Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
ist, dass diese Leute befürchten, Ihr Mann habe mir entweder geholfen - mir vielleicht seine Notizen gegeben - oder aber er würde sich mir früher oder später anvertrauen. So oder so schienen ihnen bloße Einschüchterungsversuche nicht mehr auszureichen. Sie mussten einen Schritt weiter gehen.«
»Damit sagen Sie aber, dass Tom, wenn Sie die Finger von der Sache gelassen hätten, noch am Leben sein könnte.«
Rebus senkte den Kopf. »Ich akzeptiere Ihren Vorwurf, aber ich habe Ihren Mann nicht umgebracht.« Er hielt inne. »Ich möchte herausfinden, wer es getan hat.«
»Wie kann ich Ihnen dabei helfen?«
Rebus warf Davidson einen kurzen Blick zu. »Sie könnten damit den Anfang machen, dass Sie uns alles erzählen, was Ihnen irgendwie relevant erscheint. Und Sie könnten die Unterlagen Ihres Mannes durchsehen; vielleicht findet sich darin irgendein Hinweis.«
Sie dachte einen Augenblick nach. »Werde auch ich in Gefahr sein?«
Rebus legte eine Hand auf die ihre. »Ganz bestimmt nicht, Mrs. Gillespie. Gibt es denn niemanden, dem Tom sich anvertraut haben könnte?«
Sie wollte schon den Kopf schütteln, aber dann hielt sie inne. »Nein, warten Sie.... es gibt jemanden.« Dann stand sie auf und verließ das Zimmer. Davidson starrte Rebus grimmig an.
»Es ist nun mal so«, sagte Rebus zu ihm. »Sie haben das mit den Herzchen und Blümchen prima drauf, aber Schwäche ist dazu da, dass man sie ausnutzt.«
Davidson sagte kein Wort.
Audrey Gillespie kam mit einem Schreibtischkalender zurück. »Das ist der vom letzten Jahr«, sagte sie und setzte sich neben Rebus. »Mit dieser ganzen Geheimniskrämerei fing Tom letzten Mai an, aber richtig ging es erst im Oktober oder November los.« Sie blätterte bis zu den entsprechenden Seiten. Jeder Tag war voll von Terminen.
»Sehen Sie?«, sagte Mrs. Gillespie und deutete auf eine Seite. »Diese Verabredungen hier. Zwei in dieser Woche«, sie blätterte ein paar Seiten weiter, »zwei die nächste«, wieder zwei Seiten, »dann drei weitere.«
An den entsprechenden Stellen waren lediglich Uhrzeiten und immer wieder dieselben zwei Buchstaben eingetragen: C7.K. »Cameron Kennedy«, sagte Rebus.
»Ja.«
»Wer?«, fragte Davidson. Er war ans Sofa gekommen, um ebenfalls in den Kalender zu sehen.
»Der Lord Provost«, erklärte Mrs. Gillespie. »Sie haben sich immer zum Lunch getroffen. Das weiß ich noch, weil da Toms Anzüge immer frisch aus der Reinigung sein mussten; er wollte für den Lord Provost so elegant wie möglich aussehen.«
»Hat er Ihnen nicht verraten, warum sie sich so häufig trafen?« Rebus hatte ihr den Kalender aus der Hand genommen und blätterte ihn von vorne durch. Bis Oktober gab es nicht ein einziges Treffen mit »C.K.«, ab dann wenigstens zweimal die Woche.
»Tom deutete an, nach der Verwaltungsreform könnte ein guter Posten für ihn drin sein. Er ist in derselben Partei wie der Lord Provost.«
»Das ist interessant«, meinte Rebus und lehnte sich zurück, um den Terminkalender mit größerer Ruhe durchsehen zu können.
Davidson hatte noch ein paar Fragen zu stellen, also entschuldigte
sich Rebus. Als er in die Küche kam, saß Helena Profitt am Tisch und malträtierte ein Spitzentaschentuch.
»Furchtbare Sache«, sagte sie.
»Ja«, erwiderte Rebus und nahm ihr gegenüber Platz. Er dachte an Charters’ »Raffinesse« und daran, wie Davidson mit der Witwe umgegangen war, und trotzdem wollte es ihm nicht gelingen, die Frage, die er zu stellen hatte, geschickt zu formulieren. »Miss Profitt, das ist jetzt vielleicht nicht der richtige Augenblick...« Sie sah ihn an. »Aber ich fragte mich gerade, ob Sie wussten... ich meine, ob Sie irgendeinen Verdacht hatten, Mrs. Gillespie und ihr Ehemann könnten miteinander nicht so...?«
»Sie meinen«, sagte sie leise, »wie ihre Ehe war?«
»Ja.«
Ihr Gesicht verwandelte sich in eine steinerne Maske. »Das ist niederträchtig.«
»Es geht um einen Mord , Miss Profitt. Tut mir Leid, wenn ich Ihre Empfindungen verletzt haben sollte, aber gewisse Fragen müssen nun einmal gestellt werden. Je eher ich sie stelle, desto eher könnten wir den Mörder fassen.«
Sie dachte darüber nach. »Sie haben Recht. Vermutlich. Trotzdem ist es niederträchtig.«
»Hatte Mrs. Gillespie eine Affäre?«
Helena Profitt schwieg. Sie stand auf und knöpfte sich den Mantel zu.
»Na schön«, meinte Rebus, »was ist dann mit dem Lord Provost? Hat Ihnen Councillor Gillespie erzählt, warum sie sich so häufig
Weitere Kostenlose Bücher