Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
herum.« Sie machte eine weit ausholende Geste, mit der sie das ganze Zimmer einschloss.
»Mrs. Gillespie«, bohrte Rebus weiter, »Ihr Mann war Vorsitzender des Planungsausschusses, hatten die Dokumente etwas damit zu tun?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wenn es uralte Sachen waren, wozu sich die Mühe machen, sie in den Reißwolf zu stecken, warum haben Sie sie nicht einfach in den Müll geworfen?«
Audrey Gillespie stand auf und ging zum Kamin. Davidson warf Rebus einen wütenden Blick zu.
»Tom sagte, sie hätten in falsche Händen geraten können. Journalisten, solche Leute. Er meinte, es seien vertrauliche Unterlagen.«
»Haben Sie sich die Akten eigentlich angesehen?«
»Ich … ich kann mich nicht erinnern.« Sie war jetzt völlig außer sich, ihr Blick wanderte unruhig durchs Zimmer.
»Waren Sie denn nicht neugierig?«
»Hören Sie, ich weiß nicht, was das alles mit der ganzen Sache zu tun haben soll!«
Rebus ging zu ihr und nahm ihre Hände in seine. »Es könnte überhaupt der Grund für die Ermordung Ihres Mannes sein, Mrs. Gillespie.«
»Jetzt aber, John«, beschwerte sich Davidson, »wir wissen doch überhaupt nicht...«<
Aber Audrey Gillespie sah Rebus in die Augen und entdeckte darin etwas, dem sie vertrauen konnte. Sie blinzelte die Tränen weg. »Er war sehr geheimnistuerisch«, sagte sie leise und zwang sich sichtlich zur Ruhe. »Ich meine, in Bezug auf das, woran er gerade arbeitete. Er war schon seit Monaten damit beschäftigt - eigentlich seit über einem halben Jahr. Ich habe es verflucht, was immer es sein mochte, wegen der vielen Zeit, die er dafür investierte. Er sagte mir, es würde sich noch auszahlen, wir müssten langfristig denken. Damit meinte er, dass er eines Tages im Parlament sitzen würde, das war alles, wofür er lebte.«
»Und Sie haben keinerlei Vermutung, worum es sich bei diesem Projekt gehandelt haben könnte?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es war etwas, das er im Rahmen seiner Arbeit im Ausschuss herausgefunden hatte, und ich weiß, dass es mit Buchhaltung zu tun hatte. So viel konnte ich aus den Sachen erkennen, die er die ganze Zeit las: Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Kontoauszüge. Ich bin gelernte Buchhalterin, auch wenn Tom es manchmal vergaß. Ich besitze mittlerweile eine ganze Ladenkette, aber die Bücher führe ich nach wie vor selbst. Ich hätte ihm helfen können, aber er musste immer alles allein machen.« Sie schwieg eine Weile. »Wissen Sie, er brauchte mich eigentlich nur wegen meines Geldes. Es tut mir Leid, wenn es herzlos klingt.«
»Ganz und gar nicht«, sagte Davidson.
»Waren das Firmenkonten, Mrs. Gillespie?«, bohrte Rebus nach.
»Müssen sie wohl gewesen sein, bei den Summen, um die es da ging: Hunderte von Millionen Pfund.«
» Hunderte von Millionen?«
Dann war es also nicht nur Mensung - oder selbst Charters’ gesamtes Imperium gewesen. Es ging um etwas viel Größeres. Rebus dachte an PanoTech, und dann erinnerte er sich, dass schon mal jemand von »Hunderten von Millionen« gesprochen hatte... Rory McAllister oder sonstjemand von der Sorte.
»Mrs. Gillespie, könnten diese Summen etwas mit der SDA zu tun gehabt haben?«
»Ich weiß es nicht!« Sie ließ sich auf das Sofa fallen.
»Okay, John«, sagte Davidson, »Sie haben gefragt, was Sie fragen wollten.«
Aber Davidson hätte genauso gut gegen die Wand reden können.
»Sehen Sie, Mrs. Gillespie«, fuhr Rebus fort, nachdem er sich neben sie gesetzt hatte, »die Sache ist die, dass gewisse Leute versucht haben, Ihren Mann einzuschüchtern, und damit auch Erfolg hatten. Sie gaben einem gewissen McAnally Geld dafür, dass er ihm eine Heidenangst einjagte. Ich weiß nicht, ob den Leuten bekannt war, wie weit McAnally gehen würde. McAnally suchte Ihren Mann auf und richtete ihm, wie ich annehme, eine Botschaft aus, irgendeine Warnung. Dann nahm sich McAnally das Leben, nur um der Warnung Nachdruck zu verleihen. Er lag sowieso schon fast im Sterben, und man hätte ihn großzügig entlohnt. Ihr Mann bekam es, völlig zu Recht, mit der Angst zu tun und mietete diesen Aktenvernichter, um alles zu beseitigen, woran er gearbeitet hatte, sämtliche Beweise.«
»Beweise wofür?«, fragte sie.
»Für etwas sehr Großes. Nun vermurkste McAnally aber
die Sache. Sein Tod war einfach zu Aufsehen erregend, und das machte mich neugierig. Ich glaube nicht, dass ich auch nur die Hälfte dessen, was Ihr Mann wusste, herausgefunden habe, aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt
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