Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
Vom Netzwerk:
Stunde. »Ich wäre lieber wieder im Bach«, sagte ich zu Fi.
    Und in dem Moment hörten wir die Stimmen.

Achtes Kapitel
    Harveys Heroes sahen wir zum ersten Mal von der Spitze eines Felsblocks aus. Wir hatten uns so leise angeschlichen, dass wir nahe genug gekommen waren, um ihre Stimmen klar und deutlich zu hören. Die Erleichterung, dass sie englisch sprachen, war unbeschreiblich. Wir lagen bäuchlings auf dem Felsen, von dem wir das ganze Lager überblicken konnten, beobachteten sie und warfen einander immer wieder erstaunte Blicke zu. Vor einem Monat wären wir noch vor Freude jubelnd und rufend und winkend zu ihnen hingerannt, aber inzwischen waren wir so vorsichtig geworden, dass wir einem geschenkten Gaul nicht nur ins Maul, sondern auch in Nase, Ohren und Hals geschaut hätten, bevor wir ihn genommen hätten. Und auch dann hätten wir noch ein Empfehlungsschreiben verlangt.
    Aber diese Leute waren zweifellos echt. Manche von ihnen trugen Militärkleidung, an einem großen Eukalyptusbaum in der Mitte der Lichtung lehnten Gewehre und die Zelte waren mit frischen Zweigen getarnt. Das Lager bestand aus mindestens zwanzig Zelten und in der kurzen Zeit, in der wir sie beobachteten, sahen wir zwanzig verschiedene Leute, ausschließlich Erwachsene, die meisten von ihnen Männer. Sie bewegten sich in aller Ruhe durch das Lager. Mir gefiel die Gelassenheit, von der die ganze Atmosphäre geprägt war. Sorgen bereiteten mir nur ihre Wachposten. Gut konnte ihr System nicht sein, denn sonst hätten wir sie nicht aus solcher Nähe beobachten können, ohne bemerkt zu werden.
    »Was meint ihr«, sagte Homer, »gehen wir hin?«
    Lee wollte schon aufstehen, aber ich hielt ihn zurück.
    »Wartet«, sagte ich. »Was sollen wir ihnen erzählen?«
    »Worüber?«
    »Nun ...« Ich zögerte. Ich wusste auch nicht genau, was ich meinte und aus welchem Grund ich instinktiv diese Frage gestellt hatte. Schließlich sagte ich das Erstbeste, was mir einfiel: »Sollen wir ihnen von der Hölle erzählen?«
    »Ich weiß nicht. Warum nicht?«
    »Keine Ahnung. Irgendwie will ich das nicht. Ich möchte, dass sie unser Geheimnis bleibt.«
    Homer überlegte kurz, dann sagte er: »Schadet wahrscheinlich nicht, wenn wir vorläufig nichts sagen. Wenigstens so lange, bis wir mehr über diese Leute wissen.«
    Damit musste ich mich zufriedengeben. Homer stand auf und wir taten es ihm nach. Wir waren rund zehn Meter gegangen, bevor uns jemand wahrnahm. Ein Mann in urwaldgrüner Tarnkleidung kam mit einer Schaufel in der Hand aus einem Zelt, erblickte uns, starrte uns zunächst ungläubig an, dann riss er sich zusammen und stieß einen Vogelruf aus. Es sollte das Gelächter eines Kookaburras sein, man konnte aber nicht behaupten, dass er es gut beherrschte. Jedenfalls hatte es die gewünschte Wirkung. Binnen Sekunden waren wir von Frauen und Männern umringt, die auf einmal aus allen Richtungen auf uns zukamen. Insgesamt waren es vielleicht dreißig oder vierzig. Manche der Frauen waren geschminkt. Am meisten erstaunte mich aber ihre Zurückhaltung. Ein paar von ihnen klopften uns auf die Schultern, aber kaum einer machte den Mund auf. Sie drängten sich an uns heran, nahe genug, dass wir ihren Schweiß, ihr Haar und ihren Atem riechen konnten, und sie schienen auch nicht unfreundlich, nur vorsichtig, wachsam. Als warteten sie noch ab.
    Ich meldete mich zu Wort. »Hallo. Wir sind wirklich froh, dass wir euch gefunden haben. Wir sind schon lange allein.«
    In diesem Moment bahnte sich ein kleiner rundlicher Mann einen Weg durch die Menge. Er war Mitte dreißig, hatte schwarzes Haar, ein rundes Gesicht und hielt seinen Kopf in einem merkwürdigen, leicht zur Seite und nach hinten geneigten Winkel. Seine Nase war lang und spitz, was seinem Gesicht einen starken Ausdruck verlieh. Er trug eine Uniform in gelblich grüner Tarnfarbe, einschließlich Waffenrock und Krawatte, aber keine Mütze. Seine Krawatte war khakifarben, sein Hemd ebenfalls. Die anderen traten zurück und machten ihm Platz. Der Mann starrte uns einen Moment lang an, dann konzentrierte er sich auf Homer.
    »Hallo, Kids«, sagte er. »Willkommen bei Harveys Heroes. Ich bin Major Harvey.«
    »Danke«, erwiderte Homer befangen. »Wir sind heilfroh, dass wir Sie gefunden haben. Wir hatten keine Ahnung, ob hier jemand sein würde.«
    »Kommt erst mal mit, dann können wir uns in Ruhe unterhalten.«
    Wir trugen immer noch unsere Rucksäcke und folgten ihm durch das Lager. Es befand sich auf einer

Weitere Kostenlose Bücher