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Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)

Titel: Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frode Grytten
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verstanden, sagt Jonsson nach einer Pause. Hören Sie, sage ich, ich will einen Koffer mit einer schwedischen Krone darin. Ingvar Kamprad hat sich erhoben. Darf ich Ihnen helfen, sagt er. Er streckt die Hand aus, damit ich ihm den Hörer gebe. Verstehen Sie nicht?, sagt er in den Hörer. Er will einen Koffer mit einer schwedischen Krone darin. Kamprad nickt. Ja, sagt Kamprad. Genau. Eine einzige Krone.
    Marny hat immer gesagt, dass ich mit einem Telefonhörer in der einen Hand und einem Taschenrechner in der anderen sterben würde. Wie recht sie hatte. Sie bat mich oft, im Laden vorsichtig zu sein, sie hatte Angst um mich bei der körperlichen Schwerarbeit. Mein Vater hatte einen Schlaganfall erlitten, als er im Prestestien ein Sofa sechs Stockwerke nach oben tragen wollte, und war daran gestorben. Marny hatte Angst, es könnte mir genauso ergehen, sie bat mich, an mein Herz zu denken, ich sollte das Herz nicht überlasten. Ich hörte nicht auf sie. Das war nicht mein Stil. Am Ende gab sie klein bei, sie hatte verstanden, dass ich wie mein Vater war, Männer wie uns konnte man nicht aufhalten. Die Leute vom Prestestien hatten angerufen, als mein Vater den Schlaganfall erlitten hatte, ich stürzte ins Auto und fuhr los.
    Sie hatten Vater aufs Sofa gelegt, er war noch bei Bewusstsein, und es schien, als wollte er die Augen offen halten. Ein Mann verhält sich seltsam, wenn er stirbt, als wüsste er, dass ihm der Tod bevorsteht. Ich fuhr mit ihm ins Krankenhaus, saß den ganzen Nachmittag und Abend im Flur. Marny kam, wir sprachen mit einem Arzt. Gibt es Hoffnung?, fragte ich. Nun ja, er ist stabil, er ist wirklich ein starker Mann, aber er kämpft um sein Leben. Können wir ihn sehen?, fragte ich. Es ist besser, wenn er jetzt Ruhe hat, sagte der Arzt. Wir blieben die ganze Nacht im Flur sitzen. Am Morgen durften wir zu ihm. In dem dunklen Zimmer standen zwei Betten, in dem einen lag mein Vater, das andere war leer. Ich hätte nie gedacht, dass ich Vater einmal so sehen würde, er war ein Mann, der zum Altern keine Zeit gehabt hatte. Er war ein Athlet, ein Boxer, jeden Morgen trank er ein Glas Orangensaft mit einem rohen Ei darin. Willst du mal probieren?, fragte er immer, als wir noch klein waren. Er begegnete allen mit einem großen Lächeln, tanzend betrat er den Laden, alle Türen waren dazu da, geöffnet zu werden, durch die Fenster konnte man nach drinnen schauen, alle Häuser brauchten Möbel.
    An seinem siebzigsten Geburtstag hielt er eine Rede und sagte mit einem Grinsen: Wenn ich zu Petrus komme, hoffe ich, dass er mich in die Hölle schickt, damit ich dort das Möbelgeschäft leiten kann. Dann murmelte Vater etwas in sein Kissen, wie im Schlaf, seine Stimme war gedämpft und belegt. Seine Worte waren nicht zu verstehen, aber ich kannte die Botschaft. Er wollte, dass ich zum neuen Möbel-Lunde wurde. Er wollte, dass ich weiterführte, was er aufgebaut hatte. Ich war dazu bereit, ich hatte ihm gesagt, dass er das Geschäft auf altmodische Weise führe, ich hatte viele Vorschläge gemacht, wie wir das Geschäft modernisieren könnten. Vater war nicht einverstanden, aber er respektierte es, dass ich andere Ideen hatte als er, und er wusste, dass ich den Laden übernehmen würde, das war das Wichtigste.
    Ich verbrachte die nächsten Tage im Krankenhaus, die ganze Zeit bildete ich mir ein, dass es Vater besserging, schließlich musste ich einsehen, dass er kurz davor war, uns für immer zu verlassen. Ich fürchte, wir können ihn nicht retten, sagte der Arzt. Ich hielt Vaters Hand, als ich wusste, dass er die nächste Nacht nicht überleben würde, ich flüsterte ihm ins Ohr, sagte seinen Namen, sagte, dass ich bereit sei, seine Nachfolge anzutreten. Das kriegen wir hin, sagte ich. Das hatte Vater immer gesagt. Das kriegen wir hin, sagte er, alles ist möglich. Heute muss ich zugeben, dass ich den gleichen Fehler gemacht habe wie er, ich habe zu lange weitergemacht, ohne etwas zu ändern, ich hätte mehr auf die Umbrüche und Kehrtwendungen der Zeit achten müssen, ich hätte meiner Zeit voraus sein müssen. Ich muss gestehen, dass ich geradewegs auf ein Fiasko zugesteuert bin, dazu verurteilt, unterzugehen in einer Welt zu großer Konkurrenz und Veränderung.
    Ich stelle mich ans Fenster im ersten Stock. Davor hat Ingvar Kamprad mich gewarnt. Er meint, draußen gebe es Scharfschützen. Woher will er das wissen? Ich sehe durch mein Spiegelbild, betrachte die schneebedeckte Landschaft. Es gibt eine weiße

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