fünf oder sechs Minuten dagelegen, bevor sich jemand um ihn kümmerte und er zum Arzt gebracht wurde. Die Leute liefen um den Mann herum und an ihm vorbei, stiegen über ihn hinweg. Niemand nahm von ihm Notiz. Die IKEA-Leitung entschuldigte sich, aber der Mann sagte, er sei schockiert, dass sich niemand um einen Menschen kümmerte, der ganz offensichtlich Hilfe brauchte. Zwei Monate lang stand ich jeden Morgen mit dem Kopf voller Giftschlangen auf, zog mich an, rasierte mich, schmierte mir Brote und betrachtete mich im Spiegel im Gang, ein diabolisches Lächeln. Dann entschied ich mich für ein Geschäft oder ein Einkaufszentrum in Åsane, ich hatte weiß Gott eine riesige Auswahl, die Geschäfte und Zentren hatten sich in Åsane wie Nesselfieber verbreitet. Ich suchte mir auf der langen Liste einen Laden oder ein Zentrum aus, ging raschen Schrittes dorthin, wählte ein geeignetes Plätzchen, stellte die Stoppuhr und legte mich auf den Boden. Ich schloss die Augen und wartete. Für jemanden, der es nicht ausprobiert hat, mag das ganz einfach klingen. Die Stoppuhr stellen, sich hinlegen, die Augen schließen. Aber ich kann versichern, dass man Mut braucht, um so etwas zu tun. Allein schon, die Augen zu schließen, wenn um einen herum Hunderte Menschen sind, ist eine sportliche Disziplin, die die wenigsten beherrschen. Mit der Zeit brachte ich es darin zu absoluter Perfektion. Sich hinlegen, die Augen schließen, warten. Das machte ich eine Zeitlang jeden Tag, ich ging zu Hause los und legte mich in verschiedenen Zentren auf den Boden, bevor ich später zu Marny ins Pflegeheim fuhr. Ich hatte ein kleines Notizbuch dabei, in dem ich meine Ergebnisse notierte. Abends übertrug ich alles in ein Buch und operierte dabei mit verschiedenen Kategorien wie «Familienbetrieb», «Einzelhandel», «Supermarkt», «Kaufhaus», «Einkaufszentrum», «IKEA». Meine Ergebnisse waren eindeutig. Je größer der Laden, desto länger dauerte es, bis jemand kam und seine Hilfe anbot. In einem Familienbetrieb kommen sofort Leute. Sie heben dich hoch, helfen dir, wecken dich, trösten dich. Sie bringen dir Wasser, Fächer, Verbandszeug und ich weiß nicht was. In familiengeführten Läden lag ich im Schnitt nur 45 Sekunden auf dem Boden, bis ich Hilfe bekam. An dieser Stelle muss hinzugefügt werden, dass der Durchschnitt von einem Tabakhändler in Åsane-Zentrum angehoben wurde, bei dem ich mich in dem Moment hingelegt hatte, als der Besitzer im Hinterzimmer verschwunden war, um eine zu rauchen und zu
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