Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
Film wird nicht gezeigt. Ich verfolge die Nachrichten weiter, aber er wird nicht gezeigt. Wir bekommen nur Skiläufer zu sehen, die davonstürmen. Ingvar Kamprad beginnt über einen Stuhl zu reden, der seit dreißig Jahren in seinem Büro steht. Er sollte sich einen neuen kaufen, aber in technischer Hinsicht ist der Stuhl so gut wie neu. Er erzählt von seinem ersten Möbelverkauf, nachdem er jahrelang nur Stifte, Samentütchen und Weihnachtskarten im Sortiment hatte. Doch dann verkaufte er ein Möbelstück. Es war sein stolzester Moment. Der Tag, an dem er zum Möbelhändler wurde.
Der Nachrichtensprecher ist auf den Bildschirm zurückgekehrt. Er sagt, der Entführer sei verhaftet worden. Gleich kämen sie mit mehr Informationen von einer Pressekonferenz. So, sagt Kamprad, das ist interessant. Ein Reporter erzählt, ihnen lägen Informationen vor, wonach der Verhaftete schwedischer Staatsbürger aus Småland sei, 43 Jahre alt. Ich will es mal so sagen: Damit hatte ich nicht gerechnet. Im Campingwagen entsteht eine seltsame Stille. Dann hebt Ebba die Hände über den Kopf. Zuerst verstehe ich nicht, warum, doch dann wird mir klar, dass sie glaubt, wir seien frei. Sie haben den Falschen verhaftet, und wir kommen ungeschoren davon. Es ist Morgen, langsam wird es hell. Ebba frohlockt. Ingvar Kamprad lächelt. Demnach wäre alles in bester Ordnung. Kamprad lächelt mir zu: Sie kriegen Ihre Rache nicht, sagt er. Ich hätte Lust, ihm die Brille in die Augenhöhlen zu schlagen. Dieses Mal hat er recht. Ich sitze hier im Campingwagen mit Kamprad als Trophäe, aber ich bekomme meine Rache nicht. Ein 43-Jähriger aus Småland hat meine Sünden auf seine Schultern geladen. Ich kann natürlich anrufen und den Mann zum Lügner machen, aber im Moment hat er mich um mein Verbrechen geprellt. Er hat mir Ingvar Kamprad weggeschnappt, so wie ich Ingvar Kamprad seinem Leben weggeschnappt habe.
Ich muss mich setzen. Meine Geschichte fällt durch. Ingvar Kamprad ist alles, was wir kriegen, sein Leben im Detail, eine Nahaufnahme von jedem Penny, den er ergaunert hat. Was den Leuten alles entgeht! Meine Geschichte ist die bessere, aber sie wird nicht erzählt. Kamprad sieht mich an und spricht mit mir, als wäre ich ihm ebenbürtig, wir sind Kollegen, zwei Männer, die ihr Leben demselben Auftrag gewidmet haben. Er sagt, für einen Firmenchef sei es wichtig, soziale Verantwortung zu übernehmen. Mit den richtigen Investitionen könne man die Lebensqualität von Millionen Menschen verbessern. Halten Sie die Klappe, sage ich zu Kamprad. Er redet weiter. Halten Sie die Klappe, sage ich. Kamprad entleert sich komplett, die Scheiße fließt dünn aus ihm heraus. In einer Organisation müssen sich alle wichtig fühlen, sagt Kamprad.
Wie lange bist du schon in der Branche tätig, fragte Marny an Heiligabend. Ein schöner Moment. Wir saßen im Pflegeheim, und die Bewohner schaufelten Hammelrippchen und Kohlrabimus in sich hinein. Marny sagte, sie wolle nächste Woche im Laden vorbeischauen. Du bist herzlich willkommen, sagte ich. Wir haben eine Chaiselongue hereinbekommen, die du dir unbedingt anschauen musst. Wir tanzten um den Weihnachtsbaum, sangen Weihnachtslieder. Als der Weihnachtsmann Geschenke brachte, schrie Marny, ich hätte sie entführt und hierhergebracht. Er hier!, rief sie und zeigte auf mich. Er hier! Hilfe! Hilfe! Ich versuchte sie zu beruhigen, daraufhin feuerte sie einen Aschenbecher an die Wand. Sie brachten Marny auf ihr Zimmer und gaben ihr ein Beruhigungsmittel. Ich setzte mich in den Saab und fuhr durch Åsane.
Ich hatte nicht die Kraft, nach Hause zu fahren. Ich war bestimmt der einzige Mensch, der an diesem Weihnachtsabend nicht gemütlich hinter erhellten Fenstern saß. Die Häuser trieben in einem weißen See voller Schatten, das kalte Licht der Fernseher leckte an den Wänden. Während der Fahrt rief ich mir viele Bestellungen in Erinnerung. Ich erinnerte mich an alles, Marny erinnerte sich an nichts. Dreisitzer für Kari und Ragnar Engelsen, Haukedalsbotn. Ecksofa und Tisch für Paul Sigve Vikør, Litleåsveien. Anrichte für Elise Hagtvedt, Eikåslia. Dreisitzer, Zweisitzer und Sessel für Familie Saddiq, Herlaugsbakkane. Bücherregal mit Vitrinentüren für Lars Eide, Morviksvegen. Wohnzimmertisch und Dreisatztisch für Kjersti und Kåre Eide, Tertnesåsen. Schlafsofa mit abnehmbarem Bezug für Familie Hellenes, Angeltveit. Sessel mit geblümtem Überzug für Tine und Jon Vaular, Steinestøvegen. Bett mit Bord
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