Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
beispielsweise Charles Lindberghs Sohn entführt wurde, haben sich nicht weniger als vierzehn Personen gemeldet und schuldig bekannt. Ich sage, das zeigt, dass sie die Sache unterstützen, sie sind froh, dass der Betreffende entführt wurde. Das stimmt nicht, sagt Kamprad, sie sind einfach nur gierig. Ingvar Kamprad muss aufs Klo, ich habe keine Lust, ihn zu begleiten. Wenn er jetzt verduftet, spielt es keine Rolle. Werde ich mein wahres Gesicht im Fernsehen serviert bekommen, strahlend wie eine Sonne? Ich habe so ein Gefühl, dass mir dieser Anblick nicht vergönnt sein wird. Kamprad kommt nach wenigen Minuten zurück. Ich glaube, es gefällt ihm, im Mittelpunkt zu stehen. Für ihn ist das hier jetzt ein Heimspiel. Es ist seine Landschaft.
Wollen wir uns einen Drink genehmigen, schlägt Kamprad vor, was meinen Sie? Er erzählt, dass es irgendwo eine Büroflasche gibt. Er geht in sein Büro und kehrt mit einer Whiskyflasche und zwei Gläsern zurück. Er schenkt ein und reicht mir ein Glas. Wir prosten uns zu. Alkohol, sagt Kamprad, der wahre Schlüssel zur Kommunikation. Ich trinke, habe vergessen, wie sehr ich mich nach einem Drink gesehnt habe. Das Telefon klingelt. Lars Jonsson ist wieder dran. Sie sind da drinnen, sagt Jonsson, wir sind hier draußen. Was machen wir jetzt? Ich dachte, das wisse er, sage ich, ich sei nicht vom Fach. Er versteht mich nicht. Sind Sie bewaffnet?, fragt Jonsson. Ja, sage ich. Er sagt, ich bekäme maximal vier Jahre, wenn ich jetzt herauskäme. Ich sage, ich komme nicht heraus. Nun, sagt Jonsson, denken Sie über meine Worte nach. Ich lege auf.
Sofort klingelt das Telefon wieder. Ich nehme den Hörer ab. Es ist Kamprads Frau. Kann ich mit Ingvar sprechen?, fragt sie. Ich gebe den Hörer an Kamprad weiter. Hallo, sagt er mit müder Stimme. Er lauscht. Was?, sagt er. Wann das hier zu Ende ist? Das weiß ich doch nicht. Ich wurde entführt! Er legt auf. Er schüttelt den Kopf. Frauen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren, sagt er. Ich muss grinsen. Kann ich Sie was fragen?, sagt Kamprad. Ja, sage ich. Es würde mich einfach interessieren, sagt Kamprad, ob Sie Söhne haben? Ja, zwei. Meine sind ziemliche Volltrottel, sagt Kamprad. Meine auch, sage ich. Wir lachen.
Wissen Sie, welches Möbelstück in einem Zuhause das Interessanteste ist?, frage ich Kamprad später am Abend. Er schüttelt den Kopf. Sie selbst, sage ich. Ich sage, Möbel seien wie Beziehungen, wer nichts gebe, bekomme auch nichts zurück. Erschafft man jedoch etwas Schönes und Inspirierendes, wird die Energie verdoppelt. Das ist der Unterschied zwischen uns beiden, sage ich und schaue Kamprad an. Ein Möbelhändler verkauft nicht nur Möbel, er füllt sie mit Leben. Genau das machen wir seit Jahren für Millionen Menschen, protestiert Kamprad. Nein, sage ich und erkläre ihm, dass ich Möbel verkauft habe, die mit der Zeit schöner wurden, er habe nur Schrott verkauft, der mit der Zeit zusammenbrach. Kamprad lacht und nickt. Sie sind ein unterhaltsamer Kerl, sagt er. Nein, es ist kein Witz, so zu denken, aber ich amüsiere mich damit, mir eine Situation vorzustellen, die besser geeignet wäre. Vielleicht hätte ich meine Geschichte so erzählen können, dass sie wirklich unter die Haut geht, die Geschichte eines Mannes mit einem Leben, das ihm entzogen wurde. Vielleicht hätte ich Kamprad dazu bringen können zu denken: Was habe ich getan? Unsinn, das ist der blanke Unsinn, hör auf mit deinem Vielleicht , Harold. Das hier ist nun einmal eine Welt ohne Vielleicht.
Es folgt der fünfte und letzte Schritt eines Verkaufs. Jeder noch so untalentierte Verkäufer kann den Prozess bis hierher meistern. Nur die Besten schließen ihn mit einer Unterschrift auf der gestrichelten Linie ab. Das Telefon klingelt. Legen Sie nicht auf, sagt Jonsson, ich habe ein Angebot für Sie. Okay, sage ich, aber bevor Sie es mir unterbreiten, habe ich ein Angebot für Sie. Und das wäre?, fragt Jonsson. Ich warte einen Augenblick. Hier kommt es, sage ich. Alle Autos werden vom Parkplatz entfernt. Dann wird ein Koffer in die Mitte gestellt, er soll im Licht stehen, damit ich ihn sehen kann. Haben Sie das verstanden? Ja, sagt er am anderen Ende. Ich sage: In dem Koffer soll sich eine schwedische Krone befinden. Am anderen Ende wird es still. Jetzt versteht der Polizeichef nichts mehr, glaube ich, er traut seinen Ohren nicht. Ich lausche der Stille, dem Knistern, Jonsson, der mit einem Kollegen diskutiert.
Das Letzte haben wir nicht
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